In Stuttgart steht der Defizitausgleich für die beiden Kreiskliniken – hier Calw – aus Steuermitteln auf dem juristischen Prüfstand. Foto: Fritsch

Subventionen auf Prüfstand: Bundesverband der Privatkliniken setzt sich vor Oberlandesgericht wohl nicht durch.

Stuttgart/Kreis Calw - Fröhliche Gesichter bei Landrat Helmut Riegger und den Rechtsbeiständen des Kreises Calw am Donnerstag nach einer lediglich einstündigen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart. Es ging erneut um die Musterklage des Bundesverbandes Deutscher Privatkliniken (BDP) gegen den Defizitausgleich der Calwer Kreiskliniken aus Steuermitteln.

Richter Peter Röhm und seine beiden beigeordneten Kollegen machten von Anfang an keinen Hehl daraus, dass sie der Auffassung der Vorinstanz voraussichtlich in allen Punkten folgen würden.

Er sei schon mit einer gewissen Anspannung in diese Sitzung gegangen, so Landrat Riegger im Anschluss an die Verhandlung. Schließlich gehe es in diesem Prozess um nicht weniger als um die gesamte öffentliche Gesundheitsversorgung mit Krankenhäusern im Land, eigentlich sogar im gesamten Bundesgebiet. Eine große Verantwortung, die der klagende BDP da dem Kreis Calw mit seiner Musterklage auferlegt habe.

Aber bereits nach der ersten Viertelstunde, in der Richter Röhm den insgesamt komplexen Sachverhalt auf die wesentlichen zu verhandelnden Punkte zusammengefasst hatte, hellte sich die Miene von Riegger sichtlich auf. Eigentlich liefe in diesem Verfahren alles auf die zentrale Frage hinaus, ob es erforderlich sei, Kliniken in öffentlicher Trägerschaft zu betreiben. Und dies, so Richter Röhm, müsse man mit Blick auf den gesetzlichen Versorgungsauftrag der Landkreise aus dem Krankenhausplan des Landes eigentlich zwingend bejahen.

Aber so einfach wollten sich BDP-Hauptgeschäftsführer Thomas Bublitz und sein Anwalt Carsten Jennert nicht geschlagen geben, zumal das sehr große Medienaufgebot wohl eine gute politische Bühne versprach. Es gebe gar keine grundsätzliche Verpflichtung der Landkreise, Krankenhäuser zu betreiben, so Jennert, sondern nur in dem Fall, dass es eine klinische Unterversorgung gebe. Aber bei einer Klinikdichte von 18 Krankenhäusern in einem Umkreis von 30 Kilometern und einem Patientenaufkommen von 30 Prozent, die sich in Calwer Kreiskliniken behandeln lassen würden, sei keine Unterversorgung nachweisbar. Daher würden die mit Steuergelder subventionierten Kreiskliniken eine Wettbewerbsverzerrung für die privaten Kliniken darstellen.

Worauf die Rechtsbeistände des Kreises mit dem Hinweis konterten, dass sich die hiesigen privaten Kliniken ja ebenfalls um eine Aufnahme in den Landeskrankenhausplan bewerben könnten, um sich an der grundsätzlichen Bedarfssicherung 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr zu beteiligen. Dann würde es über diese politische Bedarfsplanung die vom BDP gewünschte Regulierung geben. Dass aber allein der Markt den Klinikbedarf im Kreis Calw regeln sollte, wie es sich der BDP wünsche, sei keine sozialstaatliche Lösung, wie es von Gesetzgeber geboten sei. Denn so würden die privaten Kliniken lediglich Rosinenpickerei betreiben und sich nur die lukrativsten Standorte und Versorgungsbereiche heraussuchen, was dann tatsächlich auf Kosten der Steuerzahler passieren würde, die überall dort einspringen müssten, wo es sich für die Privaten nicht rechnen würde. Um hier keine flächendeckende Ungerechtigkeit zu verursachen, so Landrat Riegger, gebe es den Landeskrankenhausplan und die natürlich politische Planung der medizinischen Grundversorgung.

Eine knappe Stunde dauerte schließlich das teilweise recht unterhaltsame Scharmützel der beiden Parteien, wobei Richter Röhm klar machte, als er die Verhandlung schließlich beendete, dass der gesamte Sachverhalt noch sehr viel umfangreicher sei, aber eben bereits in der schriftlichen Vorverhandlung und den Vorinstanzen ausführlich genug diskutiert worden sei.

Das OLG Stuttgart kündigte für den 20. November um 14 Uhr den Verkündungstermin seines Urteils an. Allerdings geht nicht nur Richter Röhm davon aus, dass auch dieses Urteil nur eine Zwischenetappe sein wird für den Gang dieses Verfahrens durch die weiteren Instanzen bis hinauf zum Europäischen Gerichtshof (EuGH). Und dort, so mutmaßte Röhm, könne es dann durchaus sein, dass man doch noch eine ganz andere Rechtsauffassung in dieser Sache vertreten würde als die Instanzen bisher.