Mit "Salvete amicorum" begrüßt "Marcia", alias Museumsführerin Martina Schulz, ihre Gäste beim Rundgang durchs Römerbad. Foto: Volk Foto: Schwarzwälder-Bote

Hüfingen hat eine der ältesten römischen Baderuinen nördlich der Alpen 

Von Corina Volk

Hüfingen. Etwas abseits gelegen an der munter dahin fließenden Breg, eingebettet zwischen Kräuter- und Orchideenlehrpfad, sieht man von Weitem zunächst nur eine Scheunenkonstruktion. Erst beim Näherkommen verrät ein kleines Schild, dass es sich hier um eines der besterhaltenen Kastellbäder nördlich der Alpen handelt. Auf ihrem Eroberungszug vom Alpenvorland bis zur Donau hatten die Römer anscheinend nicht nur Wein, gutes Essen und Waffen in ihrem Gepäck: Mit ihrem fundierten Wissen um die gesundheitliche Wirkung von kaltem und warmen Wasser auf den menschlichen Organismus brachten sie die Badekultur in die neue Heimat. Auch in Hüfingen kann man noch eine der römischen Baderuinen besichtigen.

Mit einem herzlichen "Salvete amicorum" und einer einladenden Handbewegung begrüßt "Marcia" alias Gästeführerin Martina Schulz die kleine Gruppe. Stilecht gekleidet in weißer Tunica und roter Palla, welche mit einer Gewandspange an ihrer rechten Schulter befestigt ist, hält sie einen kleinen geflochtenen Weidenkorb in der Hand. Darin enthalten sind die wichtigsten Badeutensilien jener Zeit: hölzerne Badeschuhe, ein kleiner Bronzelöffel, ein seltsam geformter Gegenstand, der sich Strigilis nennt, ein Glasfläschchen mit geheimnisvoll aussehendem Inhalt und eine Schweineblase.

Ein Vortrag über "Wellness der Antike" beginnt. Im Jahr 60 nach Christus errichteten die Römer an der älteren Donaulinie des Raetischen Limes ein Kastell, um das nach und nach eine gemeinschaftliche Siedlung erwuchs. Brigobannis nannten sie den kleinen Ort. Knapp neun Jahre später entstand die großzügig angelegte Therme.

Sand und kleine Steine knirschen unter den Schuhen der Besucher, als sie durch die niedrige Holztür die ehemalige Anlage betreten. Sonnenstrahlen fallen durch die Mauerlücken und tauchen den großzügig angelegten Vorraum in ein warmes Licht. Hier entledigten sich die Badegäste damals ihrer Kleidung. Steinerne Nischen und Bänke dienten als Ablage. "Getrennte Umkleidekabinen gab es nicht", erklärt Marcia. Eine Badeordnung regelte zwar die Benutzung des Bades zwischen Männer und Frauen, die jedoch nach der aktuellen Gemütsverfassung des damaligen Herrschers Vespasian mal mehr oder weniger streng ausgelegt wurde. Gebadet wurde selbstverständlich nackt. Größere Badestätten verfügten über ein angrenzendes "Entertainment", das aus Sportstätten, Bibliotheken und Verköstigungsmöglichkeiten bestand. Dort trugen die Römerinnen die schon damals bekannten Bikinis beim Sport. Für Ballspiele kam gerne eine mit Luft gefüllte Schweineblase zum Einsatz, wie Marcia geschickt demonstriert.

Körperpflege und das Wissen um die gesundheitliche Wirkung des Wassers waren es nicht allein, die die Römer ihre Badestätten aufsuchen ließen. Eine weit wichtigere Rolle spielten soziale und gesellschaftliche Aspekte. So wurden beim gemeinsamen Bad Neuigkeiten ausgetauscht, wichtige Gespräche geführt, Geschäfte verhandelt und vielleicht sogar die eine oder andere Intrige gesponnen. Der Eintritt für die Soldaten war frei, für alle anderen galt der Preis von einem Viertelass, der damaligen römischen Währung.

Staub und Schweiß des Alltags wurden vor dem eigentlichen Badevorgang erst einmal im Kaltbad gründlich entfernt, bevor der Zentralbereich der Therme, das Caldarium, betreten werden durfte. In diesem Warmbereich herrschten mit einer Lufttemperatur von 40° C, einer Wassertemperatur von 30° C und einer Luftfeuchtigkeit von 100 Prozent eine Atmosphäre, wie wir sie von unseren heutigen Dampfbädern her kennen. Zur behutsamen Abkühlung schöpfte man mit Hilfe des kleinen bronzenen Löffels eiskaltes Wasser aus dem steinernen Springbrunnen und ließ es über den Körper laufen. Eine nahe gelegene Quelle diente der ständigen Wasserversorgung und spendete durch parallel verlegte Leitungen ganz komfortabel und je nach Bedarf warmes oder kaltes Wasser für die Wannen, so dass auch Wechselbäder genossen werden konnten.

Richtig heiß her ging es im Sudatorium, in dem die ausgeklügelte Technik einer Hypokaustheizung für eine trockene Hitze von fast 90° C sorgte. Dabei wurde die in einem externen Brennofen erzeugte Wärme durch enge, geziegelte Kanäle, die unter dem Fußboden verliefen, geleitet und brachte oberhalb die Badegäste so richtig zum Schwitzen. Hölzerne Badeschuhe bewahrten die Fußsohlen vor Schaden.

Im Tepidarium – dem Laubad, das als Ruhe- und Massageraum benutzt wurde, ließen sich die Badenden mit verschiedenen Körperölen massieren. Hier kommt auch das Glasfläschchen mit einer Schnupperprobe zum Einsatz, dessen Inhalt zum Glück wohl nicht mehr aus der Antike zu stammen scheint. Olivenöl mit Zitrone und Rosmarin versetzt pflegte die Haut und brachte den Kreislauf wieder in Schwung. Das überschüssige Öl wurde mit dem Strigilis, einem kleinen, gebogenen Hautschaber – übrigens ein Vorläufer unseres modernen Peelings – entfernt. Das Kopfhaar bedachte die Damenwelt mit ausgiebiger Pflege und eleganten Hochsteckfrisuren. Grauen Haaren konnten mittels Henna der Kampf angesagt werden, auch Strähnchen waren damals schon "in".

Mit ihrem Sinn für Ästhetik beeinflussten die Römer das kulturelle Leben Europas bis heute. Mit dem Abzug der Römer aus Brigobannis um 150 nach Christus verlor der Ort schnell an Bedeutung, das Kastell zerfiel. Wurde die Therme noch eine Zeitlang von der Bevölkerung genutzt, geriet auch sie in Vergessenheit und verfiel allmählich.

1605 entdeckte Reichsritter Hans von Schellenberg durch Probegrabungen die verschütteten Reste der Badetherme. Erst 1820 wurde damit begonnen, die Ruine im Auftrag des Fürsten Karl Egon II. zu Fürstenberg vollständig freizulegen. Ein Jahr später erhielt sie einen der ersten Schutzbauten Deutschlands, der ebenfalls unter Denkmalschutz steht.

Die Römerbadruine in Hüfingen kann in den Monaten Mai bis Oktober an Sonn- und Feiertagen in der Zeit zwischen 14 und 17 Uhr besichtigt werden. Informationen zu speziellen Führungen oder über museumspädagogische Angebote für Kinder gibt es unter www.huefingen.de