Seit dem Jahr 2010 müssen die Wettbüros in Kehl Steuern zahlen, die ihren Gästen Getränke servieren und Bildschirme haben. Foto: Tschauner

Kehl bittet Betreiber bereits seit vier Jahren zur Kasse. 230 Euro pro Quadratmeter.

Kehl - Die Inhaber der vier Wettbüros in Kehl müssen Vergnügungssteuer bezahlen - und das schon seit dem 1. Juli 2010. Kehl ist die erste Stadt in Baden-Württemberg gewesen, die diese Steuer eingeführt hat. Das sorgt für ziemlichen Ärger - bis heute.

Inzwischen haben Offenburg, Freiburg, Nürtingen, Sindelfingen und auch Filderstadt das Kehler Modell übernommen. Drei von vier Kehler Wettbürobetreibern haben insgesamt sechs Widersprüche gegen aufeinanderfolgende Steuerbescheide erhoben; zwei Wettbürobetreiber haben vor dem Freiburger Verwaltungsgericht gegen insgesamt drei Bescheide geklagt. Weil die drei Verfahren zu ihren Ungunsten ausgegangen sind, läuft nun die Berufung beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Bis dort eine Entscheidung ergangen ist, ruhen zwei weitere Widerspruchsverfahren.

Die Richter vom Mannheimer Verwaltungsgerichtshof haben beim Kehler Rechtsamtsleiter bereits erste Erkundigungen eingeholt, weshalb Klaus Poßberg davon ausgeht, dass das Verfahren bald weitergeht. "Wir sind guter Dinge", sagt er und baut darauf, dass die Kehler Steuer "einen örtlichen Aufwand" besteuert, der weder mit einer Bundes- noch mit einer Landessteuer gleichwertig und damit rechtmäßig ist.

2007 haben zwei Mitarbeiter der Essener Stadtverwaltung in der Kommunalen Steuerzeitschrift den Gedanken entwickelt, dass Wettbüros der Vergnügungssteuer unterworfen werden könnten. Doch weil in Nordrhein-Westfalen das Land die Erhebung einer solchen Steuer genehmigen muss, ist dort zunächst nichts passiert. Jetzt will die Stadt Hagen die Besteuerung von Wettbüros einführen. Auch Gerd Siebeneichner, Leiter des Bereichs Kommunale Abgaben bei der Stadt Kehl, hat den Artikel damals gelesen und daraus die Idee entwickelt, die Kehler Wettbüros zur Kasse zu bitten. Baden-württembergische Städte haben den Vorteil, dass sie selber entscheiden können, welche Aufwandssteuern sie erheben. Nachdem die entsprechende Änderung der Vergnügungssteuersatzung am 1. Juli 2010 in Kraft getreten war, erhielten die vier Kehler Wettbürobetreiber Steuerbescheide, die sich an der Größe der Wettbüros orientierten: Flächen für Toiletten, Flure, Nebenräume inklusive. Pro Monat und pro angefangenen 20 Quadratmetern Fläche wurden für das Büro, das nur Pferdewetten anbietet, 100 Euro Steuer fällig. Wettbüros, die ausschließlich oder zusätzlich zu den Pferdewetten Sportwetten anboten, zahlten 200 Euro pro Monat und angefangenen 20 Quadratmetern Fläche. Zum 1. Juli 2012 hat der Kehler Gemeinderat die Vergnügungssteuer für Wettbüros auf einheitlich 230 Euro pro Monat und angefangenen 20 Quadratmetern Fläche erhöht. Insgesamt fließen aus der Besteuerung der Wettbüros jährlich rund 70 000 Euro in die Stadtkasse.

Der Aufwand, den er betreiben muss, um die Steuerbescheide zu versenden, bezeichnet Gerd Siebeneichner als gering. Er stehe in keinem Verhältnis zu dem, den die Besteuerung der Spielhallen und Automaten-Bistros verursache. Dass die Besteuerung der Wettbüros eine Lenkungsfunktion habe und potenzielle Wettbürobetreiber abschrecken könne, glauben weder Klaus Poßberg noch Gerd Siebeneichner.

Sobald der Raum Sitzgelegenheiten und Bildschirme hat, fallen Steuern an

Besteuert werden Wettbüros, in denen sich die Wettenden aufhalten können, in denen sie an Bildschirmen die Wettereignisse verfolgen und alkoholfreie Getränke zu sich nehmen können. Folgerichtig werden reine Wettannahmestellen, bei denen nur der Wettschein abgegeben wird, nicht besteuert. Als Grundlage für die Besteuerung wurde die Nutzfläche der Wettbüros herangezogen, weil die Größe auf den erwarteten Umsatz schließen lasse, argumentiert der Rechtsamtsleiter. Besteuert wird mit der Kehler Steuer jedoch nicht der Umsatz, sondern eben der Aufwand, den der Spieler treibt.

Auch der Umstand, dass Sportwettbüros immer noch illegal sind, enthebt die Betreiber nicht der Steuerpflicht, erklärt Poßberg. Wenn die baurechtlichen Voraussetzungen vorliegen, welche die Einrichtung eines Wettbüros im Stadtgebiet ermöglichen, kann der Wettbürobetreiber sein Gewerbe im Rathaus anmelden. "Wir weisen dann auf die Gesetzeslage hin", sagt Volker Schlenker, Leiter des Bereichs Ordnungswesen, und meint damit den Umstand der Illegalität. Das 2012 in Kraft getretene Landesglücksspielgesetz sieht die Vergabe von einer limitierten Anzahl von Konzessionen für Wettbüros im Land vor, diese seien noch nicht vergeben.