Eine Kuh schaut in einem Stall im bayerischen Ipthausen hinter Milchflaschen hervor: An diesem Dienstag läuft die EU-Milchquotenregelung aus Foto: dpa

Das Ende der Milchquote wird zu erheblichen Konflikten führen, kommentiert Walther Rosenberger. Kleine, weniger effizient aufgestellte Erzeuger werden im liberalisierten Markt verlieren.

Stuttgart - Am Dienstag fällt in Europa die Milchquote. Was auch als Randnotiz in einem Fachblatt untergehen könnte, hat in Wirklichkeit große Bedeutung – für Bauern, für Verbraucher und sogar für den Charakter der deutschen Kulturlandschaft.

Seit 1984 verhindert die Quote, dass die EU mit Milchprodukten geflutet wird. Bauern dürfen seither nicht einfach drauflos melken, sondern müssen sich an Obergrenzen halten. Damit ist nun Schluss. Wie schon bei Getreide, Fleisch oder Ölsaaten zieht sich die EU weitgehend aus dem Markt zurück. Feuer frei im Milchgeschäft, heißt nun die Devise.

Deutsche Milchprodukte als „globaler Renner“?

Die Mehrheit der Bauern hat sich mit dem Quoten-Aus arrangiert. Der Deutsche Bauernverband (DBV) sieht darin gar „eine große Chance“. Durch die Öffnung zum Weltmarkt würden Milchprodukte made in Germany nun zum „globalen Renner“, frohlockt der Verband. Die Fakten scheinen den Funktionären recht zu geben.

Auf den ersten Blick steht die Branche ziemlich gut da. Die Ausfuhr von Milchprodukten hat sich seit 2000 mehr als verdoppelt. Fast die Hälfte der heimischen Produktion wird in andere Länder exportiert. Und seit mindestens zwei Jahren verdienen auch die Erzeuger wieder prächtig am Lebensmittel Milch.

Schaut man genauer hin, ändert sich das Bild. In Deutschland ist Milchbauer nämlich nicht gleich Milchbauer. Es gibt Höfe mit vielen Tieren und ausreichend Fläche. Sie sind die Gewinner der neuen Welt, in der derjenige das Rennen macht, der möglichst billig produziert.

Kleine Höfe stehen vor großen Schwierigkeiten

Kleine, weniger effizient aufgestellte Erzeuger werden im liberalisierten Markt dagegen verlieren. Den stark schwankenden Weltmarktpreisen haben sie fast nichts entgegenzusetzen. Gerade diese Höfe sind im Südwesten aber in der Mehrheit. Weniger als 40 Stück Vieh haben die Milchbauern hier durchschnittlich im Stall. Dass so ein Kleinbetrieb nicht mit den Riesenhöfen im Norden und Osten der Republik mithalten kann, versteht sich von selbst.

Damit steht auch die kleinteilige Milchwirtschaft, wie sie für Süddeutschland prägend ist, vor schwierigen Zeiten. In den Hochlagen von Schwarzwald und Alb hat sie allenfalls noch in der Nische eine Perspektive. Die Erzeuger werden sich in anderen begünstigteren Landesteilen ballen. Das Allgäu wäre hier zu nennen oder die südwestlichen Landesteile. Im Milchland Oberschwaben entsteht gerade ein Stall mit tausend Kühen – eine für den Südwesten unerhörte Größe.

Überall im Land blicken die Landwirte mit höchstem Interesse auf dieses Projekt. Gelingt es, wird es zur Blaupause der weiteren Entwicklung im Milchsektor werden, in dem dann vor allem die Größe sticht.

Konflikte mit der Bevölkerung vorprogrammiert

Der Gesellschaft kann das nicht recht sein. Die Milchkuh, die friedlich auf der Weide grast, wird dann zum Ärgernis, wenn links und rechts Hunderte Artgenossen stehen. Zwar hat die Politik Wachstumsgrenzen für Viehbetriebe eingezogen. Die können aber umgangen werden. Konflikte mit der Bevölkerung sind daher vorprogrammiert.

Umso wichtiger ist es daher, dass in Deutschland endlich eine echte Debatte darüber stattfindet, wie die Landwirtschaft im Rahmen eines zusehends deregulierten Markts aussehen soll. Diese Diskussion darf nicht in den Hinterzimmern zwischen Verbandslobbyisten und Fachpolitikern stattfinden, sondern muss aufs Tableau. Die Gesellschaft hat hier ein Recht auf Mitsprache. Immerhin subventioniert sie die Bauern mit Milliardenbeträgen jedes Jahr. Ohne eine solche Debatte – das ist schon jetzt absehbar – werden Wachstum und Effizienz im Umgang mit Tieren fast zwangläufig zur Richtschnur bäuerlichen Handelns – eine Entwicklung, die weder den Bürgern noch den Landwirten recht sein sollte.