Willkommen, Inhaltebranche – das ist die Botschaft der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Foto: Getty

Willkommen, Inhaltebranche. Das ist die Botschaft der diesjährigen Frankfurter Buchmesse.

Frankfurt - 300 000 – das ist die Messlatte. 300 000 Besucher erwartet die Frankfurter Buchmesse bis einschließlich diesen Sonntag. Und Buchmessedirektor Jürgen Boos, Freund ebenso großer wie klarer Worte, skizziert den eigenen Anspruch so: „Die Buch- und Inhaltebranche ist global, sie arbeitet international vernetzt, und die Frankfurter Buchmesse ist für eine Woche im Jahr ihre Welthauptstadt.“ Um was es geht, lässt sich noch knapper fassen. „Hier wird“, sagt Boos, „Sinn produziert – und gleichzeitig Geld verdient.“

So viel Geld, dass man in Frankfurt die Schriftsteller unter den eigenen Branchenfittichen zwar weiterhin umsorgt, den Blick aber auf ganz andere Themenfelder richtet. Wer von der Buchbranche spricht, denkt zuvorderst lokal und dann global. Wer von der „Inhaltebranche“ spricht, denkt zuvorderst global, sieht Schranken, misst sich im Wettlauf um das Sammeln, Speichern, Verwerten und Bereitstellen von Wissen.

Inhalte werden produziert, um in jeder Sekunde in nahezu allen Ländern der Erde aufgerufen zu werden. Wer das Tempo nicht mitgehen kann, bleibt von der globalen Inhalteproduktion ausgeschlossen. Zuvorderst dies erklärt, weshalb sich die Gegensätze zwischen dem gedruckten Inhalt und digitalen Formaten auch aus Sicht des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels weitgehend aufgelöst haben.

Was aber wäre die „Inhaltebranche“ ohne ihr Aushängeschild, das gedruckte Buch? Das gedruckte Buch ist Türöffner für alle weiteren Abrufkanäle, bestätigt die Wertigkeit der Inhalte, ist Werbemittel und provoziert als Produkt ständig seine Weiterentwicklung. Und das Kulturgut Buch? Begründet sich aus alldem. Auch der feine Umgang mit dem wohl erwogenen Wort soll und muss sich lohnen. Umso mehr darf man zweifeln, ob das laute Trommeln für Auswahllisten („long lists“) und Endrunde („short lists“) für diesen und jenen Buchpreis wirklich nützt. Wer ständig die eigene Bedeutung beschwört, wird nicht unbedingt glaubwürdiger.

Und doch wird es noch mehr Auszeichnungen mit noch mehr Glanz geben. Die Buchbranche innerhalb der „Inhaltebranche“ weiß nur zu gut, wie wichtig solche Ereignisse für die politischen Entscheider sind. Die Themen Buchpreisbindung und Sicherung des stationären Buchhandels bleiben ja ständige Begleiter aller Dialoge des Deutschen Buchhandels mit der Bundesregierung und der Europäischen Kommission.

Für Wehmut ist in den Frankfurter Messehallen kein Platz. Noch weniger in den Buchhandlungen. Sie existieren noch immer – ungeachtet dessen, dass sie von einer anderen gefährdeten Inhalteproduktion, dem Kino- und Fernsehfilm, meist als liebevoll ausstaffiertes Museum präsentiert werden. Die Fachbuchhandlung heute – das ist mehr und mehr eine Ereignisbühne. Und doch sind die Erwartungen der Kunden, die mehr und mehr auch Publikum sind, enorm. Vorab bestens informiert, erwarten sie in der Fachbuchhandlung einen Dialogpartner für ihr Anliegen – wer nur mit einer groben Titel- oder Autorenahnung kommt, soll bitte sofort und lächelnd das richtige Buch gereicht bekommen.

Willkommen, Inhaltebranche. Das ist die Botschaft der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Vorbei das Aufrechnen zwischen gedrucktem und digitalem Inhalt. Und wer doch oder gerade das sucht, wofür die Buchmesse doch zuvorderst steht – die Literatur? Darf sich freuen. Auf viele wunderbare Neuerscheinungen, auf begeisternde Begegnungen mit den Sprachbildern aus dem Buchmessen-Gastland Finnland. Auf Inhalte, die gedruckt schlicht am schönsten sind.