Adolf Berenfeld sieht einen Grund für die wirtschaftliche Misere der Kliniken in deren schlechtem Image. Foto: Buckenmaier

Liberale Initiative Mittelstand lädt zur Diskussion. Kritik macht sich am Image und am Missmanagement fest. Mit Kommentar

Kreis Calw - Selbst an der Spitze der FDP-nahen Liberalen Initiative Mittelstand (LIM) geht die Meinung über die Zukunft der beiden Kreiskrankenhäuser Calw und Nagold weit auseinander. Während sich der LIM-Vorsitzende und FDP-Kreisrat Karl Braun bei einer Diskussionsveranstaltung zu diesem Thema dafür aussprach, die beiden kleinen Häuser beizubehalten, aber nur noch mit einer Grund- und Regelversorgung, die bezahlbar sei, plädierte der stellvertretende LIM-Bezirksvorsitzende Adolf Berenfeld dafür, die beiden Häuser zusammenzulegen – also für die so genannte Einhäusigkeit. Am Ende einer über zweistündigen Debatte, bei der Karl Braun mit Zahlen und Fakten zur wirtschaftlichen Situation der beiden Kliniken aufwartete, stand die Erkenntnis, die Wolfgang Kömpf in Worte fasste: "Es gibt keine einfachen Antworten."

Ein Grund für die finanzielle Misere der Krankenhäuser – auch darüber herrschte nahezu Einigkeit – seien neben dem Missmanagement, für das man vornehmlich die Holding verantwortlich machte, die bundes- und landespolitischen Bestrebungen, die die Bildung von Großkliniken fördere und so den kleinen, meist defizitären Häusern langsam den Garaus mache, ohne sich – so wörtlich – "die Hände schmutzig zu machen". Nur der FDP-Wahlkreiskandidat Reinhard Günther warf sich pflichtschuldig für die Politik seines Parteifreundes und Bundesgesundheitsministers in die Bresche und stellte sich auch ganz auf die Seite der Privatkliniken, deren Lobbyisten bekanntlich eine Klage gegen die beiden Kreiskliniken angezettelt hatten, weil sie das EU-Wettbewerbsrecht missachten sehen. Diese Klage, meinte Günther, sei begründet und der Kreis werde zweifellos bei dieser juristischen Auseinandersetzung unterliegen. Ansonsten kam dieser Abend aber ohne Wahlkampfgetöse aus.

Ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Debatte zog, an der sich gut zwei Dutzend Interessierte im Nebenzimmer des Hirsch in Überberg engagiert beteiligten, war der Ruf der beiden Kreiskliniken.

Dass die beiden Häuser nur zu 70 Prozent ausgelastet seien, liege, so meint der Mediziner Adolf Berenfeld, an einem hausgemachten Problem: "dem schlechten Image". Die Altensteiger Ärzte hätten sich – im Übrigen vergebens – zusammengeschlossen, um ihre Patienten verstärkt nach Calw und Nagold einzuweisen und damit die Fallzahlen zu erhöhen. Für das Scheitern der Bemühungen gebe es viele Gründe. Berenfeld gab ungeschminkt weiter, was seine Patienten monierten: "Es gibt zu lange Wartezeiten, schlecht gelauntes Personal und auch das Essen ist schlecht. Das ist nicht tragbar."

Nicht nur eine an diesem Abend anwesende Klinikmitarbeiterin wies diese Pauschalkritik vehement zurück, auch Ulrich Mansfeld, FDP-Stadtrat in Nagold und viele Jahre praktizierender Arzt, nahm die Mitarbeiter der Kliniken gegen diese Vorwürfe in Schutz: Vor allem der drohende Notlagentarif habe zu verständlichem Ärger und Frust in der Belegschaft geführt. Mit Bedauern äußerte sich Mansfeld zu den Entwicklungen der Nagolder Geburtsklinik. Wie berichtet, waren die Verträge mit den Beleg-Ärzten vorsorglich gekündigt worden, darauf hätten auch fast alle Hebammen von sich aus die Kündigung eingereicht. Für Mansfeld ist die Geburtshilfe damit "passé und es fraglich, ob sie neu belebt werden kann."

Mansfeld war es an diesem Abend auch, der die (Tabu-)Frage aufwarf, ob gut funktionierende Krankenhäuser nicht auch in privater Hand geführt werden könnten? FDP-Kreisrat Karl Braun tat sich schwer bei dieser Vorstellung: "Wir Kommunalpolitiker sollten so viel Mumm haben, es selbst zu machen."

Seite 2: Kommentar - Volkes Meinung

Von Roland Buckenmaier

Das Management zerschlagen, aus der Holding ganz aussteigen oder warum eigentlich nicht privatisieren? Wenn Volkes Meinung über die Kliniklandschaft im Kreis Calw kundgetan wird, wie jetzt bei der Liberalen Initiative Mittelstand, ist die Bandbreite der vorgeschlagenen Lösungen so breit wie das Thema komplex ist. Aber mitunter erinnern solche Debatten an das Lamentieren im Dorf, wenn der Tante-Emma-Laden zugemacht hat, dabei haben die meisten dort doch ohnedies nur den Hefewürfel eingekauft, den man beim Großeinkauf im Supermarkt vergessen hat. Auch bei den Kreiskliniken ist es nicht anders: Nur jeder zweite Kreisbewohner, so besagt die Statistik, geht, wenn er ernsthaft krank ist, in eines der beiden Krankenhäuser in Calw und Nagold. Wie aber sollen unsere Kliniken wirtschaftlich überleben, wenn bei vielen das Wichtigste fehlt: Vertrauen.