Die Stadt Kehl verwandelt dieses ehemalige Schulgebäude für 6,3 Millionen Euro in ein Kultur- und Bildungszentrum. Foto: Stadt Kehl Foto: Schwarzwälder-Bote

Stadt Kehl investiert 6,3 Millionen Euro in den Umbau eines historischen Gebäudekomplexes

Kehl (red/ma). In der Kehler Innenstadt wird ein schlafender Riese geweckt: Dem historischen Gebäude, in dem viele Jahre die Tulla-Realschule untergebracht war, wird nach sechsjährigem Leerstand neues Leben eingehaucht.

Am morgigen Dienstag beginnen die Arbeiten zum Umbau des denkmalgeschützten Komplexes in ein Kultur- und Bildungszentrum, in dem Musikschule, Volkshochschule sowie eine Dependance der Offenburger Kunstschule unter-gebracht werden. Im Dach-geschoss bleibt Raum für Künstler-Ateliers. 6,3 Millionen Euro investiert die Stadt Kehl in dieses Vorhaben.

Schulraummangel in den 1920er-Jahren

Das Gebäude in der Kinzigstraße 36 wurde ursprünglich von Julius Brischler im Art-Deco-Stil entworfen, um dem Schulraummangel entgegenzuwirken, der sich zu Beginn der 1920er-Jahre ankündigte. Zwischen 1920 und 1925 war die Zahl schulpflichtiger Kinder in Kehl von 170 auf 350 angewachsen – das waren deutlich mehr Kinder, als die bestehenden Schulen aufnehmen konnten. Daher beschloss der Gemeinderat im Jahr 1925 den Bau einer neuen Gewerbeschule, die ebenfalls die Handelsschulräume beherbergen sollte. Die Schule wurde mit Werkstätten für Schreiner, Schlosser, Schmiede, Mechaniker, Elektrotechniker, Installateure, Maler und Friseure ausgestattet. Die gesamten Baukosten, inklusive der Einrichtung, beliefen sich damals auf 520 000 Reichsmark.

Im September 1967 zog schließlich die Tulla-Realschule aus der Wilhelmschule in das von Grund auf renovierte Gebäude der Gewerbeschule in der Kinzigstraße. 1974 wurde das Schulgebäude für 3,1 Millionen Mark erweitert, da mehrere Klassen auf Grund von Platzmangel in die Sonderschule ausgelagert werden mussten. Eine zusätzliche Erweiterung für 2,5 Millionen Mark wurde im Dezember 1981 eingeweiht. Vor allem der Neubau war es, der Probleme bereitete und immer wieder saniert werden musste, weil Wasser eindrang. Der schlechte Zustand dieses Gebäudes, neue Brandschutzbestimmungen und der gewachsene Raumbedarf der Tulla-Realschule führten schließlich dazu, dass der Gemeinderat im Jahr 2000 beschloss, für die Realschule einen Neubau an der Vogesenallee und damit in unmittelbarer Nachbarschaft zu Einstein-Gymnasium und Hebelschule zu errichten.

Im April 2006 konnte die Tulla-Realschule aus ihrem historischen Gebäude aus- und in ihr neues Haus an der Vogesenallee einziehen. 12,3 Millionen Euro hat der Neubau der Realschule gekostet; 90 Prozent davon wurden durch ein Bundesprogramm zum Bau von Ganztagsschulen gefördert. Mit dem Umzug wurde die Realschule zur gebundenen Ganztagsschule – der ersten in Baden-Württemberg. Nach dem Wegzug der Realschule aus der Kinzigstraße versuchte die Stadt zunächst, das Gelände, auf dem heute das City-Center steht, gemeinsam mit dem denkmalgeschützten Schulgebäude zu vermarkten. Gesucht wurde ein Investor, der auf dem freien Grundstück ein Einkaufszentrum bauen und in der ehemaligen Tulla-Realschule ein Hotel unterbringen sollte. Ein Konzept, das sich nicht realisieren ließ, wie sich schließlich zeigte.

Gebäude steht unter Denkmalschutz

Während die Bauarbeiten für das City-Center liefen, meldeten sich immer wieder Investoren bei der Stadt, die Wohnungen und/oder Büros in das Gebäude einbauen wollten – Vorhaben, die meist an den Vorgaben des Denkmalschutzes und der Gebäudestruktur scheiterten. Durch das großzügige Treppenhaus fallen von den 3300 Quadratmetern Gebäudefläche 1300 Quadratmeter Verkehrsflächen weg.

Parallel dazu verfestigte sich im Gemeinderat die Meinung, dass die Stadt das historische Gebäude nicht aus der Hand geben und selber nutzen sollte. Und weil gerade im kulturellen Bereich in Kehl Räume fehlen, entstand die Idee vom Kultur- und Bildungszentrum. Ursprünglich sollten auch das Hanauer Museum und die Stadtbibliothek mit einziehen, doch die Lasten, die gerade Bücherregale mit sich bringen, hätten das historische Gebäude statisch überfordert. Nach reiflichen Überlegungen und im Dialog mit interessierten Bürgern entstand das Nutzungskonzept, auf den rund 2000 Quadratmetern Nutzfläche auf vier Stockwerken Volkshochschule, Musikschule, Jugendkunstschule und das städtische Kulturbüro unterzubringen.

Außerdem entsteht ein neuer Veranstaltungsraum mit Bühne, der bis zu 130 Zuschauer fassen kann und damit eine Lücke in der Palette städtischer Räume für kulturelle Angebote schließt. Im Dachgeschoss stehen noch 200 Quadratmeter Fläche zur Verfügung, die für die Einrichtung von Künstlerateliers vorgesehen sind, wie die Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung schreibt.

Kulturcafé für alle Kehler und Gäste

Ein Kulturcafé im Erdgeschoss soll das Gebäude für alle Kehler und Gäste zugänglich machen und das Kultur- und Bildungszentrum auch zu Zeiten beleben, wenn in den dortigen Einrichtungen kein Unterricht stattfindet.

Dieses Nutzungskonzept steht bereits seit Mai 2013 fest; dass erst jetzt die entsprechenden Umbauarbeiten beginnen, hat verschiedene Ursachen, etwa die vorrangige Schaffung von Krippenplätzen in den Kindergärten.

So beginnt die Stadt Kehl morgen damit, das prominente Gebäude auf seine neue Nutzung vorzubereiten und zu einem Treffpunkt für Bürger werden zu lassen.