Stuttgart - Der Hallesche FC lässt die Rasenheizung auf Hochtouren laufen. Dem Pflichtspieldebüt von Gerd Dais auf der Bank des Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers an diesem Samstag (14 Uhr/MDR Livestream) steht nichts im Weg. „Wir wollen uns so schnell wie möglich von der Abstiegszone entfernen“, sagt der neue Trainer.


Herr Dais, haben Sie sich auf Degerlochs Höhen gut eingelebt?
Ja, völlig problemlos.

Obwohl Sie fast im Schnee versinken?
(Lacht) Damit muss man hier oben wohl leben. Wir konnten nach Ruit ausweichen und haben die vorhandenen Möglichkeiten optimal genutzt. Auch alle unsere Testspiele konnten wir durchziehen.

Die Blauen sind für den Auftakt gerüstet?
Ja, wir sind gut vorbereitet und wollen unbedingt spielen.

Warum klappt es mit dem Klassenverbleib?
Für viele Spieler war die dritte Liga Neuland. Ich baue darauf, dass sie die Lehren aus den ersten 21 Spielen ziehen und sich in den folgenden 17 Spielen weiterentwickeln. Das Team ist jung, willig und lernfähig. Wir haben die Qualität, um drinzubleiben.

Stellen Sie sich auf einen Kampf gegen den Abstieg bis zum letzten Spieltag ein?
Es wird ein hartes Stück Arbeit, aber wir wollen uns so schnell wie möglich von der Abstiegszone entfernen. Auf einen Showdown am letzten Spieltag in Darmstadt können wir verzichten.

Was wird entscheidend sein?
Die Basis wird die Defensive sein. Möglichkeiten nach vorne gibt es immer, auch über Konter und Standards.

Auf welches Spielsystem setzen Sie?
Vieles spricht für ein 4-2-3-1. Mit den zwei defensiven Mittelfeldspieler können wir die Räume noch enger machen als im 4-1-4-1.

Zwei Spitzen sind kein Thema?
Doch, das ist eine Option. Aber in der Vorbereitung hatten wir in Marco Grüttner, Marcos Alvarez und Daniel Engelbrecht drei verletzte Offensivspieler. Und der zweite Neuzugang Nicolai Groß, ebenfalls ein Stürmer, stieß erst spät aus Heidenheim zu uns.

„Das große Plus unserer Mannschaft ist der Zusammenhalt“


Hätte der Elf nicht noch ein erfahrener Spieler gutgetan?
Groß und unser dritter Neuzugang, Fabian Baumgärtel von Alemannia Aachen, haben ja Drittligaerfahrung. Engelbrecht hatte beim VfL Bochum immerhin zwei Einsätze bei den Profis.

Also sind Sie nicht böse, dass der bundesligaerfahrene Albert Streit absagte?
Wir hätten ihn gerne verpflichtet. Aber man weiß nie, für was es gut ist. Denn das große Plus unserer Mannschaft ist der Zusammenhalt.

Warum glauben Sie, haben sich die Kickers für Sie als neuen Trainer entschieden?
Das müssen Sie Verantwortlichen fragen.

Vielleicht weil Sie den SV Sandhausen von der Abstiegszone der dritten Liga in die zweite Liga geführt haben?
Das kann man nicht vergleichen. Sandhausen ging damals als Topfavorit in die Saison. Von 20 Trainern hatten 19 den SVS auf dem Zettel. Die Kickers dagegen sind ein Aufsteiger. Es wäre schon sehr vermessen zu sagen, wenn wir dieses Jahr drinbleiben, steigen wir nächste Saison auf.

Was halten Sie den Kritikern entgegen, die behaupten, Gerd Dais passt ausschließlich zum SV Sandhausen?
Das höre ich immer wieder. Aber ich war ja auch schon bei ein paar anderen Vereinen tätig. Mit dem FC Nöttingen habe ich 2004 den Regionalliga-Aufstieg geschafft. Das war eine kleine Sensation.

Genauso wie der Zweitliga-Aufstieg mit Sandhausen?
Der Verein hat gute finanzielle Rahmenbedingungen.

Dank eines zahlungskräftigen Präsidenten.
Sicher. Der SVS steht und fällt mit Jürgen Machmeier. Er pumpt pro Saison einen siebenstelligen Betrag in den Verein.

„Es gibt nur eine Drais-Straße, nach dem Erfinder des Fahrrads benannt“


Worin unterscheidet sich Ihr Ex-Club noch von den Kickers?
Die Strukturen hier sind professioneller. Bis vor eineinhalb Jahren gab es in Sandhausen eine Frau auf der Geschäftsstelle und eine 400-Euro-Kraft. Die Kickers haben als ehemaliger Bundesligist mehr Tradition, genießen bundesweit eine größere Aufmerksamkeit. Hinzu kommt, dass die U 23 und die U 19 der Kickers in höheren Ligen spielen als die des SVS – das ist ein Riesenvorteil.

Stimmt es, dass die Fans in Sandhausen eine Straße nach Ihnen benannt haben?
(Lacht) Sie hatten viele Ideen. Aber das wäre übertrieben. Nein, es gibt nur eine Drais-Straße, nach dem Erfinder des Fahrrads benannt.

Dennoch genießen Sie eine außergewöhnliche Wertschätzung am Hardtwald.
Die Fans konnten die Leistung ganz gut einschätzen und honorierten sie. Vielleicht liegt die Wertschätzung auch daran, dass ich ein Kind der Region Heidelberg bin.

Was haben Sie denn von Stuttgart außer den Trainingsplätzen schon gesehen?
Nicht viel. Bis auf das Schloss Solitude im Rahmen des Neujahrsempfangs – und da war es auch noch stockdunkel.

Haben Sie schon eine Wohnung in Stuttgart?
Ich pendle derzeit noch von Nußloch die 125 Kilometer nach Stuttgart, ab und zu übernachte ich auch im Waldhotel.

Ihr Vorgänger Dirk Schuster joggte regelmäßig durch die Wälder. Wie schalten Sie ab?
Joggen kann ich nicht mehr. Mehrere Knieverletzungen lassen das nicht zu.

Treiben Sie gar keinen Sport?
Doch, ich gehe ins Fitnessstudio, fahre Rad und gehe ab und zu in die Sauna.

Für andere Hobbys bleibt keine Zeit?
Nein, Fußball ist mein Lebensinhalt.