Werk von Welch Allyn Jungingen. Die erste Forderung der IG Metall liegt auf dem Tisch. Foto: Hanauer Foto: Schwarzwälder-Bote

Verhandlungen bei Welch Allyn beginnen / Kampf um Erhalt der Arbeitsplätze sinnlos

Von Volker Rath

Jungingen. Die IG Metall nimmt die Schließung des Junginger Werks von Welch Allyn hin, fordert von der Geschäftsführung des Medizintechnik-Unternehmens aber einen millionenschweren Sozial-Tarifvertrag.

Die Aufnahme von Verhandlungen gab die IG Metall Albstadt gestern bekannt. Die Gewerkschaft legte bei dieser Gelegenheit gleich ihre Forderungen auf den Tisch (Rubrik). Die geforderte Höhe der Abfindungen sei in einer Versammlung der Mitarbeiter von Welch Allyn, die in der IGM organisiert sind, einstimmig beschlossen worden.

Die Gewerkschaft strebt im Fall von Welch Allyn keinen Interessensausgleich und Sozial an, sondern einen Sozial-Tarifvertrag. "Ich hoffe, die Geschäftsführung weiß, was das bedeutet: Wir sind dabei an keine Friedenspflicht gebunden", sagte Walter Wadehn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Albstadt, gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. Einen Kampf um den Erhalt des Standorts in Jungingen wird es damit nicht geben. "Die Produktion wird nach Mexiko verlegt werden, die Verwaltung nach Holland. Da muss man sich keinen falschen Illusionen hingegen", so Wadehn. Die Würfel seien hier "bereits frühzeitig" gefallen. Welch Allyn habe nach der Übernahme der Junginger Firma Speidel und Keller einfach weiter produziert, aber nichts mehr investiert. Dies sei "typisch amerikanisch".

Um einen Medizintechnik-Betrieb dauerhaft erhalten zu können, bedürfe es einer Abteilung für Forschung und Entwicklung vor Ort, um neue Produkte auf den Markt zu bringen. Welch Allyn habe in Jungingen nicht mal mehr Lehrlinge ausgebildet. "Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Bude dichtgemacht wird", so Wadehn.

Wadehn schätzt die Kosten auf Millionen, sollte der Sozial-Tarifvertrag in der Höhe umgesetzt werden, die der IG Metall vorschwebt. Ein Angebot des Unternehmens liege noch nicht vor. Die Gewerkschaft will wie bei Abbott Druck machen, wenn sich die Arbeitgeberseite nicht bewegt: Welch Allyn will den Standort Jungingen im Herbst schließen, erst dann soll die Produktion endgültig auf das Werk in Mexiko übergegangen sein. Bis dahin sollen die Kunden des Unternehmens möglichst wenig davon zu spüren bekommen. Hier könnte die Gewerkschaft mit Arbeitskampf-Maßnahmen wie Streiks ansetzen.

Durch die Werkschließung gehen rund 80 Arbeitsplätze in Jungingen verloren. Einige Vertriebler könnten über "Home-Offices" vielleicht weiter arbeiten. Leiharbeiter oder Mitarbeiter mit Zeitvertrag gingen wohl leer aus Wadehn glaubt, dass ein Teil der Belegschaft wohl längere Zeit arbeitslos sein werde oder nur Jobs in der Leiharbeit bekommt. "Viele, aber nicht alle" müssten über längere Zeit mit weniger Einkommen rechnen. Abfindungen fingen einen Teil des Ausfalls auf. "Aber die Arbeitsplätze wären mir lieber", so Wadehn.