In der JVA Stammheim hat sich ein Gefangener das Leben genommen. Foto: dpa

Der 56-jährige verbüßte wegen Mordes an seiner Ehefrau eine lebenslange Haftstrafe. Die Wachleute finden ihn am Mittwochmorgen tot auf. Er war in der Haft in psychologischer Betreuung.

Stuttgart - Die Wachleute der Justizvollzugsanstalt (JVA) Stammheim haben am Mittwochmorgen eine schreckliche Entdeckung gemacht. Sie fanden einen 56-jährigen Strafgefangenen tot in seiner Zelle. Der Mann hatte sich das Leben genommen. Er soll sich erdrosselt haben. Ein Sprecher des Justizministeriums und Matthias Nagel, der Leiter der JVA, bestätigten die Nachricht vom Suizid des Mannes. Es habe keine Anzeichen gegeben, dass der Mann selbstmordgefährdet gewesen sei.

Der 56-jährige Versuchsingenieur war am 20. Februar am Stuttgarter Landgericht wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann aus Ludwigsburg-Poppenweiler am 23. Juni 2016 seine fünf Jahre ältere Lebensgefährtin getötet hat. Der Mann hatte die Tat zwar von Anfang an gestanden, aber immer auch betont, er habe im Affekt gehandelt. Die Kammer hat das nicht überzeugt. Die medizinische Untersuchung hatte ergeben, dass die Frau mehrmals mit kräftigen Hieben auf den Hinterkopf niedergeschlagen worden war – als Tatwaffe war eine gusseiserne Pfanne sichergestellt worden. Danach muss sie der Täter gewürgt und schließlich 17-mal mit einem Messer auf sie eingestochen haben.

Es ist der zweite Suizid in Stammheim in diesem Jahr

Kurz vor dem Ende des Strafverfahrens war der Mann als suizidgefährdet eingestuft und ins Gefängniskrankenhaus nach Asperg verlegt worden. Damals hatte sich ein anderer Mann, dem ebenfalls Mord an seiner Ehefrau vorgeworfen worden war, in der Untersuchungshaft das Leben genommen hatte. Der 43-Jährige war angeklagt, weil er seine Ehefrau in Ludwigsburg-Eglosheim erwürgt haben soll. Sie war acht Tage nach ihrem Verschwinden nackt in einem Gebüsch in der Nähe der Pädagogischen Hochschule entdeckt worden. Erst nach wochenlangen Ermittlungen geriet der Ehemann ins Visier der Ermittler. Er hatte im Prozess seine Schuld abgestritten.

Der 56-Jährige aus Poppenweiler war kurz nach dem Suizid des 43-jährigen ins Krankenhaus verlegt worden. Er protestierte gegen die Unterbringung in Asperg und beteuerte, er hege keine Selbstmordgedanken. „Ich will mich meiner Schuld stellen und ich möchte zurück nach Stammheim“, sagte er eine Woche vor dem Urteil.

Der JVA-Leiter Matthias Nagel bestätigt, dass der Mann seit dem Haftantritt als gesund und stabil gegolten habe. „Er war in ständiger ärztliche und psychologischer Behandlung. Den Psychologen sah er auf jeden Fall einmal pro Woche“, sagt Nagel. Der Mann habe im Vollzug gearbeitet und sei in die Abläufe „voll integriert“ gewesen. Die psychologische Betreuung sei nach Taten wie dem brutalen Mord an der Ehefrau nicht ungewöhnlich.

Jede Woche hatte der Mann Kontakt zu einem Psychologen

Das Personal ist bestürzt, dass sich in diesem Jahr nun schon zwei Gefangene in der JVA das Leben nahmen. „Wir investieren viel in die Suizidprophylaxe“, sagt Nagel. Das Personal treffe sich wöchentlich, um über gefährdete Gefangene zu sprechen. Wenn es konkrete Anzeichen für eine Suizidgefahr gebe, bringe man den Betroffenen in ein Krankenhaus und lasse ihn auch nicht in einer Einzelzelle schlafen, schildert der JVA-Leiter. Eine vollkommene Sicherheit könne man jedoch nie herstellen. „Was einen Menschen umtreibt, können wir nicht immer ahnen“, fügt Matthias Nagel hinzu.

Der psychiatrische Gutachter Peter Winkler hatte im Strafverfahren betont, dass er in seinem gesamten Berufsleben niemals ein solches „Tatbild“ gesehen habe: „Die Stiche waren von der ersten bis zur elften Rippe fächerförmig angebracht. Das spricht für eine gewisse Sorgsamkeit. Da lag ein Vernichtungswille vor“, sagte er, „die Frau sollte nicht mehr weiterleben.“ Der 56-Jährige hatte im Prozess gesagt, seine Frau sei krankhaft eifersüchtig gewesen. Freunde sagten aus, das Paar habe sich ein Jahr vor der Tat trennen wollen, die Trennung dann aber wieder rückgängig gemacht.