BETRIFFT: Artenvielfalt:

In Zeiten, in denen Wohnungen rar sind und Wohnungsbauer Geld riechen, sind Tiere und Pflanzen auch hier auf der Baar im Weg. Wenn große Bauvorhaben aufgrund einer im Weg stehenden alten Eiche, eines seltenen Jurtenkäfers oder einer Zauneidechsenart in Stocken geraten wird sich darüber lächerlich gemacht, wie man wegen solcher Viechereien den Fortschritt aufhalten kann.

Wenn der letzte Baum gefällt und die letzte Biene oder der letzte Vogel getötet worden ist, wird die Menschheit sich wundern warum sie immer mehr Ungeziefermittel verwenden muss, um noch irgendeinen Ertrag zu erhalten und zudem feststellen das man Geld nicht essen kann

Es ist zwar lobenswert, sich für die Elefanten in Afrika oder die Wale im Meer einzusetzen. Doch denkt jemand auch daran, dass die vor unserer eigenen Haustür vielfältige Fauna und Flora schützenswert ist?

Auch ich habe die leidige Erfahrung gemacht, dass selbst durch den Steuerzahler finanzierte Umweltberater oder hauptamtlich tätige Mitarbeiter im Umweltschutz wohl keine Befugnis haben, bei Bauherren speziell größerer Mietwohnprojekte massiv einzugreifen, um mit Jungvögeln besetzte Vogelnester vor dem Einmauern zu bewahren.

Meist dürfen sie wohl nur Appelle an die Bauherren richten, obwohl das Artenschutzgesetz gemäß Artikel 5 der Richtlinie es grundsätzlich verbietet, wild lebende Vogelarten zu töten oder zu fangen. Nester und Eier dürfen nicht zerstört, beschädigt oder entfernt werden, auch die Vögel selbst dürfen, besonders während ihrer Brut- und Aufzuchtzeit, weder gestört noch beunruhigt werden.

Ein Vogel kann nicht lesen. Er baut, um Nachkommen aufzuziehen, und er kämpft bis zum bitteren Ende um dieses Ziel zu erreichen. Auch er sucht eine Wohnung – allerdings gerade mal für drei Wochen.

Es geht nur um ein Starenpärchen und zwei Rotschwänzchenpaare, die diesem verregneten Frühjahr noch eine Brut abgetrotzt hatten. Diesen Vögeln widme ich diesen Leserbrief. Mit einem bisschen Willen und Respekt vor der Natur wäre es ein leichtes gewesen, die Nester und die Brut darin zu bewahren. So jedoch haben wir wieder ein paar Vögel weniger auf dieser Erde, die uns erfreuen und auf die wir uns jedes Jahr freuen, wenn sie den langen Weg aus den südlichen Gefilden geschafft und wieder hierhergefunden haben, um unter immer schwieriger werdenden Verhältnissen Jungtiere aufzuziehen. Die bittere Erkenntnis für mich ist, dass der Umweltschutz hier auf der Baar den Namen nicht verdient und das der Bauschutz hier vor dem Naturschutz steht. Da hilft leider auch keine grüne Landesregierung – denn die Gemeinden selbst haben es in der Hand, ihre Hausaufgaben in Sachen Naturschutz zu machen.

Und da versagt der Schwarzwald-Baar-Kreis leider auf ganzer Linie. Da helfen auch keine mit großem Trara eingeweihten Naturparks und kein verirrter Wolf im Wald.  

Heike Boeke

Hüfingen