Den Umweltschützern geht es um zwei seit 30 Jahren nicht mehr genutzte Bahntunnel. Die Tunnel sind Heimat Tausender Fledermäuse. Foto: dpa

Kommt S-Bahn doch nicht? Naturschutzbund hat beim Verwaltungsgerichtshof Klage gegen Pläne eingereicht.

Kreis Calw/Stuttgart - Mit dem Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Karlsruhe für die größten Neubauprojekte schienen beim "Jahrhundertprojekt" Hermann-Hesse-Bahn alle Signale auf Grün zu stehen. Doch jetzt hat der Naturschutzbund Nabu beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim Klage gegen eben jenen Planfeststellungsbeschluss eingereicht.

Hintergrund der Klage ist die seit langer Zeit debattierte Fledermausproblematik. In den beiden alten Tunneln, die für den Betrieb der Hesse-Bahn reaktiviert werden sollen – der Hirsauer Tunnel und der Forsttunnel – schlagen verschiedene Arten von Fledermäusen ihr Winterquartier auf.

Wie man das Wohl der Tiere und den Betrieb der Bahnstrecke unter einen Hut bringen kann, damit befassen sich die Planer im Calwer Landratsamt seit vielen Monaten. Unter anderem initiierte man eine aufwändige Zählaktion, man suchte und fand etliche Ausweichquartiere für die Fledermäuse.

Doch all diese schriftlich dokumentierte Arbeit der Planer überzeugt die Naturschützer vom Naturschutzbund Nabu nicht. Es sei "völlig unbewiesen, dass Bahnbetrieb und Fledermausschutz zu vereinbaren sind", erklärte Nabu-Vorstand Hans-Peter Kleemann gestern in Stuttgart. "Solange die Betreiber hierfür keine Lösungen vorlegen, hätte unseres Erachtens das Regierungspräsidium kein grünes Licht für den Bau des ersten Abschnitts geben dürfen", so Kleemann weiter.

Beschluss betrifft die beiden Tunnel nicht

Deshalb habe man aus Sorge um das Wohl der Fledermäuse beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim Klage gegen den erst jüngst vom Regierungspräsidium Karlsruhe erlassenen Planfeststellungsbeschluss eingereicht. Dieser Beschluss beinhaltete das Baurecht für einen Neubau-Tunnel am Hacksberg und den zweigleisigen Ausbau bei Ostelsheim

Der genehmigte Bauabschnitt betrifft zwar nicht die Tunnel mit den Fledermäusen. Allerdings befürchten die Umweltschützer, dass wegen der Baumaßnahmen vollendete Tatsachen für das gesamte Projekt geschaffen und Artenschutzbelange bei der Genehmigung der Tunnel-Bauabschnitte dann kaum noch berücksichtigt würden.

Trotz der Klage stehe man beim Nabu dem Bahnprojekt als Schritt zur nachhaltigen Mobilität grundsätzlich positiv gegenüber. In seiner jetzigen Form sei das Projekt aber nicht akzeptabel, daher müsse es geändert werden. Bis April wollen die Umweltschützer ihre Klage ausführlich begründen und dabei noch ein Gutachten einbeziehen, das noch in Arbeit ist.

Landkreis arbeitet am Projekt weiter

Beim Landratsamt Calw, das zwar nicht Ziel der Klage ist – das ist das Regierungspräsidium, das den Beschluss erlassen hat – das aber das Projekt plant und vorantreibt, bedauert man, dass der Nabu den Klageweg beschritten hat.

Trotzdem gibt man sich auf den Höhen über Calw gelassen. "Wir gehen weiter von der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses aus", sagte Anja Härtel, Pressesprecherin des Landkreises Calw, gestern auf Anfrage des Schwarzwälder Boten. Grund für die Gelassenheit sei unter anderem, dass das Regierungspräsidium in seinem Beschluss festgehalten habe, dass bei den Planungen für die Hesse-Bahn auch im Hinblick auf Natur- und Artenschutz "keine unüberwindbaren Konflikte" vorlägen.

Der Landkreis werde mit der Arbeit am Projekt wie geplant fortfahren, so Härtel weiter. Dabei werde man sich wie bisher intensiv um die Belange des Natur- und Artenschutzes bemühen. "Dieses Thema liegt uns wirklich am Herzen", versicherte die Sprecherin der Behörde. Unklar sei derzeit allerdings, wie sich die Klage zeitlich auf das Vorhaben auswirke.

Fest steht, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat, wie Joachim Fischer vom Regierungspräsidium Karlsruhe hervorhebt. Der Kreis dürfte aktuell die Arbeiten an den beiden Bauwerken, dem Hacksbergtunnel und dem zweigleisigen Ausbau bei Ostelsheim, rein formal nicht beginnen, habe aber die Möglichkeit einen Sofortvollzug zu beantragen. Auch wenn man dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgreifen wolle, so geht man in Karlsruhe davon aus, dass der Planfeststellungsbeschluss einer gerichtlichen Überprüfung standhalten werde. Immerhin habe die von den Naturschützern hervorgehobene Thematik der Fledermäuse Eingang in den den Beschluss gefunden.