Karlheinz Böhm lässt seine Liebe zu Afrika sein Leben lang nicht los Foto: dpa

Berühmt wird er als Kaiser Franz Joseph in den „Sissi“-Filmen. Später gehört seine Leidenschaft Afrika. Karlheinz Böhm findet in seiner Äthiopienhilfe eine große Herausforderung. Jetzt ist er 86-jährig gestorben. Ein Nachruf.

Berühmt wird er als Kaiser Franz Joseph in den „Sissi“-Filmen. Später gehört seine Leidenschaft Afrika. Karlheinz Böhm findet in seiner Äthiopienhilfe eine große Herausforderung. Jetzt ist er 86-jährig gestorben. Ein Nachruf.

Der Sohn

Karlheinz Böhm, am 16. März 1928 in Darmstadt geboren, ist der einzige Sohn des österreichischen Dirigenten Karl Böhm. Kindheit und Jugend sind behütet, aber auch schwierig im Schatten des berühmten Vaters, eines gütigen und strengen, auf Perfektionismus bedachten Patriarchen, der zu einem Orchesterleiter mit Weltruf wird. Seine größten Erfolge feiert Vater Böhm, der 1981 stirbt, mit den Wiener Philharmonikern. Ihnen blieb er über vierzig Jahre lang eng verbunden – in Wien und auf Tourneen, die ihn auch nach Stuttgart führen. Ein dunkler Fleck in Karl Böhms Biografie bleibt seine Nähe zu den Nazis.

Der Schauspieler

1948, als die Familie Böhm schließlich in Wien Fuß fasst, wird Karlheinz nach einem kurzen Zwischenspiel als Philosophiestudent an der Universität Graz von der Schauspielschule des Burgtheaters aufgenommen. Schon in Graz macht er am Studententheater erste Regie-Erfahrungen. 1949 erhält er neben O. W. Fischer sein erstes Engagement an der Wiener Burg. Bald folgten die ersten Fernsehrollen. Das Metier hat ihn nie losgelassen. „Ich war Schauspieler seit dem Jahr 1948 und werde es bis an mein Lebensende sein“, sagt er 1991 in einem Interview.

Kaiser und Rebell

Die Herzen der Zuschauer erobert Böhm in der Rolle des österreichischen Kaisers Franz Joseph – an der Seite von Romy Schneider. Die drei „Sissi“-Filme, die von 1955 bis 1957 entstehen, sind großes Kino, und bis heute ist die rührende Trilogie immer wieder im Fernsehen zu sehen. Nach einem mehrjährigen Gastspiel in Hollywood wendet sich der zum Filmidol aufgestiegene Böhm Mitte der 1960er Jahre wieder dem Theater zu. In der Zeit der Studentenbewegung lernt er den deutschen Kultregisseur Rainer Werner Fassbinder kennen. „Neben meinem Vater der wichtigste Mensch in meinem Leben“, sagt er. Die Arbeit mit dem profilierten deutschen Filmemacher prägt sein politisches Bewusstsein und seine sozialkritische Haltung. „Von meinem Elternhaus wurde ich erzkonservativ erzogen. Ich habe mich erst im Erwachsenenalter von dieser Erziehung befreit“, bekennt Böhm später.

Die Wette

Im Jahr 1981 setzt Böhm zu einem Riesensprung an: Er verlässt die glitzernde Kinowelt und landet in einem Hungergebiet: Bewegt von einem Afrika-Besuch in den 70er Jahren und der zu jenem Zeitpunkt verheerenden Dürrekatastrophe in Äthiopien, wagt Karlheinz Böhm in der ZDF-Sendung „Wetten, dass . . ?“ einen Aufruf. Er wettet, dass nicht „jeder dritte Zuschauer eine Mark, einen Schweizer Franken oder sieben österreichische Schillinge für die notleidenden Menschen in der Sahelzone spendet“. Er gewinnt – trotzdem kommen damals 1,2 Millionen Mark zusammen.

Kämpfer für Afrika

Mit dem Geld gründet Böhm am 13. November 1981 die Organisation Menschen für Menschen und startet gleich ein mutiges Projekt: 1500 Halbnomaden werden in vier neuen Dörfern im Erer-Tal angesiedelt. In unwirtlichen Gegenden baut Böhm eine funktionierende Infrastruktur auf, unter sengender Sonne lässt er Bäume pflanzen und kümmert sich um das Saatgut für die Bauern. Heute profitieren von der Stiftung fünf Millionen Menschen – durch den Bau von Schulen, Gesundheitsstationen und Krankenhäusern, durch die Einrichtung von Wasserstellen sowie durch die Vergabe von Kleinkrediten. Mit unserer Zeitung steht Karlheinz Böhm regelmäßig in Kontakt – bei seinem Auftritt im April 1986 beim Treffpunkt Foyer hat er das Publikum in seinen Bann gezogen, als er seinen Platz verlässt und spontan einen jungen Mann aus dem Publikum umarmt. Und in einem Interview mit unserer Zeitung im Jahr 1991 zeigt er sich als unbeirrbarer Menschenfreund und Helfer: „Durch meinen Vater bin ich zu einem Antipensionisten erzogen worden. Der Mensch soll so lange arbeiten, wie er lebt. Ich bin motivierter denn je durch das, was ich in Äthiopien sehe und miterlebe.“ Mit seinem Charme, seinem Charisma und seiner Ausdauer hat Böhm die Herzen der Äthiopier gewonnen, Doktor Karl und Vater wird er genannt, Plätze und Berge tragen seinen Namen. Seine Arbeit bringt ihm aber auch in seiner Heimat viel Anerkennung ein, Vortragsveranstaltungen sind bis auf den letzten Platz belegt.

Die Krise

Anfang 2013 ziehen sich zwei Großspender von Menschen für Menschen zurück: Die Stiftung gebe zu viel Geld aus und sorge nicht für genug Transparenz, lauten deren Vorwürfe. Diese Vorwürfe werden später von den zuständigen Prüforganisationen widerlegt.

Das Vermächtnis

Am Donnerstagabend ist Böhm in seinem Haus in Grödig bei Salzburg im Alter von 86 Jahren gestorben. Dass er an Alzheimer leidet, wird offiziell nie bestätigt. „Mit Böhm verliert die Welt einen mutigen Visionär und unerbittlichen Kämpfer für Gerechtigkeit“, teilt die Stiftung Menschen für Menschen am Freitag mit. Seine Frau Almaz lässt erklären: „Mein Mann ist für mich Vorbild und Motivation. So schwer mich sein Verlust trifft, so sehr gibt mir der Glaube an seine Vision Kraft, sein Lebenswerk weiterzuführen.“ Die 49-Jährige hat im Dezember den Vorstandsvorsitz der Stiftung abgegeben, um sich um ihren Mann zu kümmern. Am „Karl Square“ in Addis Abeba gibt es bereits eine Böhm-Skulptur, mit offenen Armen. „Auf alle Menschen der Welt sollte man mit weit geöffneten Armen zugehen, und man wird weit geöffnete Arme finden“, so lautet ein Credo von Karlheinz Böhm.

Zu Ehren Böhms zeigt Das Erste am Samstag zwei seiner Filme: 12.05 Uhr, „Sissi“; 13.45 Uhr, „Sissi, die junge Kaiserin“