Es sei am Rande der Alkohol durchtränkten Abiturfeier in der Nähe einer Grillhütte andeutungsweise zu einem sexuellen Geschehen gekommen, gab der Angeklagte zu. Symbolbild. Foto: dpa

Gericht spricht Studenten frei. 26-Jähriger soll bei Abi-Fest seine Cousine vergewaltigt haben.

Konstanz/Königsfeld - Vor acht Jahren soll ein 26-jähriger Student aus Königsfeld auf einer Abiturfeier seine ein Jahr ältere Cousine vergewaltigt haben. Das Landgericht Konstanz fand dafür jetzt keinerlei objektive Beweise und sprach den Angeklagten gestern vom schwerwiegenden Vorwurf frei.

Das größte Problem dieses Prozesses war, dass das vermeintliche Tatopfer erst fünfeinhalb Jahre nach dem Vorfall zur Polizei gegangen war. Ihre Behauptung konnte die Frau mit keinerlei Spuren belegen und ihr Cousin bestritt, ihr Gewalt angetan zu haben.

Es sei damals am Rande der Alkohol durchtränkten Abiturfeier in der Nähe einer Grillhütte andeutungsweise zu einem sexuellen Geschehen gekommen, gab er zu. Er habe aber von seiner schwer betrunkenen Cousine abgelassen als diese angefangen habe zu weinen. Freundinnen der Frau bestätigen, dass sie in jener Nacht in ziemlich ramponierten Zustand nach Hause gekommen war. Doch die Kratzer an den Beinen rührten offensichtlich von dem Streifzug durch den Wald, den sie mit ihren Cousin damals unternommen hatte.

Inwieweit ihr schlechter psychischer Zustand am nächsten Tag von einem Kater oder einem traumatischen Geschehen herrührten, konnte acht Jahre später auch ein Gerichtsmediziner nicht mehr feststellen. Einer Freundin gegenüber soll die Cousine bereits am Tag nach dem Vorfall einen sehr unangenehmen und gewalttätigen Vorfall mit dem Cousin erwähnt haben. Aber offensichtlich blieb auch diese Zeugin dem Gericht zu diffus.

Keine ärztliche Untersuchung

Alle anderen Angaben machte die Cousine des Angeklagten erst viele Jahre später. Da waren sie nicht mehr überprüfbar. Es gab keine ärztliche Untersuchung, die behauptete Verletzungen in der Genitalregion hätten belegen können, keine Spurensicherung an der Kleidung oder am Körper des vermeintlichen Vergewaltigungsopfers.

Das Gericht vermutet, dass die sichtlich traumatisierte Frau sich im Nachhinein selbst nicht mehr sicher war, was genau an jenem Abend im Wald passiert war. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit hatte sie von Alpträumen und "Flashbacks" berichtet, die mit der von ihr behaupteten Vergewaltigung durch den Angeklagten in Zusammen stehen sollen. Das Gericht kritisierte eine in seinen Augen äußerst fragwürdige Therapie, der sich die Zeugin aufgrund ihres immer schlechter werdenden Zustands unterzogen hat. Diese habe wohl mehr dazu gedient, sie von der Realität loszulösen, als sie damit zu konfrontieren, meinte die Vorsitzende Richterin. Man sei davon überzeugt, dass die Frau das Gericht nicht angelogen hat, vielmehr habe man den Eindruck gehabt, dass sie selbst tatsächlich Erlebtes und nur Vorgestelltes nicht mehr richtig unterscheiden könne.

Letztendlich bedauerte das Gericht, dass es nicht die Entscheidung getroffen hat, welche das mutmaßliche Tatopfer erwartet hat, um endlich mit dieser sehr belastenden Vergangenheit abzuschließen.

Für den Angeklagten, der sich mit abgeschlossenem Studium auf der Zielgeraden in sein Berufsleben befindet, stand unheimlich viel auf dem Spiel. Sollte die Staatsanwaltschaft diese Entscheidung per Revisionsantrag zu kippen versuchen, dürfte für ihn noch einmal ein großes Bangen beginnen.