Ob am Telefon oder im Internet – die Polizei warnt, persönliche Daten vorschnell weiterzugeben. Foto: Gina Sanders/Fotolia.com

Unbekannte geben sich am Telefon als Mitarbeiter von Microsoft. Masche ist laut Polizei relativ bekannt.

Jettingen - Bereits drei Jettinger Haushalte sind im Jahr 2016 der sogenannten "Microsoft-Masche" zum Opfer gefallen, bei der Betrüger versuchen, sich illegal Kreditkartendaten zu erschleichen. Eine betroffene Familie erzählt, wie die Betrüger vorgingen.

Martina Müller (Name von der Redaktion geändert) ist alleine zu Hause, als die Betrüger das erste Mal anrufen. Am Freitagmorgen gegen 10.30 Uhr klingelt das Telefon. Müller blickt auf das Display, erkennt eine Nummer mit britischer Vorwahl. Am anderen Ende der Leitung stellt sich ein englisch sprechender Mann mit indischem Akzent vor. Er sei von Microsoft und müsse wegen eines Virus auf ihren Computer zugreifen. Müller blockt ab und legt auf. Es sollte der erste von vielen Anrufen werden.

Masche ist laut Polizei relativ bekannt

Im laufenden Kalenderjahr haben sich bereits drei Opfer aus Jettingen beim Polizeiposten Gäu gemeldet. Sie alle berichten von der gleichen Masche: Ein Mann, der sich als Microsoft-Mitarbeiter ausgibt fordert einen Fernzugriff auf den Computer. Während die Opfer denken, dass ihnen geholfen wird, versuchen die Täter dadurch an Kreditkarten zu gelangen, um damit Banküberweisungen und andere Transaktionen zu tätigen. "Mittlerweile ist diese Masche eigentlich relativ bekannt", erklärt Yvonne Schächtele, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Ludwigsburg.

Dass die Betrüger dennoch immer wieder Erfolg haben, zeigt die Geschichte des Ehepaars Müller. Immer und immer wieder erscheint die ausländische Nummer nach dem ersten Anruf auf dem Display – bis schließlich jemand abhebt. Da Hans Müller besser Englisch spricht als seine Frau, nimmt er sich der Sache an.

Bereits zwei extrem gefährliche Viren – eingeschleust im Frühjahr und im Herbst – befinden sich laut dem Betrüger auf dem Computer. Über einen Zahlen- und Nummerncode könne er auf den Computer zugreifen und die Viren unschädlich machen. Hans Müller lässt sich dazu überreden, den Fernzugriff zu gestatten. Die Täter haben nun volle Einsicht in den Computer der Familie. "Ab da wurde immer mal wieder der Bildschirm für kurze Zeit schwarz", so Martina Müller, die das Telefonat zwischen dem "Microsoft-Mitarbeiter" und ihrem Mann argwöhnisch verfolgte.

Der Mann am Telefon erklärt, dass er eine Software auf den Computer spielen müsse, um die Viren zu beseitigen. Schließlich verlangt er für das angebliche Antivirus-Programm neun Euro. "Dann sollte mein Mann unsere Bankdaten angeben", erinnert sich Martina Müller, bei der in diesem Moment die Alarmglocken schrillten. Als sich die Familie weigert, warnt der Anrufer vor einer möglichen Sperrung des Computers.

Aufklärungsquote geht gegen Null

Hans Müller (Name von der Redaktion geändert) lenkt genervt ein, man einigt sich auf die Bezahlung mit Paypal – ein Online-Bezahlsystem, das für Ver- und Einkäufe im Internet genutzt wird. "Aber irgendwas schien auch hier komischerweise nicht zu funktionieren", erzählt Martina Müller. Sie loggt sich daraufhin in ihren Online-Banking-Account ein, um den ausste henden Betrag in Höhe von neun Euro zu bezahlen.

Damit schnappt die Falle endgültig zu – denn die Betrüger sehen durch den Fernzugriff all das, was auch Martina und Hans Müller sehen und bekommen ihre Bankdaten damit auf dem Präsentierteller serviert. Aus einer Überweisung von 9 Euro wird ein Betrag in Höhe von rund 190 Euro, während im Hintergrund bereits die ersten Einkäufe über das anscheinend gestörte Paypal-Konto laufen.

Als das Ehepaar durchschaut, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht, hat sich der Betrüger mit seinen Hintermännern bereits eine stattliche Summe in Höhe von 800 Euro über Einkäufe und Überweisungen ins Ausland erbeutet. "Wir haben das ganze dann abgebrochen", sagt Martina Müller.

Ihr Mann erstattet Anzeige, doch die Polizei macht den Geschädigten keine Hoffnungen darauf, dass man die Täter ausfindig macht. "Die Aufklärungsquote geht in solchen Fällen gegen Null", sagt Schächtele. Weder die Nummern noch die Überweisungen könnten nachverfolgt werden. Die Polizei ist machtlos, kann lediglich davor warnen, vorschnell Daten herauszugeben.

Familie Müller hatte schlussendlich doch noch das redensartliche Glück im Unglück: Aus Kulanz erhielten sie von der Bank und der Firma Paypal das Geld zurück, weiterer Schaden entstand der Familie nicht. Doch völlig spurlos ging die Geschichte an Martina Müller dennoch nicht vorbei: "Ein komisches Gefühl bleibt."