Eine große Mehrheit des Kreistags stimmte für die Fortschreibung des Klinikkonzepts "3+". Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Klares Zeichen: Kreistag stimmt mit großer Mehrheit für die Fortschreibung des Klinik-Konzepts "3+". Mit Kommentar.

Kreis Calw - Am Ende war es eine klare Sache. Mit großer Mehrheit hat der Calwer Kreistag am Montag dafür gestimmt, am Klinik-Konzept "3+" festzuhalten. "3+" soll allerdings aktualisiert werden. Darüber hinaus hat der Rat erste Pflöcke für den Gesundheitscampus Calw eingeschlagen.

Von Konfrontation war von Beginn an nur wenig zu spüren in dieser wichtigen Kreistagssitzung – und das lag nicht nur daran, dass nur ein paar Dutzend interessierte Bürger die Debatte im Landratsamt verfolgen wollten. Schon in den Beiträgen der Fraktionsvorsitzenden Jürgen Großmann (CDU), Volker Schuler (Freie Wähler), Rainer Prewo (SPD), Johannes Schwarz (Grüne) und Karl Braun (FDP) wurde schnell deutlich, dass es an diesem Nachmittag zum lange heiß diskutierten Krankenhaus-Thema ein klares Votum geben würde. Und so kam es denn auch. Bei maximal einer Gegenstimme und maximal drei Enthaltungen traf das Gremium wegweisende Entscheidungen in der Krankenhausfrage.

Die grundlegenste Entscheidung war die, am Klinik-Konzept "3+" festzuhalten. Allerdings müssen die Gutachter der GÖK das Szenario aktualisieren. Das bedeutet, dass die Leistungs- und Ergebniszahlen der Jahre 2013 und 2014 in das Konzept eingearbeitet werden und eine aktuelle Berechnung der Bettenzahl der beiden Kliniken vorgenommen wird. Auch das Thema der Zweibett-Zimmer in Nagold soll noch einmal auf den Prüfstand. Das Ergebnis der Untersuchungen und Aktualisierungen soll bis Ende April vorliegen.

Auch das von den Freien Wählern geforderte Plausibilitäts-Gutachten wird es geben. Die Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers (PWC) werden die Ausgangs- und Prognosedaten und die wirtschaftlichen Berechnungen des Konzepts "3+" unter die Lupe nehmen.

Nägel mit Köpfen machte der Kreistag auch in der Standortfrage für den Neubau eines Calwer Klinikums. Nach entsprechenden Signalen der Stadt Calw legten sich die Räte nun auf den Standort Stammheimer Feld definitiv fest und gaben der Kreisverwaltung den Auftrag, gemeinsam mit der Stadt Calw die Erschließung und die Standortplanung voranzutreiben.

Bei dieser Standortplanung wird auch der angestrebte Gesundheitscampus Calw eine wichtige Rolle spielen. Denn die Planungen sollen so gestaltet werden, dass man eine Reha-Klinik an den Neubau des Calwer Krankenhauses anschließen kann. Darüber hinaus sollen die Gutachter der GÖK mögliche Auswirkungen eines Gesundheitscampus in Calw auf die Reha-Landschaft im gesamten Kreis Calw untersuchen.

"Wenn so viele Stellen es gut finden, kann es nicht falsch sein"

Bevor es jedoch konkret mit dem Gesundheitscampus werden kann, muss der Landkreis eine Machbarkeits- und eine Markterkundungsstudie vorlegen. Das hat seinen Grund in dem EU-weiten Ausschreibungsverfahren für den Campus und entsprechenden EU-Vorschriften. Das wird den ganzen Prozess zwar verlangsamen, "doch an dieser Stelle geht eben Genauigkeit vor Schnelligkeit", gab Landrat Helmut Riegger zu bedenken.

Eben dieser Landrat hatte zu Beginn der Sitzung noch einmal vehement für "3+" geworben, bezeichnete das Konzept als "großen Erfolg", den man in kurzer Zeit auf den Weg gebracht habe. Die Zustimmung des Sozialministeriums und des Landeskrankenhausausschusses zu den Plänen zeige, dass man auf dem richtigen Weg sei: "Wenn so viele Stellen es gut finden, kann es nicht falsch sein", so der Kreischef, der ein Ende der Diskussionen und den Start der Umsetzung anmahnte.

