Dennis Stock (Robert Pattinson) fotografiert In „Life“ James Dean (Dane De Haan) Foto: Verleih

In den 1970ern fotografierte Anton Corbijn die Rolling Stones und Frank Sinatra, nun setzt er in „Life“ einem anderen Fotografen ein Denkmal: Dennis Stock, der den Schauspieler James Dean mit einer Fotoserie zur Ikone der Jugendkultur machte.

Berlin - Mr. Corbijn, könnte man „Life“ als Ihren bisher persönlichsten Film bezeichnen?

Das könnte man insofern sagen, weil der Film tatsächlich viel mit meinem Leben zu tun hat. Auch ich habe meine Karriere als Fotograf angefangen und hatte es dabei mit vielen Leuten im Licht der Öffentlichkeit zu tun. Zwischen Fotograf und Star kann sich ein besonderes Verhältnis bilden, auch wenn ich das nie so erlebt habe wie in „Life“ geschildert. Gewiss ist es ein persönlicher Film, aber nicht emotional gesehen.
Heißt das, Sie hatten nie eine Beziehung zu einem Ihrer Modelle, die vergleichbar ist mit der zwischen Dennis Stock und James Dean?
Doch, sonst wäre ich an den Film gar nicht so interessiert gewesen. Anfang der 1970er traf ich in Holland auf einen Piano-Spieler. Ich fing an, ihn zu fotografieren, dann wurden daraus immer mehr Fotos. Er veröffentlichte sein erstes Soloalbum und wurde in den Niederlanden als größter Rockstar, der auch in Deutschland bekannt wurde. Sein Name war Hermann Brood. Das Verhältnis, das zwischen uns durch die Fotografie entstanden war, änderte sich damit, weil ihn plötzlich alle fotografieren wollten. Ich konnte das nicht verstehen und fragte: Was ist aus unserer Sache geworden? Es bestand keine Balance mehr, und wahrscheinlich war sie auch nie vorhanden.
Worum es letztlich auch in „Life“ geht . . .
Sicherlich! Dennis Stock glaubt, er würde James Dean einen Gefallen tun, wenn er ihn fotografiert, und James Dean denkt, er würde Dennis Stock einen Gefallen tun, indem er ihm erlaubt, die Bilder zu machen. Die Balance zwischen ihnen ist sehr filigran, aber auch sehr spannend.
Widmen Sie sich der Geschichte auch, weil James Dean eine Art Idol für Sie ist?
Da enttäusche ich Sie wahrscheinlich, wenn ich das jetzt verneine. Zwar bin ich im gleichen Jahr geboren, in dem er starb, wir verweilten nur wenige Monate gemeinsam auf der Erde, aber in meiner Jugendzeit habe ich nie einen James-Dean-Film gesehen. Klar entdeckte ich irgendwann Posters mit ihm, aber meinen ersten Film mit Dean sah ich relativ spät in meinem Leben. Mit „Life“ wollte ich aber auch keinen Film über James Dean machen, vielmehr steht für mich der Fotograf Dennis Stock im Mittelpunkt.
Warum blenden Sie am Ende des Films Originalfotos von James Dean ein, nachdem die Zuschauer die ganze Zeit über Dane DeHaan in der Dean-Rolle gesehen haben?
Das war eine bewusste Entscheidung und ich bin froh, dass ich es getan habe. Lange Zeit habe ich mich auch dagegen gesträubt, aber irgendwie wollte ich doch, dass die Originale Teil des Films werden. Deshalb sieht man sie immer wieder mal auch während des Films, etwa wenn sie sich die Kontaktabzüge ansehen oder im Büro des Agenten von Dennis Stock. Ich wollte, dass sie sich organisch einfügen. Wenn man die Originalbilder dann am Ende nochmals richtig sieht, ist das emotional sehr ergreifend – finde ich zumindest.
Mussten Sie viel recherchieren, um die Story von Dennis Stock und James Dean zusammenstellen zu können?
Damit hatte ich nichts zu tun, denn als ich an Bord kam, stand mir bereits ein fertiges Drehbuch zur Verfügung. Luke Davies hat es geschrieben, und er stellte zuvor Recherchen an, indem er sich unter anderem mit Dennis Stocks Sohn traf, der aber seinen Vater kaum kannte. Außerdem sprach er mit Markie, dem Cousin von James Dean, und mit Dennis Stocks letzter Ehefrau, von denen er weit mehr Informationen bekam. Natürlich musste alles etwas dramatisiert werden, weshalb der Film ein wenig von den realen Begebenheiten abweicht. Aber wahr ist, dass Stock und Dean eine intensive Phase miteinander verbrachten, die bei beiden noch lange nachgewirkt hat.
Haben Sie ein Beispiel dafür, wie der Film von der Realität abweicht?
Im Film wirkt es am Ende so, als seien sich die beiden danach nie wieder begegnet. Tatsache ist jedoch, dass Dennis Stock von James Dean für „ . . . denn sie wissen nicht, was sie tun“ als Ratgeber angestellt wurde. Er wollte ihn also definitiv noch um sich haben.
Wie schwierig war es für Sie, einen Schauspieler zu finden, dem man die Rolle des James Dean abnehmen würde?
Das war wirklich nicht einfach. Ich wollte schon einen guten Schauspieler und nicht nur jemanden, der genauso aussieht wie James Dean. Ich finde, Dane DeHaan macht seine Sache wirklich gut. Man nimmt ihm die Transformation ab. Sobald er die Leinwand betritt, denkt man nur noch an James Dean. Damit das funktioniert, war es natürlich auch nötig, sein Aussehen anzupassen.
Wie viel Aufwand war es, die 1950er Jahre wieder aufleben zu lassen?
Das ist wirklich schon lange her und es stellte sich heraus, dass es so gut wie unmöglich war, noch Originalschauplätze aus jener Zeit zu finden. Man konnte jetzt auch nicht einfach den Times Square in New York wieder so herrichten wie damals – unmöglich. Das ging nur mit einem teilweise nachgebauten Set vor einem Blue Screen. Wir haben hauptsächlich in Kanada gedreht und mussten die restlichen Drehorte sehr präzise wählen, um den Zuschauern zumindest das Gefühl zu geben, dass wir uns in den 1950ern befinden.
Wie gefallen Ihnen eigentlich ganz persönlich die Fotografien von Dennis Stock mit James Dean?
Sie gefallen mir außerordentlich gut. Denn als ich mit der Fotografie begann, war ich noch sehr schüchtern und wusste nicht wirklich, wie ich es anstellen soll. Also fotografierte ich Menschen in ihrer gewohnten Umgebung. Dennis Stock beschritt einen ähnlichen Weg. Man könnte den Stil seiner Bilder fast schon dokumentarisch nennen. Er hat nur wenige Porträts gemacht, sondern Menschen in ihrer Umgebung abgelichtet. Dafür können wir dankbar sein, denn seine Fotos sind auch Zeitdokumente. Man sieht stets Details der Umgebung wie Autos und Straßen und kann ausmachen, ob das Bild in den 1950ern, 1960ern oder 1970ern entstanden ist. Mich spricht das immer wieder an.

Der Film ist ab 6 Jahren freigegeben und läuft in Stuttgart im Kino Delphi