Oscar Sala versucht, den Flüchtligen so gut Deutsch beizubringen, dass sie sich im Alltag verständigen können. Foto: Lipowsky Foto: Schwarzwälder-Bote

Wie die Stadt Kehl sich um die Integration von Flüchtlingen bemüht

Oscar Sala ist noch etwas unruhig. Er schaut auf die Uhr, kurz vor halb zwei, um 13.30 Uhr soll der Deutschkurs anfangen. Bisher haben sich zwei Frauen und ein Mann im Begegnungscafé der Villa RiWa eingefunden, die an dem Kurs teilnehmen wollen – der Deutschlehrer ist sich unsicher, ob noch viel mehr kommen werden: "21 haben sich angemeldet. Einigen ist vielleicht was dazwischengekommen – und ob alle pünktlich eintreffen, ist die Frage."

Oscar Salas Schüler sind Flüchtlinge ohne Anerkennung, die bisher noch keinen Anspruch auf den Besuch eines Integrationskurses haben. Sie werden von Helfern und Sozialarbeiterinnen aus den Flüchtlingsunterkünften zum Kurs in der frisch renovierten Villa RiWa begleitet. "Viele kennen sich in Kehl noch nicht so gut aus", erklärt Edeltraut Böhler, Leiterin des Frauen- und Mütterzentrums in der Villa RiWa, die den Kurs zusammen mit dem Migrationsamt des Ortenaukreises und der Volkshochschule initiiert hat. Der Deutschkurs, der vom Migrationsamt finanziert wird, richtet sich besonders an Frauen. Diese sind laut Böhler auf Kinderbetreuung angewiesen, denn sie seien häufig diejenigen, die in den Unterkünften zurückblieben, um auf die Kinder aufzupassen – während die Männer den Sprachkurs besuchten.

Manche Frauen wollen nicht ohne ihre Männer zum Kurs kommen

Deshalb die Idee der Sozialarbeiterin, einen Deutschkurs gezielt für Frauen zu veranstalten, bei dem Mitarbeiterinnen des Frauen- und Mütterzentrums parallel eine Kleinkindbetreuung anbieten. Die Räumlichkeiten in der Villa RiWa eigneten sich dafür sehr gut, sagt sie: Das neu eingerichtete Begegnungscafé biete genügend Platz für eine 20- bis 30-köpfige Klasse, und nur drei Türen weiter können die Kleinen sich im Spielzimmer unter Aufsicht mit Bauklötzen, Kuscheltieren oder Bilderbüchern beschäftigen.

17 Kursteilnehmer trudeln nach und nach im Unterrichtsraum ein, 14 Frauen und drei Männer. Letztere seien natürlich nicht vom Kurs ausgeschlossen, erklärt Edeltraut Böhler. "Die Sozialarbeiter in den Unterkünften haben gezielt Bewohnerinnen angesprochen, die den Kurs besuchen könnten. Teilweise wollten die nicht ohne ihre Männer kommen – das wurde dann selbstverständlich nicht verboten." Das sagt sie, während sie mit einer Hand den Kinderwagen hin- und herschiebt, in dem der Sohn einer Kursteilnehmerin gerade friedlich schlummert. Böhler springt ein, wenn es nötig ist, wenn etwa ein Kind unruhig wird oder getröstet werden muss. Die kleinen Jungs und Mädchen, die sich im Spielzimmer tummeln, haben teilweise noch große Sehnsucht nach ihrer Mutter – ein Mädchen darf für kurze Zeit sogar mit zu seiner Mama in den Unterricht. Eine andere junge Mutter verlässt den Unterricht für kurze Zeit, um ihre kleine Tochter zu trösten, die im Kinderwagen weint. "Am Anfang fällt es den Kindern oft noch schwer, von ihrer Mutter getrennt zu sein – und umgekehrt auch", sagt Edeltraut Böhler. "Aber mit der Zeit gewöhnen sich beide bestimmt an die neue Situation."

Bis Mitte August laufen die Kurse noch, in der Vorwoche hat der erste begonnen. Zwei Gruppen gibt es, einen Anfängerkurs und einen für Schülerinnen mit leichten Vorkenntnissen – beide sind mit jeweils rund 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern bereits ausgebucht. Dreimal die Woche lernen die Teilnehmerinnen jeweils eineinhalb Stunden lang Deutsch. Geleitet werden die Kurse von Sala, der seit mehr als 20 Jahren an der Volkshochschule lehrt und eine zusätzliche Qualifizierung für Integrationskurse vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat.

Teilnehmer aus sieben Nationen sollen lernen, Deutsch zu sprechen

Er weiß dank seiner langjährigen Erfahrung, wie er im Anfängerkurs das schwierige Unterfangen angeht, den 20 Leuten aus sieben Nationen, mit sieben unterschiedlichen Muttersprachen, die deutsche Sprache beizubringen. Von Beginn an spricht er Deutsch mit seinen Schülern, die aus Eritrea, Gambia, Nigeria, Syrien, Irak, Afghanistan und Russland stammen.

"Wie geht es dir?", fragt er, während er Kursteilnehmer Mohammad die Hand hinstreckt. Der ist aufgefordert, auf Deutsch zu antworten, mit den paar Worten. "Grammatik oder den korrekten Satzbau zu lernen ist in diesem Vorkurs nicht wichtig. Ziel ist es, dass die Schüler sich am Ende auf Deutsch verständigen können."

Zunächst sind die Deutschkurse mit jeweils rund 20 Teilnehmern ausgebucht. Ob noch zusätzliche Kurse stattfinden können, hänge davon ab, ob das Migrationsamt erneut Geld dafür bereitstellen könne, erklärt Verena Fuhrer, Leiterin der VHS Kehl Hanauerland. Sie freut sich, dass der Start jetzt erfolgt ist.

Neben dem Sprachkurs und dem Frauencafé plant das Frauen- und Mütterzentrum in Kooperation mit der VHS und dem Migrationsamt auch weitere Angebote für Flüchtlingsfrauen. Am Donnerstag, 14. Juli, findet von 16 und 18 Uhr zum Beispiel ein Schönheitssalon in der Villa RiWa statt. Eine gelernte Friseurin, die aus ihrer Heimat geflohen ist, gibt Besucherinnen Tipps für die Pflege von Haar und Haut. Alle Kehlerinnen, nicht nur Bewohnerinnen der Flüchtlingsunterkünfte, sind eingeladen.  Annette Lipowsky