Das neue Duo an der Spitze der Alternativen für Deutschland: Jörg Meuthen und Frauke Petry. Foto: Hitij Foto: Schwarzwälder-Bote

Der neue zweite Sprecher der AfD unterrichtet Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft

Von Sabrina Deckert

Kehl/Berlin. Jörg Meuthen ist am Samstag auf dem Parteitag der Alternative für Deutschland (AfD) in Essen zum zweiten Sprecher gewählt worden. Der Professor für Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft an der Hochschule Kehl will das wirtschaftliche Profil der Partei stärken.

"Ich habe mehrmals die FDP gewählt – und es jedes Mal bereut", sagt Meuthen. Der Grund: Die Partei habe ihr eigenes Profil verraten und ihre Klientel mit Steuervergünstigungen bei Laune gehalten. "Die FDP tut das eine – macht aber das andere", fasst Meuthen zusammen. Daher ist er 2013, einen Tag nach der Bundestagswahl, der AfD beigetreten. "Ich bin ein Marktwirtschaftler durch und durch", so der 54-Jährige. Die AfD habe angefangen als Partei der Wirtschaftsprofessoren die gegen die vermeintliche Euro-Rettung vorgehen wollten und auch gegen die vermeintliche Griechenland-Rettung. "Jede Partei hat ihr Gründungsthema", so Meu-then. "Wer in den 1980er-Jahren gegen Atomkraftwerke war, hat sich den Grünen angeschlossen. Wer heute gegen die vermeintliche, angebliche Euro-Rettung und das Euro-Projekt ist, geht zur AfD."

Seit den 1990er-Jahren ist er ein Kritiker des Euro-Projekts

Er selbst sei schon in den 1990er-Jahren gegen das Euro-Projekt gewesen und "seitdem haben sich alle meine Befürchtungen bestätigt". Für ihn sei es folglich ein logischer Schluss gewesen, vor zwei Jahren der AfD beizutreten. Denn: "Wir sprechen der Bundesregierung die wirtschaftliche Vernunft ab", erklärt der Professor für Volkswirtschaftslehre.

Meuthen wurde in Essen geboren, lebt mit seiner Familie in Karlsruhe und arbeitet seit 1997 an der Fakultät II Wirtschafts-, Informations- und Sozialwissenschaften der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl. Zudem unterrichtet er an der Freiburger Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie. Seitdem die A 5 ausgebaut ist, sei die Pendelei kein Problem, sagt der fünffache Vater. In Zukunft werde er wohl öfter nach Berlin reisen müssen – aber eine Wohnung werde er sich in der Hauptstadt nicht nehmen. "Dazu bin ich viel zu sehr ein Familienmensch."

Und zwar einer, der viel um die Ohren habe. Zumal Meuthen auch stellvertretender Landessprecher der Partei in Baden-Württemberg ist und im vergangenen Jahr für das Europaparlament kandidiert hat. Überlegungen dass Meuthen, wenn Frauke Petry die Kampfabstimmung gegen Parteigründer Bernd Lucke gewinnen sollte, neben der ersten Sprecherin gleichberechtigter zweiter Mann werden sollte, habe es schon eine Weile gegeben. "Um den Posten habe ich mich nicht gerissen", beteuert Meuthen. Absagen wollte er auch nicht, denn: "Das ist eine sehr reizvolle Aufgabe aber auch eine große Bürde", kommentiert er das Wahlergebnis.

Für seine Amtszeit hat sich Meuthen einiges vorgenommen: "Ich will das wirtschafts-liberale Profil der Partei stärken. Ich will integrierend arbeiten", erklärt er.

Der Austritt von Lucke und seinen Anhängern wäre "jammerschade"

Er gehöre, das betont er immer wieder, keinem der Lager in der AfD an. Es sei ein Missverständnis, dass es jetzt mit Frauke Petry an der Spitze einen inhaltlichen Rechtsruck der Partei geben werde.

"Wir bleiben da, wo wir sind. Wir haben ein Programm. Wir bleiben eine Anti-Euro-Partei", beteuert der zweite Sprecher der AfD. Es wäre "jammerschade" wenn die Gruppe um Lucke jetzt wegen den kaum nennenswerten inhaltlichen Unterschiede die Partei verlassen würde. "Da sind eine Menge sehr intelligenter Menschen dabei", hebt Meu-then hervor. Das würde zu einer "völlig unnötigen Abspaltung" führen.

Petry steht in den Augen der meisten Politikbeobachter für den nationalkonservativen Flügel der Partei. Sie hält Lucke und dessen wirtschaftsliberalen Flügel im Kern eine thematische Verengung auf die Ablehnung der Euro-Rettungspolitik vor. Lucke wirft Petry und ihren Anhängern wiederum vor, die AfD nicht gegen das rechte Spektrum abzugrenzen. Nachdem Petry zur Vorsitzenden gewählt worden ist, denkt Lucke laut über einen Parteiaustritt nach.

Abgesehen von den innerparteilichen Auseinandersetzungen, die Meuthen zu beenden versucht, steht er nach eigener Aussage für den Kampf für weniger staatliche Eingriffe, ein Aus der völligen Überregulierung durch die Regierung und mehr Freiheitlichkeit für die Menschen inDeutschland.

Um das alles zu bewältigen und seiner Arbeit als Professor nachzukommen, werde er wohl in Berlin bei der Parteizentrale um Unterstützung bitten müssen.