Gefragt sind im Südwesten vor allem Menschen, die eine gute Ausbildung haben. Foto: dpa

Gerade schlecht ausgebildete Menschen brauchen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt, fordert unsere Kommentatorin Stefanie Köhler.

Es ist der klassische Fall: Er hat Probleme in der Schule, schafft den Abschluss mit Müh’ und Not oder bricht die Schule sogar ab. Eine Ausbildung kann er auch nicht vorweisen. Mit etwas Glück findet ein solcher Jugendlicher als Ungelernter einen Aushilfsjob. Das mag einige Jahre lang gut gehen. Doch solchen Mitarbeitern kündigen Unternehmen oft zuerst.

Dort, wo die Wirtschaft boomt, suchen Firmen schon heute händeringend nach Personal. Gefragt sind aber vor allem Menschen, die eine gute Ausbildung haben. Wer keine vorweisen kann, hat kaum eine Chance. Das trifft auch auf eine Vielzahl von Langzeitarbeitslosen im Land zu. Gerade mal ein Drittel schafft den Sprung ins Arbeitsleben – und das oft nur kurzfristig. Ein ernüchterndes Ergebnis.

Die Unternehmen sind gefordert, ihre Vorbehalte abzubauen und mutiger zu sein – vor allem, wenn sie über Fachkräftemangel klagen. Auch in Menschen mit nicht ganz so perfekten Biografien kann enormes Potenzial stecken. Praktika, die fair bezahlt werden, sind ein erster Schritt der Annäherung. Beide Seiten lernen sich kennen. Dies kann eine Bewährungsprobe sein, die bestenfalls mit einem Arbeitsvertrag belohnt wird.

Bei der Integration von Jugendlichen, die keinen lupenreinen Lebenslauf haben, oder Langzeitarbeitslosen brauchen Unternehmen aber mehr Unterstützung dabei, die Jobsuchenden fit für ihre Aufgaben zu machen. Auch die Gesellschaft ist gefragt. Ein positives Beispiel sind Projekte, die Arbeitssuchenden bei Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen unter die Arme greifen. Es kann nicht sein, dass die Wirtschaft über Fachkräftemangel klagt, politische Hilfe fordert und übersieht, welches Potenzial vor der eigenen Haustüre schlummert.

st.koehler@stn.zgs.de