Frankreichs Präsident François Hollande Foto: dpa

Während in Deutschland noch diskutiert wird, liefert Frankreich als erstes europäisches Land Waffen in den Irak. Indes erwägen die USA einen riskanten Einsatz von Bodentruppen, um tausende jesidische Flüchtlinge zu befreien.

Während in Deutschland noch diskutiert wird, liefert Frankreich als erstes europäisches Land Waffen in den Irak. Indes erwägen die USA einen riskanten Einsatz von Bodentruppen, um tausende jesidische Flüchtlinge zu befreien.

Erbil/Paris/Berlin - Nach dem blutigen Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) erhalten die Kurden im Irak nun Militärhilfe aus Europa. Als erstes EU-Land wollte Frankreich am Mittwoch wie die USA Waffen an die in Bedrängnis geratenen Kurden im Nordirak liefern, wie Präsident François Hollande in Paris mitteilte. Deutschland will hingegen lediglich Rüstungsgüter wie Fahrzeuge oder Schutzausrüstung schicken.

Die USA erwägen unterdessen einen Militäreinsatz am Boden, um Tausende Flüchtlinge vor der Terrormiliz retten. Großbritanniens Premierminister David Cameron kündigte eine - zunächst nicht näher bezeichnete - „internationale Mission“ zur Rettung von Jesiden im Irak an.

Zehntausende geflüchtete Menschen haben in den kurdischen Autonomiegebieten im Nordirak und in Syrien Zuflucht gefunden. Bis zu 30 000 Flüchtlinge sollen noch im kargen Sindschar-Gebirge westlich von Mossul eingeschlossen sein.

Im Gespräch seien ein Lufteinsatz und eine Rettungsaktion mit Bodentruppen, sagte Präsident Barack Obamas Sicherheitsberater Ben Rhodes dem Sender Fox News. Letzteres würde bedeuten, dass US-Soldaten in direkte Kampfhandlungen mit Extremisten verwickelt werden könnten. „Wir müssen herausfinden, wie wir diese Bevölkerung an einen sicheren Ort bewegen und ihnen humanitäre Hilfe bringen können“, sagte Rhodes. Der Vorschlag wurde einem Medienbericht zufolge aber noch entwickelt und sei noch nicht von Obama genehmigt.

Am Dienstag waren 130 weitere US-Soldaten in Erbil im Norden des Landes eingetroffen. Sie sollen feststellen, welche weiteren Schritte beim humanitären Einsatz zum Schutz der Jesiden unternommen werden können. Mit der Entsendung stieg die Zahl der im Irak stationierten US-Soldaten auf fast 1000. Die USA setzten ihre Hilfslieferungen im Nordirak fort. Wiederholt wurden in den vergangenen Tagen Luftangriffe geflogen.

Die Bundesregierung bereitet Rüstungslieferungen vor

Die Bundesregierung bereitet ihre Rüstungslieferungen an die Kurden im Irak mit Hochdruck vor. „Das kommt in den Nordirak genau zu denen, die gegen den IS kämpfen“, erklärte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in der ARD. „Völkerrechtlich ist es so, dass formal die irakische Regierung, die ja auch um Hilfe gefleht hat und bittet, das bekommt. Aber pragmatisch geht es direkt in den Nordirak.“ Die Rüstungsgüter sollen aus Bundeswehrbeständen kommen und unter Beteiligung der deutschen Luftwaffe so schnell wie möglich ins Krisengebiet geschafft werden. Konkret wird derzeit beispielsweise die Lieferung geländegängiger Lastwagen (Unimogs) geprüft.

Eine Unterstützung der US-Luftangriffe durch die Bundeswehr ist für die Bundesregierung derzeit kein Thema. Das sei „im Moment nicht Gegenstand von irgendwelchen Prüfungen“, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Flosdorff, in Berlin.

Der britische Premierminister David Cameron unterbrach wegen der Krise im Irak seinen Urlaub und kehrte nach London zurück. Großbritannien werde seinen Teil dazu beitragen, dass die „internationale Mission“ zur Rettung von Jesiden im Irak ausgeführt werden kann, kündigte der Regierungschef nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts in London an.

Papst Franziskus rief in einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon dazu auf, die Gewalt gegen verfolgte Minderheiten im Nordirak zu stoppen. „Ich erneuere meinen dringenden Appell an die Internationale Gemeinschaft zu handeln, um die gegenwärtige humanitäre Katastrophe zu beenden“, erklärt das Oberhaupt der katholischen Kirche in dem Schreiben, das vom Samstag stammt und am Mittwoch vom Vatikan veröffentlicht wurde. „Die Welle der brutalen Angriffe im Nordirak muss die Gewissen aller (...) wachrütteln und sie zu konkreten solidarischen Handlungen bewegen.“

Im Irak und in Syrien sind nach Angaben der EU-Kommission inzwischen mehr als 2000 gewaltbereite Islamisten aus der Europäischen Union unterwegs. Es gebe keine spezifische Zahl für den Irak, weil etwa Kämpfer wie die der Terrormiliz IS auch im Nachbarland Syrien aktiv seien, gab das Büro von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström bekannt. Nach Erkenntnissen der französischen Regierung gibt es derzeit allein knapp 900 Franzosen, die in den Kampfgebieten in Syrien und im Irak seien oder sich auf dem Weg dorthin befänden.