Roboter in Reinraum beim Stuttgarter Fraunhofer-IPA-Institut Foto: Fraunhofer IPA

Ein Konsortium aus Industrie und Forschungseinrichtungen plant in Stuttgart den Bau neuartiger Hochleistungs-Energiespeicher. Dem Land Baden-Württemberg ist die Idee Millionen Euro an Fördergeld wert.

Stuttgart - Neuartige Energiespeicher gelten als Schlüssel zur Umsetzung der Energiewende und als Voraussetzung für Zukunftstechnologien wie Elektromobilität.

Industrie und Forschung in Deutschland setzen dabei nicht mehr allein auf klassische Batterietechnik, sondern beschreiten neue Wege. Ein am Montag in Stuttgart vorgestelltes millionenschweres Forschungsprojekt namens Fast-Storage-BW, zielt auf sogenannte Power-Caps.

„Mit dem Projekt können gleich zwei Ziele erreicht werden“, sagte Baden-Württembergs Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid. Zum einen werde die Elektromobilität durch kürzere Ladezeiten attraktiver. Zum anderen werde die Umsetzung der Energiewende vorangetrieben durch bessere Speichermöglichkeiten von zurückgewonnener Energie.“ Die sogenannten Power-Caps, in deren Entwicklung allein das Wirtschaftsministerium im Land bis Ende 2017 rund 25 Millionen Euro investieren will, haben gegenüber herkömmlichen Speichern erhebliche Vorteile.

Anders als Lithium-Ionen-Akkus, die in modernen E-Autos eingebaut sind, können sie innerhalb von Sekunden aufgeladen werden und haben eine viel größere Lebensdauer. Die Energie speichern sie ohne nennenswerte Verluste über Tage und Wochen und können sie bei Bedarf in sehr kurzer Zeit wieder abgeben. Damit stellen Power-Caps eine Mischung aus bisherigen Akku-Technologien und Hochleistungskondensatoren – sogenannte Super-Caps – dar. Diese kranken ihrerseits an vergleichsweise geringen Speicherkapazitäten. Darüber hinaus entladen sie sich schnell selbst.

„Die hier entstehenden neuartigen Speicher vereinen die Vorteile von Superkondensatoren und Batterien“, sagt Thomas Bauernhansl, Leiter des Fraunhofer-Instituts IPA unter dessen Ägide in den kommenden Jahren die nötigen Produktionsprozesse und geeignete Werkstoffe entwickelt werden sollen. Mit von der Partie sind weitere Institute sowie Firmen wie Daimler, Porsche, der Werkzeughersteller Festool, der Maschinenbauer SEW Eurodrive oder Varta Microbattery aus Ellwangen. Die Landesmittel wollen die Industriepartner auf insgesamt 60 Millionen Euro für das Gesamtprojekt aufstocken.

Varta, das derzeit in Ellwangen eine Akkufabrik für sehr kleine Lithium-Ionen-Akkus erreichtet, sieht in den neuen Power-Caps einen „zwei bis drei Milliarden Euro“ schweren Markt. „Wir möchten die Technologie in die Produktion umsetzen“, sagte Herbert Schein, Vorstandsvorsitzender von Varta Microbattery. Ziel sei es, die „weltweite Führerschaft“ in dem Segment. Gelingen soll das vor allem über smarte Kleinprodukte, sogenannte Wearables – also mit Chips und Sensoren ausgestatteten Smart-Watches, Fitnessarmbändern oder anderen Life-Style-Produkten, die in Kombination mit Smartphones und Tablet-Computern immer mehr Einzug halten.

Vor allem bei der Energierückgewinnung spielen die neuen Speicher aber ihre Stärken aus. Durch die Speicherung von Bremsenergie in Autos über Power-Caps lasse sich der Kraftstoffverbrauch um fünf bis zehn Prozent senken, sagte Schmid.

Autobauer suchen wegen strengerer EU-Vorgaben derzeit händeringend nach Möglichkeiten, die Verbräuche außerhalb der Motorenentwicklung weiter zu senken. Power-Caps, die freiwerdende Bremsenergie aufnehmen können, sind hier eine Möglichkeit.

Speziell in der Industrie, das haben Studien des IPA ergeben, sind die Energieeffizienz-Potenziale riesig. Der Maschinenbauer SEW Eurodrive beispielsweise hat bei Tests mit Förderrobotern, in die Power-Caps integriert waren, 28 Prozent Energie eingespart. Nebeneffekt: Über die Power-Caps können sogenannte Lastspitzen in Firmen vermieden werden, weil die Speicher in Zeiten hohen Stromverbrauchs Energie freisetzen. Die Leitungskapazitäten könnten so drastisch gesenkt werden, sagte Bauernhansl. Für Firmen ist das ein erheblicher Anreiz zu Investitionen, weil die Energieinfrastruktur einen großen Kostenblock darstellt.

In Ulm hat das Land rund 10 Millionen Euro in den Aufbau einer Pilotfertigung für Lithium-Ionen-Akkus gesteckt. Federführend ist hier das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung (ZSW)