Wochenlang hielt eine litauische Einbrecherbande die Region in Atem. Foto: Gina Sanders/Fotolia.com

Einbruchserie hält vor zwei Jahren ganze Region in Atem. Beweise für Angeklagten erdrückend.

Kreis Calw - Seine Komplizen kamen glimpflicher davon. Sie standen bereits in Kiel vor Gericht, zeigten sich weitgehend geständig und handelten damit einen Strafrabatt aus. Ihr 23-jähriger Kompagnon, der sich wegen schweren Bandendiebstahls und gewerbsmäßiger Bandenhehlerei vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Tübingen verantworten musste, blieb bis zum Schluss – trotz erdrückender Beweislast – bei seiner Unschuldversion: Er gehöre der Bande nicht an, beteuerte er. Das Gericht schenkte ihm keinen Glauben und verurteilte ihn zu einer sechsjährigen Haftstrafe.

Bande ging meist nach dem gleichen Muster vor

Der 23-jährige Litauer, der am Donnerstag, begleitet von drei Justizbeamten, mit Fußfesseln in den Schwurgerichtssaal des Landgerichts geführt worden war, nahm das Urteil ohne jede äußere Regung entgegen. So wie er es in dem Prozess, der sich über zwei Monate hinzog, auch vorgezogen hatte, zu den Tatvorwürfen zu schweigen und auch keine Reue zeigte.

Ohne Geständnis des Angeklagten blieb der Großen Strafkammer nichts anderes übrig, als fast drei Dutzend Zeugen zu hören – allesamt Geschädigte der Einbruchserie, die vor zwei Jahren den nördlichen Landkreis Calw und das angrenzende Gäu in Atem hielt.

Dabei ging die litauische Diebesbande meist nach dem gleichen Muster vor. In kleineren Orten wurden nachts geeignete Objekte ausbaldowert. Autos, bei denen sie, wenn sie verschlossen waren, eine Scheibe einschlugen, um damit an Beute zu gelangen: Taschen, Geldbeutel, Handys oder auch Navigationsgeräte. In Bad Liebenzell begann diese Serie am 25. September 2014, setzte sich dann in Simmozheim, Oberriexingen und Steinheim fort.

Mit gestohlenem Auto in die Radarfalle

In Deckenpfronn machten sie schließlich fette Beute: Sie brachen in der Nacht in ein Einfamilienhaus ein, das sie zuvor auskundschaftet haben mussten, so der Vorsitzende Richter Martin Streicher, weil sie genau wussten, wo man einen Schuh zwischen die Tür stellt, damit sie nicht automatisch zufällt.

Direkt neben dem Schlafzimmer der Hauseigentümer fanden die Einbrecher die Autoschlüssel, die zu den drei Edelkarossen im Wert von über 200.000 Euro in der Garage passten. Alle drei Autos verschwanden in der Nacht.

Der 23-jährige Litauer hatte es offenbar besonders eilig. Mit dem gestohlenen 500 SL donnerte er bei der hastigen Ausfahrt aus der Garage nicht nur gegen eine Mauer, er gab – wie auch seine Komplizen in den beiden anderen Autos – mächtig Gas auf seiner Flucht gen Norden. Pech für sie: Sie gerieten auf der Autobahn in eine Radarfalle.

Das war das einzige, was der 23-Jährige eingestand: dass er zu diesem Zeitpunkt am Steuer saß. Doch dieses Teilgeständnis sei nichts wert, befand der Richter, weil der Angeklagte auf dem Blitzerfoto klar erkennbar sei: "Das lässt sich mit vernünftigen Gründen nicht in Abrede stellen."

Zudem waren die Ermittler der Bande auf die Spur gekommen und hatten sie telefonisch und mit einer Verkehrsdatenerhebung überwacht. Immer wieder im Fadenkreuz: der 23-jährige Litauer, der am Handy von "Groschen" sprach, wenn er mal wieder Geld erbeutet hatte.

In Jettingen hinterließ er eine weitere wichtige Spur: Weil sie mit gestohlenen Fahrzeugen Tankstellen mieden, um nicht in eine Videoüberwachung zu geraten, versuchten die Täter bei ihren Beutezügen auch an Sprit zu gelangen. Wie in einer Scheune in Jettingen, wo aus einem Traktor Diesel geschlaucht werden sollte.

Als der Besitzer den Einbruch später bemerkte, stellte er – "wie im Tatort gelernt", so Richter Streicher – eine Zigarettenkippe sicher. An der Kippe fanden die Ermittler die DNA des 23-jährigen Litauers.

Ermittler leisten akribische Arbeit

Der Richter fand es "sehr beeindruckend", mit welch ausgeklügelter Logistik die Diebesbande auf Beutezug ging und die gestohlenen Fahrzeuge auch zu Geld machte. Insgesamt 32 Einzeltaten legte die Strafkammer dem Angeklagten zur Last, und belegte sie mit Einzelstrafen von drei Monaten bis zu zwei Jahren und neun Monaten.

Würden diese Einzelstrafen summiert werden – was das Strafgesetzbuch explizit ausschließt, wäre der junge Litauer, ohnedies schon vorbestraft, erst im Rentenalter wieder auf freien Fuß gekommen. So aber fasste das Gericht diese Einzelstrafen "sehr maßvoll" (Streicher) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren zusammen.

Nicht unerwähnt ließ der Vorsitzende Richter die akribische Arbeit der Ermittler: "Ein Verfahren mit einem solch riesigen Umfang wäre ohne diese Arbeit nicht zu lösen gewesen."

Ob der Angeklagte gegen dieses Urteil Revision einlegen wird, stand gestern noch nicht fest.