Die Entwürfe der LIN GmbH (oben) und der Arbeitsgemeinschaft Kleyer/Koblitz/Letzel/Freivogel (rechts) haben die deutsch-französische Jury überzeugt – es wurden zwei erste Plätze vergeben. Foto: Schwarzwälder-Bote

Deutsch-französische Jury vergibt zwei erste Preise beim Zollhof-Wettbewerb für Kehl und Straßburg

Von Thierry Schauer und Annette Lipowksky

Kehl/Straßburg. Zwei erste Preise hat die deutsch-französische Jury im internationalen städtebaulichen Wettbewerb für die beiden Zollhof-Areale in Kehl und Straßburg vergeben – mit einer einstimmigen Entscheidung.

Aufgabe für Kehl und Straßburg wird es jetzt sein, die beiden Entwürfe zu einem Masterplan für das grenzüberschreitende Gebiet zu vereinen. Bei den Preisträgern handelt sich um die LIN GmbH sowie um das Büro Kleyer/Koblitz/Letzel/Freivogel. Die beiden Arbeitsgemeinschaften aus Berlin erhalten Preisgelder in Höhe von jeweils 35 000 Euro.

Einen ganzen Tag lang hatte sich die 17-köpfige deutsch-französische Jury (neun Experten und acht Vertreter der beiden Gebietskörperschaften) intensiv mit den 21 Entwürfen befasst. Die Entscheidungsfindung war für das Gremium aus verschiedenen Gründen nicht einfach: Der städtebauliche Wettbewerb für die Zollhöfe war nach deutschem Recht ausgelobt worden – so manchem französischem Jury-Mitglied erschien die strenge Reglementierung des Verfahrens einigermaßen bürokratisch, wie die beiden Oberbürgermeister von Straßburg und Kehl, Roland Ries und Günther Petry gestern bei der Pressekonferenz berichteten.

Mit Blick auf das Ergebnis und der Wahl von zwei ersten Preisträgern zeigten sich beide aber auch froh darüber, "dass man sich die Freiheit genommen hat" (Ries) und dass "wir die Chancen nutzen können, die die Arbeit der Architekten bieten" (Petry). Bei einem Wettbewerb nach französischem Recht, erklärte Ries, wäre es allein um "die Suche nach dem ersten Preisträger gegangen".

"Es war ein guter Tag", urteilten die beiden Stadtoberhäupter unisono – dies aber nicht nur deshalb, weil man zu einer einstimmigen Einigung gekommen war, sondern "weil wir viel gelernt haben", wie es Petry formulierte.

Als man sich vor dem Wettbewerb mit den Zollhöfen befasst habe, "haben wir gedacht, es wäre gut, etwas Symmetrisches zu machen". Der Wettbewerb habe jedoch gezeigt, dass die Beziehung der beiden Städte wichtiger sei als die Grenze. Die Unterschiedlichkeit der beiden Städte habe sich folgerichtig in den Wettbewerbsarbeiten niedergeschlagen: Straßburg komme erst an den Rhein, Kehl sei schon da, Straßburg als Großstadt, Kehl als kleinere Stadt, das drücke sich auch in der Intensität der Bebauung und in den Grünzonen aus, welche die Planer in der Regel auf der Kehler Seite angelegt haben.

Ries teilte die Ansicht seines Kollegen: Die beiden ersten Preise seien keine gegensätzlichen oder widersprüchlichen Entwürfe, sondern Projekte, die sich ergänzten, weshalb die Verfasser jetzt zusammenarbeiten müssten. Er sei froh gewesen, dass der Wettbewerb ein komplett anonymes Verfahren gewesen sei, bei dem niemand wusste, welches Büro sich hinter welchen Plänen verbarg. "Die Differenzen, die die Jury-Mitglieder untereinander hatten, bezogen sich auf die Pläne und hatten nichts mit der Nationalität zu tun", betonte Ries.