Die gezackten Berggipfel der Dolomiten sind etwas ganz Besonderes. Foto: Bok

Imposante Bergwelt, üppiges Pistennetz, gute Organisation: Dafür steht das Südtiroler Urlaubsgebiet Grödnertal in den Dolomiten. Zu Recht?

Der Pistenplan deckt den kleinen Tisch vollständig ab. Gleichwohl braucht man fast eine Lupe, um die vielen Namen der Skischaukeln, Berggipfel und bewirteten Hütten zu entziffern. Eine Wintersaison würde kaum reichen, um alle 1200 Pistenkilometer abzufahren, die mit dem Dolomiti-Superski-Pass zu erreichen sind. 500 Kilometer davon, ohne je in ein Auto oder einen Bus steigen zu müssen. „Es gibt weltweit kein Skigebiet, das mehr Abfahrten und Lifte bietet“, rechnet Günther Pitschneider vor. Der Marketing-Chef von Val Gardena (Grödnertal) sieht sein Revier auf Augenhöhe mit Kitzbühel, Zürs und Saas Fee. Nur bei den Preisen wollen die Südtiroler nicht zur snobistischen Topklasse gehören. Noch nicht.

Pisten für Genussskifahrer

Doch was fängt der Skifahrer, der kein Kilometerfresser sein will, an mit dieser Vielfalt, die sich über vier Täler und zwölf Skiarenen in drei italienischen Provinzen ausbreitet? Zwar registrieren die Bergbahnen jeden einzelnen Transport, aber Rückschlüsse, wie viele der Gäste tatsächlich die insgesamt 200 Aufstiegshilfen nutzen, werden nur zur internen Abrechnung gezogen. Von „Genuss“ ist viel die Rede rund um den Sellastock, wie das gezackte vulkanische Bergmassiv von den einheimischen Ladinern genannt wird: Die gut präparierten Pisten sollen dem Genussskifahrer nicht zu viel Kondition abverlangen. Die urigen Hütten, die an keiner Abfahrt fehlen, wollen den kulinarischen Kenner mit einer verfeinerten Regionalküche zum langen Verweilen verleiten. Und die hochalpine Landschaft der Dolomiten ist ohnehin der reinste Genuss für Augen und Seele.

Am besten, man nähert sich dieser imposanten Bergwelt gleich hinter dem Brenner über das Grödnertal. Hier bilden die Teilorte St. Ulrich, St. Christina und Wolkenstein die Gemeinde Gröden, die sich zu den „Leading Mountain Resorts of the World“ zählen darf. Hier war der geschäftstüchtige Bergfex Luis Trenker zu Hause, und hier ist das Herz der Ladiner. Die Sehnsucht nach Autonomie schafft Zusammenhalt und schirmt ab gegen den befürchteten „Ausverkauf an fremde Investoren“. Das bewahrt eine familiäre Atmosphäre, die der Gast spürt. Dass in Gröden auf 10 000 Einwohner „nur“ 18 000 Gästebetten mit 2,4 Millionen Übernachtungen im Jahr kommen, hält man für eine „erträgliche Relation“. Zum Vergleich verweisen die Ladiner etwa auf die nahe Konkurrenz in Cortina d’Ampezzo, „wo sich die reichen Mailänder mit Zweitwohnungen eindecken und den Ort veröden lassen“.

Die Skisafari bietet reichlich Abwechslung

Der Langkofel (3181 Meter), die sonnigen Logenplätze der Seiser Alm und der Ciampinoi mit seiner 3,4 Kilometer langen Weltcup-Abfahrt Saslong bieten dem Brettl-Fan reichlich Abwechslung. Erst recht die 8800 Meter lange La-Longia-Piste, die von Seceda nach St. Ulrich an dem schon legendären Fresstempel „Ustaria Costamula“ vorbeiführt. Doch der wirkliche Reiz liegt in der nahen Sellaronda. 26 der insgesamt 67 Kilometer langen Rundtour legt man selbst auf Skiern zurück - das schroffe Bergmassiv ständig im Blick. Die Skisafari, die man am besten in Wolkenstein beginnt, lässt sich in beide Richtungen bewältigen. Sportliche Fahrer sind bereits nach drei bis vier Stunden am Ziel und lästern über die „platt gewalzten Autobahnen“. Doch erstens gibt es bei guter Schneelage reichlich Gelegenheit, etwas abseits der Pisten zu wedeln und die schönsten Strecken mehrmals zu nutzen. Zweitens sollte der ambitionierte Urlauber die Seitentäler nicht außer Acht lassen: etwa das beschauliche Edelweißtal bei Colfosco oder das weitläufige Gebiet Alta Badia bei Corvara.

Wer die Herausforderung sucht, lässt sich mit der steilsten Seilbahn zum Pordoijoch befördern und wagt sich nach einem 40-minütigen Aufstieg in das enge Val Mezdi. Von Canazei lockt wiederum das Fassatal. Und drittens kann man in Arabba zur Marmolada-Runde abzweigen, was eine anstrengende Tagestour für Frühaufsteher ergibt. Doch egal, welche Touren der Gast wählt: Stets hat man eine imposante Bergwelt im Blick. Die kahlen Felsmassen vollführen ein lebhaftes Farbenspiel, sobald sich die Sonne im kristallhaltigen Gestein spiegelt. Denn an Sonnentagen mangelt es den Dolomiten auch im Winter nicht. Allenfalls an ausreichend Schnee. Bereits 1962 wurde deshalb im Grödnertal die erste Schneekanone aufgestellt. Heute lassen sich 98 Prozent der Abfahrten mit künstlichem Weiß eindecken. Und wer nach Erholung anderer Art sucht, zieht sich in eine der vielen Wellness-Oasen zurück.

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Skilaufen

Der relativ geringe Aufpreis rechtfertigt den Dolomiti-Superski-Pass, der für insgesamt 1200 Pistenkilometer gilt. So vermeidet man jegliche Abgrenzungsprobleme. Der Pass kostet ab 43 bis 54 Euro für einen Tag beziehungsweise zwischen 220 und 275 Euro für sechs Tage. Die 26 Pistenkilometer der Sellaronda sind gut ausgeschildert und selbst für eher gemütliche Skiläufer stressfrei an einem (halben) Tag zu meistern. Die Pisten sind bestens präpariert.

Unterkunft

18 000 Betten in Gröden bieten für jeden Geldbeutel etwas - vom Fünf-Sterne-Haus bis zum neuen Smarthotel. Ab Mitte März werden etwas günstigere „SuperSun“- und „SuperKids“-Pauschalen angeboten, www.valgardena.it .
Wer dem Sternenhimmel ganz nah sein will, fährt mit der Standseilbahn von St. Ulrich zur 2200 Meter hoch gelegenen Raschötz Alm, die noble Abgeschiedenheit ab 110 Euro (pro Person pro Nacht) bietet, http://www.rasciesa.com/deu/berghaus.htm

Essen und Trinken

In den Dolomiten lohnen sich Pausen zur Einkehr, die Abfahrten sind reich bestückt mit bewirteten Hütten. Besonders zu empfehlen: Grödner Rösti, das in der Usteria Costamula serviert wird, www.costamula.com .
Zirbel-Risotto und Schlutzkrapfen tischt Heidi Delazer im liebevoll eingerichteten Hüttenrestaurant L’Muline hoch über Wolkenstein auf, www.l-muline.com.