Nagolds Bahnanbindung – hier der neue Haltepunkt Stadtmitte – soll deutlich verbessert werden. Foto: Fritsch

Schienenanbindung an den Raum Stuttgart möglich. Anrainergemeinden wollen mit an den Tisch

Kreis Calw - Auch wenn die von Naturschützern aufgeworfene Fledermausfrage noch in der Schlichtung steckt: Die Anbindung von Calw ans Stuttgarter S-Bahnnetz steht mit der Realisierung der Hermann-Hesse-Bahn kurz bevor. Jetzt will der Landkreis das nächste große ÖPNV-Projekt anstoßen: Nagolds Schienenanbindung an Stuttgart.

Der Einschub von Volker Schuler, Fraktionschef der Freien Wähler im Kreistag und hauptberuflich Bürgermeister der Gemeinde Ebhausen, sagt viel aus über die besonderen Befindlichkeiten des Oberen Nagoldtals in dieser Frage. Als CDU-Kreisrat Klaus Mack im Verwaltungsausschuss des Kreistags sich für die Schienenanbindung der "Stadt Nagold" aussprach, ging Schuler verbal dazwischen und korrigierte: "Raumschaft Nagold".

Vor allem die Anrainergemeinden der Kulturbahn wollen bei den Verhandlungen und auch bei den Strategiegesprächen mit am Tisch sitzen. Voran Ulrich Bünger, FWV-Kreisrat und Bürgermeister der Stadt Wildberg, fand es "zu kurz gesprungen, wenn man den Fokus ausschließlich auf die Anbindung Nagolds legen würde. Vielmehr müsse man einen "gewissen Ringverkehr" im Auge haben und die Interessen der Anrainergemeinden entlang der Kulturbahn mit einbeziehen: "Wenn man von Anfang an zu klein anfängt – aufgebohrt bekommt man es nie mehr."

Dabei geht der Landkreis mit diesem Projekt, das schon so viele Anfänge nahm, wieder zurück auf Start. Die direkte Verlängerung der S1 von Herrenberg via Jettingen wurde schon vor zwei Jahrzehnten untersucht und erwies sich als zu teuer und damit nicht realisierbar. Die Verlängerung der S-Bahn auf der bestehenden Infrastruktur, also auf den Schienen der Gäu-Bahn mit Verlängerung über Hochdorf und dann den Schwenk auf der Kulturbahn gen Nagold, wäre zwar technisch möglich gewesen, konstatierte Michael Stierle, ÖPNV-Fachmann des Landkreises, im Ausschuss, sei aber an vielen politischen Vorbehalten gescheitert.

Gäu-Bahn-Ausbau macht neue Hoffnung

Blieb als letzte Alternative nur noch die Gäu-Bahn-Lösung: Mit der Einführung eines stündlichen Intercity-Angebots zwischen Stuttgart und Zürich eröffnete sich eine Chance für Nagolds schnellen Schienenanschluss – so dachte man. Der Plan: Durch eine Optimierung der Zugleistungen könnte ein stündlicher Regionalexpress eingerichtet werden, der von Stuttgart über Bondorf – und geflügelt dann weiter nach Freudenstadt und Nagold fährt. Unter Federführung der Stadt Nagold wurde dieses Konzept ausgearbeitet und dem Verkehrsministerium vorgelegt. Doch das Konzept fiel durch, weil es zu viel Risiken für den Gesamtverkehr auf der Gäu-Bahn in sich barg.

Neue Hoffnung macht nun, dass der Gäu-Bahn-Ausbau im Bundesverkehrswegeplan in den vordringlichen Bedarf aufgerückt ist. Mit dem Ausbau und der sich daraus ergebenden Beschleunigung des des Fernverkehrs Stuttgart- Zürich soll mittelfristig ein neuer Metropolexpress Stuttgart-Rottweil und Stuttgart-Freudenstadt entstehen. Letzterer würde mit der Flügellösung auch eine Anbindung von Nagold im Stundentakt ermöglichen.

Das Stuttgarter Verkehrsministerium stellte sich wohlwollend hinter dieses Konzept, will aber zuerst den Nachweis erbracht sehen, dass diese Lösung wirtschaftlich Sinn macht. Eine Kosten-Nutzen-Analyse soll die entsprechenden Zahlen liefern. Die 40 000 Euro teure Analyse tragen Landkreis und die Stadt Nagold jeweils zur Hälfte. Die Federführung in diesem Projekt, so wurde vereinbart, hat die Stadt Nagold inne.

Die Verknüpfung der Kulturbahn mit diesem Metropolexpress gehört mit zum Untersuchungsauftrag, wobei ÖPNV-Fachmann Michael Stierle den "infrastrukturellen Lückenschluss" eigentlich erst in der zweiten Stufe gezündet wissen wollte.

Aber es gebe Möglichkeiten, wie man den Anrainergemeinden entgegen kommen könne. Denn der Metropolexpress habe in Nagold Wartezeiten. Und diese "überschüssige Zeit" könne man auf der Kutlturbahn nach Norden verlängern: "Dann sieht man, wie weit wir kommen."

Der Ausschuss stellte sich einmütig hinter dieses Konzept wie auch hinter die Forderung von CDU-Kreisrat Gerhard Feeß: "Alle Anrainergemeinden müssen mit an den Tisch. Da macht man nichts kaputt."

Landrat-Stellvertreter Frank Wiehe sieht in dieser Forderung "keine Interessenskollisionen": Es müsse ja auch Interesse der Stadt Nagold sein, möglichst viele Fahrgäste für diesen Metropolexpress zu gewinnen – auch aus den Nachbargemeinden.