Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (links) mit seinem italienischen Kollegen Pier Carlo Padoan. Foto: dpa

Die Welt macht sich Sorgen über eine mögliche neue Schwächephase der globalen Konjunktur. Finanzminister und Notenbankgouverneure wollen der Eintrübung entgegenwirken. Schäuble warnt vor übertriebenem Pessimismus.

Washington - Finanzminister und Notenbankchefs aus aller Welt haben sich angesichts eingetrübter Wirtschaftsdaten für eine entschlossene Stärkung der globalen Konjunktur ausgesprochen. Reformen und Investitionen sollen das Wachstumspotenzial erhöhen und neue Arbeitsplätze schaffen, erklärte der Lenkungsausschuss des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington.

Zugleich warnte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor übertriebenem Pessimismus wegen der Konjunkturdelle in Deutschland. "Es gibt keinen Grund, die Weltwirtschaft in irgendeine Krise zu reden", sagte er zum Ende der Jahrestagung des IWF und der Weltbank in der US-Hauptstadt. Das Wachstum sei nach wie vor einigermaßen befriedigend. "Wir haben keinen Grund, irgendwelche dramatischen Spekulationen zu schüren."

"Kühn und anspruchsvoll"

Es sollten "kühne und anspruchsvolle" Maßnahmen ergriffen werden, um die Nachfrage neu zu beleben und ökonomische Engpässe zu beheben, hieß es in dem Abschlusspapier des IWF-Lenkungsausschusses (IMFC). "Unsere höchste Priorität muss sein, das heutige tatsächliche Wachstum und das morgige Wachstumspotenzial zu unterstützen."

Der IWF hatte seine Prognose des globalen Wachstums für dieses Jahr auf 3,3 Prozent gesenkt. Im April war der Wert noch 0,4 Prozentpunkte höher. Für 2015 korrigierte der Krisenhelfer seine Aussichten ebenfalls nach unten und rechnet nun mit 3,8 Prozent. Auch Deutschland büßte dabei deutlich ein. Die erneut verschlechterten Aussichten hatten bei der Jahrestagung von Finanzministern und Notenbankgouverneuren aus 188 Ländern Sorgen über eine neue globale Krise ausgelöst.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sagte, es gebe einen Widerspruch zwischen dem IWF-Ausblick und den tatsächlichen Diskussionen bei der Tagung. Die Prognosen seien nur moderat nach unten korrigiert worden. Die Erholung werde nicht grundlegend in Frage gestellt. Die deutsche Wirtschaft sei zwar schwächer, es gebe aber keinen Einbruch. Mehrfach seien auch früher schon Wachstumsraten überschätzt worden.

Lagarde: "Seid mutig"

Auch IWF-Chefin Christine Lagarde relativierte die Aussagen ihrer Ökonomen schließlich: "Das Wachstum ist zurück und wir haben eine Erholung", sagte sie, auch wenn die Daten leichter schlechter aussähen. Ihr Ziel für die Tagung sei gewesen, den Finanzministern und Notenbankgouverneuren "ein bisschen Feuer" zu machen. Sie habe ihnen zurufen wollen: "Seid mutig und benutzt all Eure Werkzeuge".

Drohende künftige Wachstumsprobleme müssten schnell durch Strukturreformen verhindert werden, forderte der IMFC-Vorsitzende, Singapurs Finanzminister Tharman Shanmugaratnam. "Unser Hauptanliegen ist, nach vorn zu blicken, damit wir das sehr echte Risiko einer längeren Phase mit unzureichendem Wachstum abwenden."

Auch zusätzliche öffentliche und private Investitionen in die Infrastruktur seien wichtig, um die Erholung zu unterstützen. Das gelte vor allem für Länder, in denen ein klarer Bedarf an Modernisierung bestehe, ökonomische Schwächen aufträten und die Haushaltslage den Spielraum dafür biete.

Zu den Gefahren für die Konjunktur zählt der Lenkungsausschuss, der die Mitgliedsstaaten des IWF vertritt, die anziehende Geldpolitik oder die anhaltende Niedriginflation in großen Volkswirtschaften. Auch ein risikoreicheres Verhalten an den Finanzmärkten und erhöhte geopolitische Spannungen seien problematisch. Beunruhigt zeigte sich das Gremium über die Ebola-Epidemie in Westafrika. "Wir sind zutiefst besorgt über die menschlichen und sozioökonomischen Auswirkungen."

Nach Darstellung Schäubles ziehen die Wirtschaftsmächte und der IWF an einem Strang. "Es stimmen alle überein: Wir brauchen mehr dauerhaftes Wachstum." Es bestehe Einigkeit darin, dass Strukturreformen, ein gesundes Finanzsystem sowie nachhaltige öffentliche Haushalte nötig seien. Vertrauen sei das Wichtigste. Die Geldpolitik könne die Erholung unterstützen, aber nicht Strukturreformen ersetzen. Zu Forderungen der internationalen Partner betonte Schäuble, die Bundesregierung und auch die Europäer wüssten um ihre Verantwortung für die Weltwirtschaft.