Die Jettinger Nordumfahrung hat laut Gutachten viel Verkehr aus der Gemeinde herausgezogen. Foto: Geideck

Planer präsentiert Jettinger Rat Ergebnisse des Verkehrsgutachtens. Kern: Anteil an CW-Kennzeichen zu hoch.

Jettingen - Mehr als 30 Jahre lang forderte Jettingen die Nordumfahrung. Vergangenes Jahr ging sie in Betrieb. Was hat sich seitdem verändert? Ein Verkehrsgutachten kommt zu dem Schluss: mehr als gedacht. Manch Gemeinderat moniert: nicht genug."Ich kann Ihnen voll zufriedenstellende Ergebnisse präsentieren", weckte Lothar Becker von der Planungsgruppe Kölz gleich zu Beginn seiner Ausführungen Hoffnungen im Jettinger Gemeinderat.

Sein Ludwigsburger Büro hat die Verkehrssituation rund um den Oberjettinger Marktplatz untersucht und im Dezember detaillierte Messungen durchgeführt – sowohl manuell als auch radargestützt. Das Ergebnis: Im Vergleich zur letzten Zählung aus dem Jahr 2005 – also vor Inbetriebnahme der Nordumfahrung – ist der Verkehr auf der Nagolder Straße um 66 Prozent und auf der Herrenberger Straße gar um 69 Prozent zurückgegangen. In konkreten Zahlen ausgedrückt heißt das: Auf der Herrenberger Straße fahren jetzt pro Tag nur noch 5400 statt früher 17 400 Fahrzeuge, auf der Nagolder Straße 5500 statt 16 000. Auch auf der Unterjettinger Straße wurden im Dezember weniger Fahrzeuge gezählt als 2005, der Rückgang ist mit 16 Prozent aber eher marginal.

Die Zahlen sind auch in sofern beeindruckend, weil man 2005 davon ausging, den Verkehr in Oberjettingen durch die Ortsumfahrung "nur" halbieren zu können. Dass es nun sogar zwei Drittel sind und das, obwohl das Verkehrsaufkommen etwa durch den wachsenden ING-Park insgesamt gestiegen ist, freut insbesondere Bürgermeister Hans Michael Burkhardt. Für ihn steht fest: "Die Nordumfahrung ist ein voller Erfolg. Der einzige Fehler war, dass sie viel zu spät gekommen ist."

Wasser in den Wein goss der SPD-Rat Wilhelm Kern. 5500 Fahrzeuge auf der Herrenberger Straße sind für ihn immer noch zu viel. "Mit solchen Zahlen haben andere Gemeinden eine Umfahrung bekommen", kritisierte der ehemalige Oberjettinger Pfarrer. Vor allem der Anteil an Fahrzeugen mit Calwer Kennzeichen sei aus Kerns Sicht zu hoch. Gerade die Autofahrer aus dem Nachbarkreis müsse man daher mehr dazu bringen, die Nordumfahrung zu nutzen. Wie das geschehen könnte, ließ Kern allerdings offen. Nicht vergessen darf man: Nicht alle Autofahrer mit Calwer Kennzeichen sind Nagolder. Wer etwa von Sulz am Eck in Richtung Mötzingen oder Gäufelden fahren will, für den ist der Weg über die Nordumfahrung mehr als doppelt so lang.

Auf ein anderes Problem machte Kerns Fraktionskollegin Sylvia Esche aufmerksam: "Es fahren immer noch zu viele Lkws durch die Nagolder Straße." Sie vermutet, dass die Nordumfahrung mit ihren vier Kreiseln für den Schwerlastverkehr zu unattraktiv sei.

Dass der Schuh noch an einem ganz anderen Ende drückt, daraus machte Burkhardt keinen Hehl. Denn die Kritik wird lauter, dass immer mehr Verkehr durch Unterjettingen rolle. In wie weit dies der Realität entspricht oder ob es sich nur um subjektive Wahrnehmungen handelt, soll laut Burkhardt mit einer weiteren Verkehrsuntersuchung geklärt werden.