In den vergangenen Jahren sind immer mehr Kunden lieber zum Schlecker-Konkurrenten dm gegangen. Foto: dpa

Drogerieriese ist pleite, will Konzern aber mit bestehender Geschäftsleitung sanieren.

Stuttgart/Ehingen - Für die Schlecker-Mitarbeiter in Stuttgart kommt die Meldung völlig überraschend. Manche erfahren über Kunden, dass ihr Arbeitgeber nun wahr gemacht hat, was sie schon lange befürchten: Das Unternehmen hat eine sogenannte geplante Insolvenz angekündigt.

Das bedeute, dass Schlecker einen Antrag auf Insolvenz stellt und diesen direkt mit einem Vorschlag für die Sanierung verbindet, sagt ein Sprecher des Unternehmens. „Man kann davon ausgehen, dass der Geschäftsbetrieb weitergeführt wird“, meint eine mit der Thematik vertraute Person, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Ich glaube auch nicht, dass Personalmaßnahmen unmittelbar bevorstehen.“ Auch das Gehalt der 30.000 Mitarbeiter sei sicher, „zumindest für die kommenden drei Monate“. So lange wird von der örtlichen Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld gezahlt. Das Geld komme aber nicht aus dem Etat der Bundesagentur beziehungsweise vom Steuerzahler: „Jedes Unternehmen zahlt für solche Fälle das Jahr über einen bestimmten Betrag in einen Topf ein.“

Insolvenzverfahren im April

Der Sprecher des Unternehmens hat angekündigt, den Insolvenzantrag am Wochenende oder am Montag zu stellen. „Spätestens am 1. April wird dann das Insolvenzverfahren eröffnet“, sagt der Insolvenzexperte. „Es sollte eine wie auch immer geartete Fortführungslösung beinhalten.“ Eigentlich kann das Insolvenzverfahren vom Datum der Antragstellung an eröffnet werden. In der Regel brauche es aber sechs bis acht Wochen, so der Experte. Ob das Verfahren eröffnet wird oder nicht, hängt davon ab, wie lange der vorläufige Insolvenzverwalter braucht, um für das Insolvenzgericht ein Gutachten zu erstellen.

Dort müssen die Fragen geklärt werden, ob wirklich Zahlungsunfähigkeit vorliegt und ob die für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens notwendige Masse vorliegt. „Das ist bei Schlecker der Fall.“ Die Geschäftsführung könne nur dann die Sanierung leiten, wenn das Insolvenzgericht dies anordnet, so der Experte. „Dies kommt sehr, sehr selten vor – etwa bei einem Prozent der Fälle.“

Kritik von Verdi

Für die Mitarbeiter gilt bis Juli ein Beschäftigungssicherungs-Tarifvertrag. „Grundsätzlich ist ein Insolvenzverwalter an bestehende Tarifverträge gebunden“, sagt der Experte. „Ausnahmen müssten sich aus dem Vertrag selbst ergeben.“

Die Gewerkschaft Verdi kritisiert, dass Schlecker so lange schlecht und intransparent gewirtschaftet hat – und erst vor kurzem Besserung gelobt hat. „Unser absolutes Ziel ist nun, die Arbeitsplätze zu erhalten“, sagt Bernd Riexinger, Verdi-Geschäftsführer im Bezirk Stuttgart. „Dafür kämpfen wir.“

Schlecker ist eigentlich gerade dabei, sich neu zu erfinden. Mit Hilfe des Programms „Fit for Future“ wollte sich der Konzern dieses Jahr wieder in die Gewinnzone manövrieren. Dabei will Schlecker nicht nur das Arbeitsklima verbessern und engere Kontakte zur Gewerkschaft und zu den Betriebsräten pflegen, sondern auch unrentable Filialen schließen. Allein für diesen und kommenden Monat war die Schließung von über 600 Filialen geplant. Wie es nun mit dem Umbau weitergeht, wollte ein Sprecher am Freitag nicht beantworten.