Rose-Maria van der Songh feiert am heutigen Dienstag 90. Geburtstag. Foto: Kommert Foto: Schwarzwälder-Bote

Rose-Maria van der Songh feiert heute ihren 90. Geburtstag

Von Hans-Jürgen Kommert

Königsfeld. Nie hätte sich Rose-Maria van der Songh träumen lassen, dass sie ihren 90. Geburtstag eines Tages in Königsfeld feiern würde. Denn geboren wurde sie im südlichen Teil von Masuren in Ostpreußen als älteste Tochter eines Pfarrers als Rose-Maria Moritz. Sieben Geschwister seien sie gewesen, vier Brüder und zwei Schwestern seien dazu gekommen.

"Wir lebten inmitten von Wald und Seen, es war eine wunderschöne Landschaft – und wenn die Nazis mit ihrem Quatsch nicht gewesen wären, würden wir vielleicht noch immer dort leben", plaudert sie aus alten Zeiten. Später sei ihr Vater in der Stadt Gumbinnen im gleichnamigen Regierungsbezirk Pfarrer gewesen. Sie habe die hauswirtschaftliche Oberschule besucht und wollte eigentlich Gewerbeschullehrerin werden. Leider habe sie sich für die falsche Ausbildung – zur Hauswirtschafterin – entschieden. "Das war eine Hilfsköchin, darum habe ich eine Ausbildung zur Krankenschwester dazu gemacht", erinnerte sie sich.

Als Schwester habe sie in der Psychiatrie gearbeitet – nicht nur gleich nach der Ausbildung, sondern auch nach Kriegsende. Geflüchtet seien sie in einem leeren Zug, den sie dann einfach "konfiszierten", gemeinsam mit vielen anderen. "Wir kamen zuerst ins Vogtland, in dem man uns wie unliebsame Ausländer behandelte", ärgert sie sich noch heute. Ihre Mutter habe Bezugsscheine für Kinderschuhe gehabt, doch "an Ausländer verkaufen wir nichts" habe man gesagt. Danach seien sie nach Berlin gekommen, weil der Vater einen Pfarrerstelle in Neukölln bekam, also im Westteil der Stadt. "Er hätte auch eine in Köpenick bekommen können, das wäre später im Osten gewesen", weiß sie.

In Berlin arbeitet sie weiter, 40 Jahre lang als Psychiatrieschwester. "Wir haben da Sachengemacht, das wäre heute gar nicht mehr drin", erzählt sie schmunzelnd, beispielsweise mit den Patienten in die Oper gefahren, quer durch die Stadt mit Privatfahrzeugen. Alle möglichen Stationen der 1000-Betten-Klinik habe sie erlebt, zeitweise sei sie auf der Kinderstation gewesen, "da gab es sogar eine kleine Schule mit zwei pensionierten Lehrern", schilderte sie die Situation. Irgendwann sei sie dann, ihrer Erfahrung wegen, in die Klinikleitung aufgestiegen zur stellvertretenden Pflegedienstleiterin. "Ich habe auch schon immer ein wenig Organisationstalent gehabt", sagt sie bescheiden.

Nach ihrer Pensionierung habe sie ihre Reiselust ausgelebt – bis zu dem Tag, als sie in Namibia, dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika im Bus unterwegs war. Immer wieder habe der Fahrer vor Schlaglöchern gewarnt – bis sie sich einen Wirbel brach. "Ich habe die richtige Versicherung gehabt und wurde nach Deutschland ausgeflogen. Nachdem ich gegrübelt habe, wohin ich gehen sollte, bin ich dann bei meinem Bruder in Königsfeld gelandet", erzählt sie von ihrem Umzug in den Schwarzwald. In Schwenningen sei sie dann operiert worden, aber so ganz toll sei es nie mehr geworden.

Seit 15 Jahren lebt sie nun im Herrnhuter Haus. "Ich habe 20 Jahre mit meinem Lebensgefährten zusammengelebt in Berlin, nachdem er gestorben war, habe ich in den frühen 80er-Jahren geheiratet – und war bald darauf wieder geschieden. Kinder habe ich keine, aber eine Menge Neffen und Nichten", erzählt sie aus ihrem Leben – allerdings verstreut über die halbe Welt. Der Geist sei noch immer sehr rege, doch der Körper wolle nicht mehr so recht. "Vor allem eine Makula-Degeneration macht mir zu schaffen, ich sehe fast nichts mehr, dabei habe ich immer sehr gerne gelesen", ärgerte sie sich.