An diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) erwartet den VfB Stuttgart beim starken Aufsteiger FC Ingolstadt sicher kein Freundschaftsspiel. „Wir müssen von unserem Gegner nicht geliebt werden für die Art, wie wir spielen“, sagt Trainer Ralph Hasenhüttl (48).

Stuttgart – - Herr Hasenhüttl, worauf darf sich der VfB Stuttgart am Samstag bei seinem ersten Bundesligaspiel in Ingolstadt gefasst machen?
Auf eine Mannschaft, die mit 32 Punkten aus 25 Spielen über viel Selbstvertrauen verfügt. Und die gerade zu Hause nicht so einfach zu bespielen ist. Hinten schwer zu knacken und vorne selbst torgefährlich. Das wollen wir auch gegen Stuttgart zeigen.
Sie werden dem VfB nichts schenken – auch wenn Sie bei acht Punkten Vorsprung auf Platz 16 mit dem Kampf gegen den Abstieg nichts mehr zu tun haben dürften.
Oh, das sagen Sie! Wir sind mit 32 Punkten noch lange nicht durch.
Wie viele Punkte werden in diesem Jahr nötig sein?
Ich rechne mit mindestens 36. Unser Ziel ist es aber, die 40 zu erreichen, um ganz sicherzugehen.
Inwieweit überrascht Sie das gute Abschneiden Ihrer Mannschaft?
Ich habe schon vor der Saison gesagt, dass wir drinbleiben. Überraschend ist vielleicht, dass wir noch nie schlechter standen als auf Platz zwölf. Das haben uns viele nicht geglaubt; gerade, weil wir ja fast mit demselben Kader wie in der zweiten Liga weitergemacht haben. Bei uns passen die Abläufe und Automatismen. Das ist unser größtes Pfund und lässt uns bisweilen selbst mit den großen, etablierten Mannschaften auf Augenhöhe agieren. Zumindest ein Spiel lang.
Sehen Sie für Ingolstadt dauerhaft das Potenzial für die Bundesliga? Ist ja nicht so einfach, sich zwischen großen Standorten wie München, Nürnberg und Augsburg zu behaupten.
Wir sind im ersten Jahr dabei und können uns allein deshalb noch nicht als feste Größe der Fußball-Bundesliga bezeichnen. Wir haben das kleinste Stadion und zusammen mit Darmstadt den kleinsten Etat. Aber unser Umfeld hat Wachstumspotenzial . . .
. . . vor allem wenn Audi noch was draufpackt.
Das ist vielleicht die Außensicht, es entspricht aber nicht der Realität. Audi ist ein wichtiger Sponsor, der die kontinuierliche Entwicklung befürwortet – Schritt für Schritt.
Der aber immerhin 20 Prozent Anteile an der FC Ingolstadt Fußball GmbH hält. Was ist der FCI in Ihren Augen: ein Werkclub? Ein kleiner Werkclub? Oder einfach nur ein erfolgreicher Fußballverein ohne große Tradition?
Ein Werkclub sind wir auf keinen Fall, davon sind wir meilenweit entfernt, das ist Fakt. Dieses Image haben wir auch längst abgelegt. Wir sind ein kleiner und junger Verein, der mit seriöser Arbeit eine fantastische Entwicklung genommen hat.
Sind Sie als solcher auch aufgenommen worden in der Bundesliga? Oder gab es auch Anfeindungen, wie sie beispielsweise die Hoffenheimer immer wieder erfahren?
Nein, im Gegenteil. Wir bekommen eine Menge positives Feedback. Sogar von den Großen der Liga sind wir für unsere Spielweise gelobt worden. Wir spielen immer sehr mutig mit – das schaffen nicht viele andere Vereine in ihrem ersten Bundesliga-Jahr.
Die Spieler vom Hamburger SV sehen das anders. Sie bezeichneten das Spiel und die Verhaltensweisen Ihrer Mannschaft auf dem Platz jüngst als eklig.
Genau genommen waren das zwei HSV-Spieler, die mit unserer Spielweise ihre Probleme hatten. Fakt ist, wir waren die bessere Mannschaft, haben uns zahlreiche Chancen erspielt und hätten die Partie sogar gewinnen können.
Borussia Mönchengladbach hat sich ähnlich abschätzig geäußert.
Auch Mönchengladbach hat versucht, unsere Leistung kleinzureden. Ich habe ein Spiel gesehen, das wir mindestens eine Stunde lang beherrscht haben. Dass das einem Champions-League-Teilnehmer nicht gefallen kann, ist uns klar. Aber wissen Sie was?
Bitte.
Wir müssen von unserem Gegner nicht geliebt werden für die Art und Weise, wie wir spielen. Uns war schon im Voraus klar, dass wir nur gern gesehen sind, wenn wir als Aufsteiger brav die Punkte dalassen und schnell wieder verschwinden. Aber wir sind gekommen, um zu bleiben.
Auch Sie agieren an der Seitenlinie immer sehr temperamentvoll. Gehören diese Emotionen dazu, um spielerische Nachteile gegenüber den etablierten Teams auszugleichen?
Mein Torjubel ist sehr exzessiv – das sei mir verziehen. So viele Tore schießen wir ja nicht (lacht). Aber was den Umgang mit Schiedsrichtern und Gegner anbelangt, bin ich einer aus der ruhigeren Zunft. Ich glaube, dass ich mich in der Regel sehr respektvoll anderen gegenüber verhalte.
Sie sind einer der Trainer-Aufsteiger dieser Saison – und andernorts heiß begehrt. Haben Sie sich schon entschieden, ob es für Sie nach der Saison weitergeht in Ingolstadt?
Die Frage stellt sich für mich im Moment nicht, da ich noch ein Jahr Vertrag habe.
Aber andere Angebote bringen Sie schon ins Grübeln?
Nein, ich lasse mir deshalb nicht den Kopf verdrehen. Ich fühle mich wohl bei den Schanzern und möchte die Entwicklung hier weiter mitgestalten.
Zum VfB haben Sie einige Verbindungen.
Ja, richtig. Vor allem über meinen Sohn Patrick, der in der B- und A-Jugend beim VfB gespielt hat. Mit Robin Dutt habe ich zusammen den Trainerschein gemacht, und Jürgen Kramny kenne ich noch gut aus gemeinsamen Drittliga-Zeiten. Er war Trainer beim VfB II, ich beim VfR Aalen. Im Auswärtsspiel im Gazistadion haben wir damals den Aufstieg in die zweite Liga gefeiert – insofern habe ich sehr gute Erinnerungen an Jürgen Kramny (lacht).
Ihr Sohn spielt mittlerweile ebenfalls in Ingolstadt, für die U 19.
Der FCI wollte Patrick unbedingt haben. Ich habe aufgrund der fehlenden Objektivität meine Bedenken geäußert, aber die Verantwortlichen haben sich trotzdem für seine Verpflichtung entschieden. Er fühlt sich wohl hier – es wird aber wohl nie den Spieler Hasenhüttl unter dem Trainer Hasenhüttl geben.
Und am Samstag werden Sie Ihren alten Kollegen zeigen, wie Fußball made in Ingolstadt funktioniert.
Ich denke, das wissen sie schon jetzt. Mit dem VfB haben wir nach dem 0:1 im Hinspiel noch eine Rechnung offen. Damals haben wir sehr unglücklich verloren – jetzt wollen wir zeigen, dass wir in unserer Entwicklung einen Schritt weiter sind.