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Die Massen-Speicherung von Telefon- und Internetdaten zur Strafverfolgung ist unzulässig.

Karlsruhe - Die Massen-Speicherung von Telefon- und Internetdaten zur Strafverfolgung ist unzulässig. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschied am Dienstag, dass das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

In der jetzigen Fassung verstoße es gegen das Telekommunikationsgeheimnis, hieß es in dem Urteil. Die Bestimmungen sind aus Sicht der höchsten deutschen Richter viel zu unbestimmt. Es fehle insbesondere an hohen Standards für eine Datensicherung. Ein weitgehend offener Datenpool hebele den notwendigen Zusammenhang zwischen Speicherung und Zweck der Speicherung auf, sagte der scheidende Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier. Das Karlsruher Urteil schließt eine Speicherung der Daten jedoch nicht generell aus.

Die deutschen Verfassungsrichter stellten nicht die Zulässigkeit der EU-Richtlinie infrage, die Grundlage für das Gesetz in Deutschland ist. Bei der Speicherung handele es sich aber "um einen besonders schweren Eingriff mit einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt". Darum müsste ein derartiger Eingriff an strengste Bedingungen geknüpft werden. Diese Voraussetzungen erfüllt das deutsche Gesetz laut dem Urteil nicht.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird derzeit aus Sicht der Verfassungsrichter nicht gewahrt. Außerdem mangele es an einer Sicherheit für die Daten und es gebe keine konkreten Angaben, wofür die Daten gebraucht werden sollen. Ferner kritisierten die Richter eine mangelnde Transparenz des Gesetzes.

Nach dem Gesetz werden seit 2008 Verbindungsdaten aus der Telefon-, Mail- und Internetnutzung sowie Handy-Standortdaten für sechs Monate gespeichert. Abrufbar sind sie für die Strafverfolgung sowie zum Zweck der Gefahrenabwehr. Im größten Massenklageverfahren in der Geschichte des Gerichts hatten fast 35 000 Bürger geklagt. (dpa)

Grüne fordern Konsequenzen aus Karlsruher Urteil

Das Land Baden-Württemberg muss aus Sicht der Grünen sofort Konsequenzen aus dem Karlsruher Urteil zur Vorratsdatenspeicherung ziehen. "Das Polizeigesetz von 2008 ist nicht mehr zu halten", erklärte der Innenexperte der Grünen-Fraktion, Uli Sckerl, am Dienstag in Stuttgart.

Zumindest der Artikel 23a des Landesgesetzes, der die Erhebung und Nutzung von Telefon- und Internetdaten regelt, sei verfassungswidrig. Sckerl forderte Innenminister Heribert Rech (CDU) auf, die bisher übliche Praxis der polizeilichen Vormerkung für bei Providern gespeicherte Daten zu beenden und entsprechende Datensätze zu löschen. Die Grünen begrüßten den klaren Kurs des Bundesverfassungsgerichts "zum Schutz der Persönlichkeitsgrundrechte".

Justizminister Goll: "Klarer Sieg für Freiheit"

Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegen die Vorratsdatenspeicherung als klaren Sieg für die Freiheit begrüßt.

"Es bestätigt meine von Anfang an vertretenen Auffassung, dass die massenhafte Speicherung von Daten auf Vorrat in keinem vernünftigen Verhältnis zum beabsichtigten Zweck steht", sagte Goll am Dienstag in Stuttgart. "Spätestens jetzt sollte klar geworden sein, dass Freiheit und Datenschutz keine beliebig verfügbaren Rechtsgüter sind."

Der "Sammeleifer des Staates" sei nicht gleichbedeutend mit einer besseren Bekämpfung des Terrorismus. "Jeder von uns hat das Bedürfnis nach Sicherheit. Dieses Bedürfnis darf aber nicht zum Sicherheitswahn ausarten, dem die Freiheit ohne weiteres unterzuordnen ist", meinte der Justizminister.