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Zur Halbzeit der internationalen Klimakonferenz haben am Samstag in Kopenhagen und anderen Städten der Welt Zehntausende für ein weitreichendes Abkommen zum Klimaschutz demonstriert.

Kopenhagen/Berlin - Zur Halbzeit der internationalen Klimakonferenz haben am Samstag in Kopenhagen und anderen Städten der Welt Zehntausende für ein weitreichendes Abkommen zum Klimaschutz demonstriert. "Genug über das Klima geredet - jetzt müssen Taten folgen!" forderten Klimaschützer weltweit. Zugleich müsse es schnelle Hilfe für arme Länder geben, damit diese ihren Beitrag zum Kampf gegen die Erderwärmung auch bezahlen können. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in einem Interview: "In Kopenhagen geht es um globale Verantwortung. Hier kann sich kein Land aus der Pflicht stehlen."

Die dänische Polizei ging am frühen Abend massiv und "vorbeugend" gegen mutmaßliche Randalierer vor. Nach Medienangaben wurden etwa 400 Personen festgenommen. Die Festnahmen seien vorbeugend erfolgt, weil die Polizei kriminelle Absichten während des Marsches zum Tagungsort der UN-Klimakonferenz vermutet habe. Wie der Fernsehsender DR meldete, wurde ein Polizist durch einen Pflasterstein am Kopf verletzt. Die Verletzungen seien "nicht lebensgefährlich". Nach den Medienangaben kam es in der Nähe des "Freistaates Christiania" zu tätlichen Auseinandersetzungen.

Die Veranstalter sprachen von bis zu 100.000 Teilnehmern, die Polizei zum Auftakt der Großkundgebung dagegen nur von 10.000. Nach drastischen gesetzlichen Verschärfungen zum Demonstrationsrecht wegen des Klimagipfels kann die Polizei in Dänemark Personen auf bloßen Verdacht krimineller Handlungen für zwölf Stunden in Haft nehmen. Für die Demonstrationen zum Klimagipfel waren eigens vergitterte Massen- Arrestzellen in einer alten Lagerhalle eingerichtet worden.

Bis zum Ende der Woche werden rund 115 Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen erwartet. Merkel wird nach derzeitigem Programm am Donnerstag vor dem Gipfelplenum reden. Sie erhofft sich durch die weltweite Einführung neuen Umwelttechnologien auch zusätzliches Wachstum für Deutschland. Man dürfe allerdings "nicht zulassen, dass Deutschland und die anderen europäischen Industriestaaten weit voran gehen beim Klimaschutz, andere nichts tun und dann Arbeitsplätze bei uns abwerben mit dem Argument, weniger Kosten für den Klimaschutz", sagte sie der "Bild am Sonntag".

Das Klimaschutzabkommen, auf das sich 192 Staaten in Kopenhagen verständigen wollen, muss laut Merkel die Erderwärmung wirksam begrenzen. "Ich bin vorsichtig optimistisch, dass wir eine solche Einigung schaffen können", sagte die Kanzlerin. "Darüber habe ich in der vergangenen Woche auch mit den Ministerpräsidenten von China und Indien telefoniert, die wir für eine solche Einigung brauchen." Merkel machte deutlich, dass es in Kopenhagen nur eine Verständigung auf die "zentralen politischen Ziele" geben werde: "Ein völkerrechtliches Abkommen muss dann im nächsten Jahr mit den juristischen Details folgen."

Nach Ansicht des Chefs von Greenpeace International, Kumi Naidoo, tut die Bundeskanzlerin nicht genug für den Klimaschutz. "Angela Merkel kann in Kopenhagen das Ruder herumreißen. Doch ihr Verhalten in der aktuellen Debatte ist mehr als enttäuschend", sagte Naidoo der "Berliner Zeitung" (Samstag). Da Merkel gerade eine Wahl gewonnen habe, sei derzeit nichts zu verlieren. "Deutschland ist dennoch nicht zu Zugeständnissen bereit, die von Wissenschaftlern als notwendig eingefordert werden."

Auf der Demonstranten in Kopenhagen schlugen die Redner trotz Volksfeststimmung ernste Töne an: "Wie lange wollen die Staatsführer noch zulassen, dass Menschen bei uns durch den Klimawandel sterben?" rief zornig die Sängerin Angelique Kidjou aus dem westafrikanischen Benin. "Wir haben als Menschheit der Natur auf unserem Planeten eine zu große Last aufgebürdet. Jetzt müssen wir gemeinsam sehr schnell Verantwortung übernehmen", sagte die Dänin Helena Christensen. Das jetzt als Fotografin tätige Ex-Supermodel verlangte von US-Präsident Barack Obama weiterreichende Zusagen für den Klimaschutz, wenn er Ende nächster Woche persönlich in Kopenhagen ein neues Abkommen aushandelt.

Am selben Tag waren in mehr als 130 Ländern mehr 3000 Veranstaltungen für ein weitgehendes Klimaabkommen geplant. Wie in vielen anderen Städten demonstrierten etwa in Athen mehrere hundert Menschen trotz strömenden Regens. "Mahnung an alle: Das Klima brennt", hieß hier das Motto der Proteste.