Musik: Kemal Gekic – Pianist der Sonderklasse verknüpft Werke von Bach und Liszt

Von Siegfried Kouba

Königsfeld. Kemal Gekic ist ein Pianist der Sonderklasse. Mit der Kombination von Werken Bachs und Liszts unterstreicht er sein extraordinäres Können, mit dem er die Zuhörer im Kirchensaal gewinnt.

Es war wieder die Zeit der "Geistigen Nothilfe Königsfeld". Recht viele Gäste waren gekommen. Mit Spannung wurde Kemal Gekic erwartet, dem der Ruf neben anderen Adjektiven, extravagant, verwegen, provozierend zu sein, vorauseilt.

Mit der Verknüpfung von Bachs "Das wohltemperierte Klavier" und Franz Liszts "Etudes d’exécution transcendantes" stellte er unter Beweis, dass per se unterschiedliche Werke sich nicht nur ergänzen, sondern zusammen passen. Gekic stellte dies in expressiver Weise dar. In zwei Blöcken bot er eine Auswahl aus den 48 doppelsätzigen Werken des BWV 846 ff. und aus den zwölf Teilen der Liszt-Etüden. Er spielte auswendig in Attacca-Folge, manchmal subito. Die Ausdrucksstärke des gegen einen Schnupfen ankämpfenden Pianisten war schier unbeschreiblich. Nicht nur kleinen Motiven, Themen oder Phrasen gab er einen subjektiven Stempel, sondern jeder Ton wurde von ihm in spontaner Weise herausgeschält und zu einem glänzenden Diamanten geschliffen.

"Nirgends versteht man so gut wie im Wohltemperierten Klavier, dass Bach seine Kunst als Religion empfand", meinte Albert Schweitzer zu dem Lehrstück. Gekic schien hier diametral entgegen zu wirken, in dem er "weltliche Farben" einbrachte und das teils subtil versteckt, teils expressiv nach außen gekehrt. Er brachte eine neue, eigene Gefühlswelt ein, die den Zuhörer beeindrucken musste. Beispielhaft sei das "zelebrierte" Präludium (849), bei dem barocker Charakter verblasste zugunsten einer fast romantischen Aussage der harmonischen Melodienfolge. Dazu die emotional geladene Fuge, eine Herausforderung an jeden Pianisten, die in Tempo, Ausführung und Darstellung der kontrapunktischen Schichtungen sowie rhythmischer Ansprüche genial transportiert wurde. Wie eine Maschine ließ Gekic das c-Moll-Präludium ablaufen, gefolgt von einer leicht verspielten Fuge. Stürmisch und forsch BWV 871 und heroisch, keck und frisch B-Dur-Präludium und Fuge. Mit großer Spiellaune erklang das D-Dur-Präludium mit triumphaler Fuge (BWV 850).

Die spielerische Leidenschaft, die virtuose Begabung, die technische Perfektion und das riesige Ausdrucksspektrum wurden bei den Liszt-Werken noch klarer umrissen. Die Auswahl bot nicht die vom Komponisten vorgesehene Reihenfolge. Begonnen wurde mit der Nr. 11. Die Fülle der "Harmonies du Soir" wurde plastisch dargestellt und endete mit einer permanenten Steigerung bei der Summe von Gefühlen des Abends mit "Manzeppa". Gekic ließ ein Gemälde von bizarren Impressionen, wuchtigen Bässen, tragischen Melodien, grandiosem Arpeggien, Todesangst und triumphalem Jubel entstehen.

Der grandiose Pianist stand als Sieger vor dem Publikum. Und – er schien mit sich zufrieden, was ein häufiges Schmunzeln während der Aufführung bewies. Der Laie staunte und der Fachmann konnte Bewunderung nicht verhehlen.