Nur weiter nach Westen: Flüchtlinge am Bahnhof von Budapest. Foto: dpa

Die österreichische Polizei hat einen Zug mit 150 Flüchtlingen, die sich illgal auf den Weg gemacht hatten, an der Grenze zu Ungarn gestoppt.

Stuttgart - Die Deutschen werden sich noch gut 26 Jahre zurück erinnern. Als das Ende des Eisernen Vorhangs seinen Anfang nimmt. Am 11. September 1989 um Mitternacht öffnet Ungarn endgültig seine Stacheldrahtgrenze – und viele DDR-Bürger machen sich via Österreich auf den Weg nach „drüben“. 15.000 allein in den ersten drei Tagen. Und Deutschland jubiliert und hofft. In Ost und in West.

Jetzt ist Ungarn wieder Vorreiter. Diesmal für Flüchtlinge aus vielen Ländern. In einer Zeit, wo in Europa wieder Mauern zwischen Ländern hochgezogen werden. Doch es gibt keinen Beifall. Österreich stoppt der Schnellzug aus Budapest an der Grenze. Weil man nicht will, dass es wieder einen Anfang vom Ende gibt: das Ende von Dublin II, dem untauglichen Abschottungsversuch Europas. Einem Vertrag, der nationale Egoismen bloßstellt, statt Solidarität einzufordern. Da ist es besonders peinlich, wenn in Deutschland so getan wird, als ob es zielfördernd wäre, den großen Herausforderungen des nicht enden wollenden Flüchtlingszustroms damit zu begegnen, in dem man streitet, wer fremdenfeindlicher ist: der Osten oder der Westen.

Diese Debatte ist ein dümmlicher Ablenkungsversuch, eine heuchlerische Schuldzuweisung. Ja, die Zahl gewaltsamer Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte ist in Teilen der längst nicht mehr neuen Bundesländer deutlich höher als im Westen. Ja, der Nachweis, dass sich Angriffe, etwa in Sachsen, besonders da häufen, wo die rechtsextreme NPD im Stadt- oder Gemeinderat hetzt, ist erbracht. Wie vielleicht auch der: dass hier und da zwischen Rostock und Dresden eine größere Bereitschaft zu fremdenfeindlicher Radikalisierung besteht. Doch statt sich Gedanken zu machen, wie eine kluge Flüchtlingspolitik aussehen muss, um gefährliche Hassparolen gar nicht erst entstehen zu lassen, setzt man auf billige Vorurteile, um nicht vor der eigenen Haustür kehren zu müssen. 25 Jahre nach der deutschen Einheit ist das ein Armutszeugnis.

Der Zug aus Budapest ist losgefahren. Die Laster der Schlepper auch. Niemand wird die Flüchtlinge aufhalten können.