Meisterwerke für Violine bietet der Geiger Michael Grube bei der Geistigen Nothilfe. Sein inniges Spiel ist am Gesichtsausdruck abzulesen. Foto: Kouba Foto: Schwarzwälder-Bote

Geiger gastiert bei der Geistigen Nothilfe Michael / Gefühlsspektrum und Ausdrucksmöglichkeiten sind enorm

Von Siegfried Kouba

Königsfeld. Der Geiger Michael Grube gastierte bei der Geistigen Nothilfe und bot "Meisterwerke für Violine". Grube ist mit seinen 61 Jahren total abgeklärt und positioniert sich jenseits von Gut und Böse. Seine Technik ist durchtrainiert, alles bis ins Detail durchdacht. Er legt eine perfekte Parade geigerischen Könnens hin und beweist sich als Meister der sanft-zarten Töne, die effektvoll beim Publikum ankommen. Der angenehm weiche Klang seiner Amati ist betörend und bannt Zuhörerinnen und Zuhörer. Seine gestalterische Freiheit scheint grenzenlos – ein Gulda auf der Violine.

Dort, wo andere sich technisch perfekt, effekthascherisch und oft vordergründig interpretierend geben, setzt Grube Feingefühl ein und beherrscht doch alles; von Pizzicati der rechten, wie der linken Hand, Springboten, Marcato, Spiccato, bis hin zu Staccato oder Legato und anderen streicherischen Finessen, um eine fantastische, sensitive Musikkultur zu entwickeln. Der mühelose Saitenwechsel, Arpeggien und der scheinbar spielerische, oft rasante Gang durch die Lagen beeindrucken. Seine Wiedergaben mögen nicht jedermanns Geschmack sein, die Ergebnisse jedoch fordern auch Skeptikern Respekt ab.

Grubes Gefühlsspektrum und Ausdrucksmöglichkeiten sind enorm. Jedem Stück von Paganini bis Prokofieff, von Carl Nielsen bis Johann Sebastian Bach setzt er seinen Prägestempel auf. Er "malt" mit der Geige und lässt in transparenten Aquarellfarben Vogelgezwitscher, Kuckucksruf oder flatternden Schmetterling entstehen. Er nutzt die akustischen Möglichkeiten des Kirchensaales aus, horcht dem Hall nach und blickt den verschwebenden Tönen nach. Bei "Thema mit Variationen" op. 48 verneigt er sich vor Carl Nielsen. Das Werk ist eine Summe geigerischer Ansprüche in einer Musiksprache, die schon moderne, kühn-gewagte Passagen beinhaltet. Teils balladenhaft ist der Vortrag. Gelungen sind Doppelgriffe und Triller, Flageoletts folgen dunkle Töne auf der G-Saite, manches trägt meditative Gedanken, Chromatik gelingt problemlos, folkloristische Anspielungen kommen ebenso zur Geltung, wie "Teufels"-Triller oder markanter, kurzer Strich am Frosch. Die beiden Capricen (Nr. 13 und 24) von Niccolò Paganini zelebriert er auf dem fein geschmückten Musikaltar, ebenso die ihm gewidmete "Friendship" des österreichischen Chorleiters Gerhard Track, die humanistisch abgeklärte Seele und autobiografisch-hintergründige Heiterkeit offenbart.