Auch in Stuttgart soll Heroin nun kontrolliert an Patienten weitergegeben werden. Foto: dpa

Wie behandelt man Suchtkranke? Mehrere Heroin-Alternativen sind im Umlauf. In Stuttgart hat jetzt eine neue Praxis den Betrieb aufgenommen. Dabei geht es auch um die kontrollierte Abgabe von Heroin, um den Patienten langfristig zu helfen.

Wie behandelt man Suchtkranke? Mehrere Heroin-Alternativen sind im Umlauf. In Stuttgart hat jetzt eine neue Praxis den Betrieb aufgenommen. Dabei geht es auch um die kontrollierte Abgabe von Heroin, um den Patienten langfristig zu helfen.

Stuttgart - Nach jahrelangem Streit um die Übernahme von Behandlungskosten hat am Montag die erste reguläre Diamorphin-Praxis für Drogenabhängige in Baden-Württemberg ihre Arbeit aufgenommen. In der Einrichtung in Stuttgart wird künstlich hergestelltes Heroin - Diamorphin genannt - unter Aufsicht von Ärzten abgegeben.

Der Bundestag hatte 2009 ein Gesetz verabschiedet, das die staatliche Abgabe von Heroin auf Rezept erlaubt. Es folgte ein Streit um die Finanzierung durch die Krankenkassen. Der gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen einigte sich 2010 darauf, dass die Kosten nur bei Einhaltung bestimmter Anforderungen übernommen werden. Demnach müssen Ausgabestellen beispielsweise täglich für zwölf Stunden geöffnet und mit drei Ärzten besetzt sein, wie aus einer Bekanntmachung des Ausschusses hervorgeht.

Stuttgart ist nach Berlin die zweite Stadt

Von 2002 bis 2008 hatten schwerstabhängige Junkies schon Diamorphin im Rahmen eines Modellversuchs in Frankfurt/Main, Hamburg, Köln, Bonn, Hannover, München und Karlsruhe erhalten. Experten werteten das Ergebnis als Erfolg; die acht Städte betreiben ihre Diamorphin-Praxen seit 2009 in Eigenregie. Nach Berlin ist Stuttgart die zweite Stadt, in der regulär Diamorphin an Suchtkranke verteilt wird. Der Gemeinderat hatte die Einrichtung einer Suchtpraxis 2013 beschlossen. Für den Umbau und die Sanierung des Gebäudes investierten Stadt und Land rund 2,5 Millionen Euro.

Thomas Feil von der neu eröffneten Praxis sagte, dass sich schon am ersten Tag viele Interessenten gemeldet hätten. Mit der Behandlung wolle man im Laufe der nächsten Woche beginnen. Insgesamt 60 Plätze für die Diamorphin-Behandlung biete die Einrichtung. Bis zu dreimal am Tag können die Patienten vorbeikommen, um sich unter Aufsicht die Ersatzdroge zu spritzen, sagte der Pflegedienstleiter der Praxis, in der auch eine Drogenberatungsstelle eingerichtet wurde.

Diamorphin ist hingegen industriell hergestelltes Heroin

Neben den Diamorphin-Patienten können in der neuen Praxis künftig 100 Patienten mit Methadon und Buprenorphin behandelt werden. Dies sind synthetisch hergestellte Opiate mit schmerzstillender Wirkung. Beide Substanzen werden seit Jahren als Heroin-Ersatzstoffe eingesetzt.

Diamorphin ist hingegen industriell hergestelltes Heroin. Es wird wie herkömmliches Heroin aus Rohopium hergestellt, allerdings unter sterilen Bedingungen. Untersuchungen ergaben, dass es Süchtigen nach der Umstellung auf Diamorphin deutlich besser ging. Einige konnten wieder ein geregeltes Leben mit festem Wohnsitz und fester Arbeit aufnehmen. Die Abbruchquote ist niedriger als beim Methadon-Einsatz.