Nur "3+" ermögliche dem Kreis Calw auch in Zukunft, zwei Krankenhaus-Standorte zu haben, betonte CDU-Fraktionschef Jürgen Großmann, der sich klar zu dem Konzept bekannte. "Alles andere wäre ein noch größeres Risiko", so Großmann. Positiv nahm der Nagolder OB das Bekenntnis der Stadt Calw zu "3+" und zum Standort eines neuen Calwer Krankenhauses auf und verband damit den Dank an seinen Calwer Amtskollegen Ralf Eggert, der sich in der gestrigen Debatte in Schweigen hüllte.

FWV-Fraktionschef Volker Schuler begrüßte ausdrücklich die Aktualisierung der Daten und das von seiner Fraktion angeregte Plausibilitätsgutachten. Sollten die aktualisierten Daten die bisherigen Annahmen von "3+" stützen, "dann spricht vieles für 3+ als beste Lösung", hob Schuler hervor.

Als "sehr gutes Konzept" bezeichnete Rainer Prewo "3+" und betonte, dass man das alles nicht zum Spaß mache, sondern weil man angesichts der roten Zahlen zum Handeln gezwungen sei. Durch ein Weitermachen wie bisher werde sich nichts ändern, so Prewo, der in Richtung der Kreisstadt eines klarstellte: "Hier hat keiner ein Vorurteil gegen Calw", sagte der ehemalige Landtagsabgeordnete auch mit Blick auf die Unterstützung des Kreistags für die Hesse-Bahn.

Die Skepsis gegenüber dem Standort für den Neubau eines Calwer Krankenhauses habe man bei den Grünen abgebaut, auch weil man im Stammheimer Feld gerade auf dem Energiesektor große Potenziale sehe, sagte Grünen-Fraktionschef Johannes Schwarz, für den ein Neubau auch deshalb Sinn macht, "weil Calw das mit Abstand älteste Krankenhaus weit und breit ist " und auch die schwierigste Topografie habe. Ein weiterer Grund für die Grünen, "3+" zu favorisieren: "Niemand hat eine konkrete Alternative präsentiert", sagte Schwarz. Lob für die Stadt Calw für deren Positionierung in der Standortfrage äußerte FDP-Fraktionschef Karl Braun, der der Überzeugung ist, dass das Medizinkonzept von "3+" nicht in Stein gemeißelt ist. Während CDU-Rat Ulrich Kallfass "3+" für "absolut alternativlos" hält und als Chance sieht, in Zukunft ein "komfortables Krankenhauswesen im Kreis Calw" zu bekommen, betonte Bernd Walz (FWV) aus Wildberg die Wichtigkeit der belastbaren Zahlen und der Eingliederung des Themas Kurzzeitpflege in ein neues Calwer Klinikum.

Kommentar: Klares Zeichen

Sebastian Bernklau

Die Mehrheit für ein aktualisiertes Klinikkonzept "3+" hätte größer kaum sein können. Das ist in mehrere Richtungen ein klares, wichtiges politisches Zeichen des Kreistags. Nach Monaten der Debatten über das Klinik-Thema zeigt das Ergebnis allen Bürgern, dass das Votum nicht von irgendeiner Stadt oder Region – dem Süden oder dem Norden, Calw, Nagold oder wem auch sonst – gesteuert ist, sondern ein politisches Votum des ganzen Kreises ist.

Das könnte um sich greifenden Standortressentiments den Wind aus den Segeln nehmen. Aber auch Stuttgart wird sich das Votum anschauen und feststellen, dass der Kreis Calw das von Ministerium und Krankenhausausschuss gut geheißene Konzept doch nicht zerredet und bald umsetzen will. Damit dürfte auch die Gefahr gebannt sein, dass Stuttgart die Zusage über 65 Millionen Euro Zuschüsse wieder zurückziehen könnte.