Gespannt hörten die Teilnehmer des Bürgerforums zu, als die einzelnen Gruppen ihre Bewertungen der verschiedenen Szenarien präsentierten. Foto: Fritsch

Bürgerforum zur Zukunft der Kliniken im Kreis Calw einigt sich auf ein neues Szenario. Beide Standorte sollen auf Augenhöhe bleiben.

Kreis Calw - Zwei Tage lang zerbrachen sich rund 150 Menschen in der Schönbronner Halle den Kopf, diskutierten, und kamen schließlich zu einem klaren Ergebnis. Drei Szenarien standen beim zweiten Bürgerforum zur Zukunft der Kliniken im Landkreis zur Debatte. Bürger und Landrat einigten sich jetzt auf ein neues Konzept: das "Szenario drei plus".

In Gruppen erarbeiteten die Teilnehmer des Bürgerforums ihre Vorschläge für die Umsetzung der Szenarien, die von den Gutachtern der GÖK Consulting untersucht wurden. Die Ergebnisse präsentierten sie jeweils auf einer Pinnwand. Das erste Szenario, zwei 80-Betten-Häuser in Nagold und Calw, kam für keine Gruppe in Frage. Das zweite Szenario, ein zentrales Klinikum an einem neuen Standort in der Mitte des Landkreises fand am Ende des Forums ebenfalls nicht die Zustimmung der großen Mehrheit. Die Diskussion drehte sich vor allem um Szenario Nummer drei, das in Nagold ein Krankenhaus mit 269 Betten und in Calw den Neubau einer Klinik mit 100 Betten vorsieht.

Die Schwerpunkte der Orthopädie und der Neurologie sollten dabei von Calw nach Nagold verlegt werden. Zu diesem Vorschlag schrieben die Bürger ihre Bedingungen auf den Pinnwänden nieder: Calw und Nagold soll auf Augenhöhe sein, der Calwer Standort muss auf Dauer erhalten bleiben. Einige äußern die Bedenken, dass die Lösung nur für Nagold attraktiv sei, Calw hingegen geschwächt werde. Angestoßen durch diese Bedenken kristallisierte sich ein erweitertes Szenario »drei plus« heraus, das vorschlägt, die Neurologie nicht aus Calw wegzunehmen. Landrat Helmut Riegger sagte hierzu: "Das ist umsetzbar."

In dem neuen Kompromiss "drei plus" sieht Riegger eine "starke Tendenz". "Die große Mehrheit ist für diesen Vorschlag", sagt er. Die Gleichwertigkeit der beiden Standorte Calw und Nagold ist ihm wichtig. Keiner soll sich benachteiligt fühlen. "Von Gewinnern und Verlierern möchte ich nicht sprechen. Wir wollen ein Konzept für den gesamten Kreis haben", sagte er. Eine geringere Bettenzahl in Calw sieht Riegger nicht als benachteiligendes Kriterium. "Mit dem medizinischen Angebot, unter anderem der Neurologie, ist man in Calw gut aufgestellt. Bezüglich der Betten spielt auch die im Vergleich zu früher kürzere Liegezeit der Patienten im Krankenhaus eine Rolle." Mit dem angegliederten Facharztzentrum, das an beiden Standorten vorgesehen ist, werde Calw sogar zum größten Profiteur, meint er.

Die übrigen Rahmenbedingungen für die Umsetzung des Szenarios fasste Wolfgang Kömpf als Vertreter des Bürgerforums zusammen. Dazu gehören die Einhäusigkeit der Kliniken in zwei Städten, es darf nur einen Chefarzt, Wettbewerb zwischen den Standorten darf es nicht geben, die Bestandserhaltung der Calwer Klinik muss gewährleistet sein, es soll eine gemeinsame Gewinn- und Verlustrechnung geben. Außerdem muss die Finanzierung geklärt sein, bevor mit der Umsetzung begonnen wird, eine 24-Stunden-Versorgung muss gewährleistet sein und an beiden Standorten soll das Personal gleichermaßen qualifiziert sein.

Ganz überzeugen ließen sich trotzdem nicht alle Zweifler. Horst Ammann, der sich im Bürgerforum als Calwer Vertreter sieht, sagte: "Ich vertrete die kleine Minderheit, die sich noch mehr Zeit gewünscht hätte, sich Gedanken zu machen. Denn Calw wird der Verlierer sein." Seine Sorge: In einem kleinen Krankenhaus mit 100 Betten würden sich viel schwieriger qualifizierte Mitarbeiter finden lassen.
Landrat Riegger nimmt von dem Wochenende in Schönbronn allerdings ein klares Signal für den Kreistag mit. Zum Abschluss des Forums wendet er sich noch einmal an die Bürger: "Jetzt ist der Kreistag am Zuge. Wir werden die Vorschläge aufgreifen und weiterhin mit Ihnen zusammenarbeiten. In einem halben bis dreiviertel Jahr werde ich Sie wieder einladen, um Ihnen die Pläne des Kreistags vorzustellen."