40 000 Jahre alt: Die aus einem Mammut-Stoßzahn geschnitzte „Venus vom Hohle Fels“. Foto: dpa

Die Eiszeithöhlen der Schwäbische Alb, in denen steinzeitliche Kunstwerke gefunden wurden, sollen Welterbe werden – zu Recht, wie unser Kommentator findet.

Stuttgart - Keine Bange: Wer beim Stichwort Welterbe zuerst an den Kölner Dom denkt und erst dann an Niederstotzingen und Schelklingen, ist noch kein Kulturbanause. Die dortigen Höhlen mit so urwüchsigen Namen wie Geißenklösterle waren bis vor geraumer Zeit ein Spezialistenthema – obwohl Archäologen schon seit langem uralte Figuren aus der Erde holen. Erst als der deutsch-amerikanische Grabungsleiter Nicholas Conard kürzlich spektakuläre Plastiken wie die „Venus vom Hohle Fels“ entdeckte und dies auch international vermarktete, nahm ein breiteres Publikum davon Notiz.

Nun also soll diese karge Landschaft denselben Rang erhalten wie der Kölner Dom, die Klosterinsel Reichenau, ja sogar wie die Pyramiden von Gizeh. Ist das nicht vermessen? Es wäre nicht das erste Mal, dass Deutschland bei der Unesco eine Abfuhr erhielte – zuletzt mit dem Versuch, den Schlossgarten Schwetzingen auszuzeichnen. Das Hauptkriterium ist eindeutig: Die Stätte muss von „herausragender universeller Bedeutung“ sein. Doch auf wen träfe das zu, wenn nicht auf die Eiszeithöhlen? Nirgendwo wurde bisher ältere Kunst gefunden. Es scheint, dass der Mensch hier vor 40 000 Jahren einen kulturellen Urknall erlebt hat. Deshalb ist der Antrag nicht nur konsequent, sondern auch chancenreich.

Der kulturgeschichtliche Wert der Fundstätten wäre natürlich auch ohne Unesco-Etikett herausragend. Dass patriotischer Ehrgeiz bei der Bewerbung mitschwingt, kann denn auch niemand leugnen. Auch für den Tourismus zahlt sich das Gütesiegel aller Erfahrung nach aus. Doch ist das nicht legitim? Für die Region auf der Alb ist der Antrag eine einmalige Chance, ins Rampenlicht zu kommen. Und dass man Schelklingen in einem Atemzug nennt mit Köln.

a.rieger@stn.zgs.de