Eine Frau mit Kopftuch während der Vergabe von Zertifikaten für einen Sprachkurs. Laut der Bertelsmann.Studie sprechen immer mehr Muslime Deutsch. Foto: dpa-Zentralbild

Die jüngste Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Integration von Muslimen ist mal wieder nach dem Motto von Pippi Langstrumpf gestrickt, meint unser Autor Rainer Wehaus. Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt.

Stuttgart - Deutschland muss dran glauben. Das sagen die von der rechtsgerichteten Partei AfD. Die massenhafte und unkontrollierte Zuwanderung der vergangenen Jahre werde dafür sorgen, dass Deutschland bald nicht mehr Deutschland ist. Die meisten Menschen nämlich, die zu uns kommen, sind nach dieser Lesart nicht integrierbar – zu schlecht qualifiziert, zu fremd, zu unwillig. Kurzum: Es wird so kommen, wie es der höchst umstrittene SPD-Politiker Thilo Sarrazin schon vor sieben Jahren in einem Buchtitel vermerkt hat: Deutschland schafft sich ab.

Einseitige Sichtweise

Deutschland muss dran glauben. Das sagen auch jene, die die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigen – allerdings mit einem anderen Zungenschlag. Deutschland müsse dran glauben, dass Integration möglich sei, sagen sie, dann werde man das auch schaffen. Damit dieser Glauben entsteht (oder nicht verloren geht), werden die positiven Fälle gelingender Integration in den Vordergrund gestellt. Die Schattenseiten blendet man lieber aus.

Deutliche Fortschritte?

Ein schönes Beispiel dafür kam am Donnerstag auf den Meinungsmarkt: Die Bertelsmann-Stiftung veröffentlichte eine Studie, derzufolge die Integration der rund 4,7 Millionen Muslime in Deutschland vorankommt. Man mache deutliche Fortschritte, hieß es, die befragten Muslime, übrigens allesamt vor dem Jahr 2010 ins Land gekommen, sind demnach in ihrer großen Mehrzahl in Deutschland inzwischen gut integriert. Kein Wort über Abschottungstendenzen der hier lebenden Türken, über Schulprobleme, Arbeitslosigkeit, Kriminalität – die Verfasser der Studie haben sich eine Welt gebastelt, so wie sie ihnen gefällt.

Deutschland retten oder die Welt

In Sachen Zuwanderung und Integration hat Deutschland noch immer kein gesundes Maß gefunden. Man kann in der Debatte nur wählen zwischen Himmel und Hölle: Entweder ist alles gut oder alles schlecht. Die einen prophezeien den Untergang des Abendlands, die anderen eine Zukunft voller Chancen und Vielfalt. Wie so oft hierzulande wird die Debatte auch moralisch überhöht und somit irrational. Die einen geben vor, Deutschland retten zu wollen, die anderen retten gleich die ganze Welt. Das eine ist nicht nötig, das andere schlicht nicht möglich.

Europas Aufgabe

Was unter anderem dringend nötig wäre: sichere EU-Außengrenzen. Integration beginnt beim Einlass, bei der Auswahl derer, die nach Europa kommen wollen. So machen es alle klassischen Einwanderungsländer. Die Sicherung der Grenzen müsste für die EU Thema Nummer eins sein, denn der Vormarsch von Rechtspopulisten in fast allen EU-Ländern zeigt: Ein Europa, das seine Grenzen nicht schützen kann, braucht kein Mensch. Wer das noch immer nicht wahrhaben will, betreibt letzten Endes nur das Geschäft derer, die sich für eine totale Abschottung stark machen.

Merkels Fehler

Wie Integration nicht gelingt, nicht gelingen kann, hat Merkel mit ihrer unbedachten Flüchtlingspolitik gezeigt. Nur ein Bruchteil der vielen Flüchtlinge und Armutszuwanderer, die in den letzten Jahren ins Land gekommen sind, sind bislang in Lohn und Brot. Die Gefängnisse – zumindest die in Baden-Württemberg – werden immer voller; selbst notorische Straftäter wird Deutschland nicht mehr los, weil die meisten Flüchtlinge ihre Papiere wegwerfen, bevor sie ins Land kommen und das Schlüsselwort „Asyl“ aussprechen. Integriert werden die Menschen vor allem in die Sozialsysteme. Die deutschen Sozialausgaben pro Jahr kratzen bereits an der Billionengrenze und werden weiter steigen. Deutschland muss deshalb nicht dran glauben. Aber es wäre schön, wenn Deutschland etwas daraus lernt.