David Rachine vom FN hat am Sonntag gute Chancen, das Rathaus von Tribergs Partnerstadt Fréjus zu erobern. Foto: Cironneau

Bei den französischen Kommunalwahlen legt die rechtsextreme Partei stark zu. Überblick über Partnergemeinden.

Mittleres Kinzigtal - Bei der zweiten Runde der französischen Kommunalwahl am kommenden Sonntag droht Tribergs Partnerstadt Fréjus ein dickes Ende: Der Kandidat des rechtsextremen Front National (FN) David Rachine liegt mit 40,3 Prozent aus dem ersten Wahlgang fast uneinholbar in Führung.

In der größten Stadt des Départements Var waren die Auswirkungen des politischen Erdrutsches vom vergangenen Sonntag in der ersten Runde der Kommunalwahl am größten: Der amtierende Bürgermeister Elie Brun stürzte von 62,7 Prozent vor sechs Jahren auf 17,6 Prozent und liegt nur noch auf Platz drei. FN-Kandidat David Rachine verdreifachte seinen Stimmenanteil von damals 12,5 Prozent und liegt vor der zweiten rechten Liste von Philippe Mougin mit 18,9 Prozent. Die linke Liste von Elsa di Meo verlor ein Drittel ihrer Stimmen und kam auf 15,6 Prozent. Da weder Elie Brun noch Philippe Mougin zurückgezogen haben, sind die Chancen auf einen FN-Wahlerfolg ähnlich hoch wie in Henin-Beaumont in Flandern, wo bereits in der ersten Runde mehrheitlich FN gewählt wurde.

In den Kinzigtäler Partnergemeinden war die rechtsextreme Partei nicht so stark gegeben: Die größte Veränderung war die Abwahl von Annick Napoléon in Cavalaire-sur-Mer (Var) in Wolfachs Partnerstadt. Philippe Leonelli siegte mit 63,3 Prozent und ließ die Amtsinhaberin mit knapp 30 Prozent deutlich hinter sich. In Oberwolfachs Partnergemeinde Still wird Laurent Hochart Maurice Boehler beerben, die auf der einzigen Liste angetreten war.

Gleiches Bild in Steinachs französischem Partner Lay-Ste.-Christophe (Meurthe-et-Moselle): Patrick Medart siegt mit 988 Stimmen bei einer Beteiligung von 55 Prozent.

Klare Verhältnisse auch in Gutachs Partnergemeinde Stosswihr: Louis Schermesser siegt mit 67,5 Prozent vor Jean-Paul Ostermann (32,5 Prozent) bei einer guten Beteiligung von fast 72 Prozent. Anlass zur Sorge: In Stosswihr hatte Marine Le Pen vom FN bei der erste Runde der Präsidentschaftswahl 2012 fast 34 Prozent geholt. Das heißt, wäre auch hier eine FN-Liste angetreten, hätte es hier vielleicht ganz andere politische Verhältnisse gegeben.

In Hausachs Pendant Arbois im französischen Jura hat Bernard Amiens mit 69,7 Prozent fast 20 Prozent zugelegt und den Linken Gilles Masuyer mit 30,3 Prozent deutlich distanziert.

Ähnlich deutlich war es in Bad Rippoldsau-Schapbachs Partnerkommune La-Tranche-sur-Mer: Bürgermeister Serge Kubryk gewinnt mit 72,3 Prozent klar vor Michel Fardin (27,9 Prozent).

Eine Entscheidung im zweiten Wahlgang fällt am Sonntag unter anderem auch in Haslachs Partnerstadt Lagny-sur-Marne. Hier liefern sich die beiden rechten Listen von Sylvie Bonnin und Jean-Paul Michel ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Bonnins Vorsprung beträgt bei 42,9 Prozent nur ganze 2,7 Prozent, sodass beim zweiten Wahlgang Spannung vorprorammiert ist. Die beiden linken Listen von Christophe Coulamy (8,5) und Antoine Parodi (8,3) sind bereits nach der ersten Runde draußen. Die Wahlbeteiligung lag bei relativ schlechten 54,2 Prozent und damit etwa sechs Prozent unter dem französischen Durchschnitt.

Auch für Siegfried Scheffolds französische Bürgermeisterkollegin Nicole Thomas in Bischwiller heißt es am Wochenende zittern: Sie hat in der ersten Runde der Kommunalwahl rund 4,6 Prozent im Vergleich zu 2008 verloren und kam bei 45,8 Prozent fast zwei Prozent hinter der Liste von Herausforderer Jean-Lucien Netzer ins Ziel. Die dritte Liste von Halil Ceylan blieb mit 6,4 Prozent im ersten Wahlgang stecken. Die Partizipationsrate lag in Hornbergs Partnergemeinde bei 61,8 Prozent.

Warum hat der Front National einen solchen Aufschwung hingelegt? Nach der Abwahl der rechtsgerichteten UMP um Nicolas Sarkozy vor zwei Jahren 2012, haben die nun regierenden Sozialisten das Kunststück fertiggebracht, binnen kürzester Zeit zur unpopulärsten Nachkriegsregierung zu werden. Die anhaltende Wirtschaftskrise, zahlreiche politische Skandale und Affären und eine starke politische Desillusionierung in der französischen Wählerschaft haben den Rest dazu beigetragen. Der Front National hat zudem mit der Tochter von Jean-Marie Le Pen Marine als Parteiführerin zu einem anderen Stil gefunden, der inhaltlich wenig verändert ist, aber gezielte Tabubrüche bewusst vermeidet.

Info: Das Wahlrecht

Das französische Kommunalwahlrecht ist ein relatives Mehrheitswahlrecht, das in Gemeinden ab 1000 Einwohnern gilt. In der ersten Runde kann die Liste einer Partei gewinnen, die die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen erzielt. In kleinen Gemeinden unter 1000 Einwohner gibt es ein einfaches Mehrheitswahlrecht. Erreicht in den Gemeinden ab 1000 Einwohnern keine der Listen die absolute Mehrheit, gibt es eine Stichwahl eine Woche später mit allen Parteien, die mindestens zehn Prozent in der ersten Runde geschafft haben.

Im zweiten Wahlgang reicht dann die einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Die bestplatzierte Liste erhält einen Verrechnungsbonus auf ihr Ergebnis, so dass sie 50 Prozent plus x der Sitze im jeweiligen Gemeinderat erhält. Damit wird sichergestellt, dass es stabile Mehrheiten gibt, auch wenn keine der Listen über 50 Prozent kommt. Die stärkste Liste stellt automatisch den Bürgermeister, der vom Gemeinderat gewählt wird.