In der zweitgrößten Volkswirtschaft in China ist das Wachstum im vergangenen Jahr mit 7,4 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 1990 gefallen. Foto: dpa

Trotz des Rückenwinds durch niedrige Ölpreise senkt der Internationale Währungsfonds seine Prognose für die Weltwirtschaft. In China ist das Turbo-Wachstum vorbei. Auch Deutschland wächst langsamer als erwartet.

Peking - Das schwächste Wachstum in China seit knapp einem Vierteljahrhundert bremst auch die Weltkonjunktur. Trotz der günstigen Ölpreise und der Erholung in den USA werde die globale Wirtschaft in diesem Jahr langsamer als erwartet wachsen, sagte der Internationale Währungsfonds (IWF) am Dienstag in seinem weltweiten Konjunkturausblick voraus. Der IWF schraubte seine Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft in diesem Jahr um 0,3 Punkte auf 3,5 Prozent Wachstum nach unten (2016: 3,7).

Für Deutschland werden nur 1,3 Wachstum in diesem Jahr und 1,5 Prozent im nächsten Jahr vorausgesagt. Das sind 0,2 und 0,3 Punkte weniger als bei der letzten Prognose im Oktober, wie aus dem Bericht hervorgeht, den der IWF erstmals in Peking vorlegte. Die Euro-Zone kann wegen schwächerer Investitionsaussichten nur mit 1,2 Prozent Wachstum (minus 0,2 Punkte) rechnen. 2016 sollen es 1,4 Prozent werden - 0,3 Punkte weniger als bisher erwartet.

In der zweitgrößten Volkswirtschaft in China fiel das Wachstum im vergangenen Jahr mit 7,4 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 1990, dem Jahr nach der blutigen Niederschlagung der chinesischen Demokratiebewegung, als Wirtschaftssanktionen gegen China verhängt worden waren. Damit wurde das Ziel der Regierung, die 7,5 Prozent angestrebt hatte, erstmals seit 1998 - wenn auch nur knapp - verfehlt. Im letzten Quartal 2014 wuchs die Wirtschaft nur noch um 7,3 Prozent, wie das Statistikamt berichtete.

Die schwächere Konjunktur in China wird sich nach Angaben des Präsidenten der EU-Handelskammer in China, Jörg Wuttke, auch auf die deutsche und europäische Wirtschaft auswirken. Die Erwartungen an Wachstum und Margen in China müssten in den nächsten zwei, drei Jahren zurückgeschraubt werden. Auch dürften Investitionen hinausgezögert werden. Der Währungsfonds rechnet in diesem Jahr mit einer Verlangsamung des Wachstums in China auf 6,8 Prozent - 0,3 Punkte weniger als bisher vorhergesagt.

Allein die USA haben sich schneller als erwartet erholt

Mit dem langsameren Wachstum in China, dem Euro-Raum, in Japan, Russland und anderen Ölexport-Ländern verschlechtern sich auch die Aussichten für die Weltkonjunktur. Die Vorteile durch niedrige Ölpreisen würden durch negative Faktoren wie schwächere Investitionen „mehr als ausgeglichen“, sagte IWF-Forschungsdirektor Olivier Blanchard in Peking. „Die Welt steht vor starken und komplizierten Gegenströmungen“, sagte Blanchard. „Auf der einen Seite wirkt sich der Rückgang der Ölpreise positiv auf größere Volkswirtschaften aus. Auf der anderen Seite beeinträchtigen schlechtere, langfristige Aussichten in vielen Teilen der Welt die Nachfrage, was einen starken Sog auslöst.“

Allein die USA haben sich schneller als erwartet erholt. Die Wachstumsvorhersage für die größte Volkswirtschaft wurde wegen der starken heimischen Nachfrage um 0,5 Punkte auf 3,6 Prozent nach oben korrigiert. Besorgt verfolgt der Währungsfonds aber die Stagnation und die niedrige Inflation in der Euro-Zone und in Japan, dessen Wachstum enttäuschte. Japan soll in diesem Jahr nur um 0,6 Prozent zulegen, 0,2 Punkte weniger als erwartet.

Wegen der gesunkenen Einnahmen aus Ölexporten und der politischen Spannungen soll Russlands Wirtschaft in diesem Jahr nach den IWF-Erwartungen sogar um 3 Prozent schrumpfen. Hier wurde die Prognose kräftig um 3,5 Prozent nach unten korrigiert. Risiken für die Weltwirtschaft sieht der Währungsfonds auch in einer Sprunghaftigkeit auf globalen Finanzmärkten - besonders in Schwellenländern, wo niedrige Ölpreise vor allem Ölexporteure anfällig machten. „Selbst mit dem starken Rückgang der Ölpreise sind die Aussichten für die Weltwirtschaft weiter gedämpft, belastet durch zugrundeliegende Schwächen an anderer Stelle“, stellt der IWF-Bericht fest.