Hans-Wolf Stegmann an der Töpferscheibe. Der Künstler ist in seinem Element und bereitet zuerst eine Klebemasse vor, auf der nachher eine Gipsscheibe rotiert, auf der das eigentliche Gefäß entsteht. Foto: Beathalter Foto: Schwarzwälder-Bote

Kunsthandwerk: Farbige bewegliche Köpfe mit großen Augen / Mit Tonarbeiten in Südfrankreich vertreten

Aus Nichts etwas machen: Es hört sich locker und ein bisschen ironisch an, wenn Hans-Wolf Stegmann über seine Keramikkunst redet.

Hüfingen-Mundelfingen. Der Künstler sitzt vor der sich drehenden Töpferscheibe, einen Batzen ockerfarbenen Ton oder Lehm vor sich, der sich munter im Kreis dreht. Er taucht seine Hände in eine Plastikschale mit bräunlichem Wasser. Greift hinein in den sich drehenden Tonklumpen. Kräftig. Mit Druck, so dass die feuchtweiche Masse aus seinen Händen hervorquillt. Eine Art Kegel schraubt sich Stück für Stück in die Höhe. Zentrieren nennt der Künstler diese Arbeit.

Die Hände tauchen immer wieder ins Wasser. Sie drücken auf die Kegelspitze, die sich nach und nach verformt und sich in einen offenen Zylinder verwandelt. Ein rundes Gefäß mit nach oben gezogenen Wänden entsteht. Hans-Wolf Stegmann ist in seinem Element. Unter seinen Händen verwandeln sich die Tonbatzen zu Gefäßen. Manchmal flach. Manchmal weit in die Höhe gezogen.

"Das Gefäß ist deutlich präsent", sagt Stegmann und führt fort, "Es war für mich existenziell wichtig, Kunsthandwerkermärkte zu besuchen". Die Hüfinger Keramiktage waren immer top.

Aber bei Stegmann endet die künstlerische Arbeit nicht dann, wenn das Gefäß aus dem Brennofen kommt. In den vergangenen Jahren wandelte er sich mehr zum Objektkünstler, der eigenartige Formen mit individuellen Farbaufträgen schafft. Die Arbeit an Gefäßen veränderte sich. Stegmann setzt seine keramischen Elemente in Szene. Er verbindet sie mit Schnüren, die über Rollen laufen. Konstruiert sozusagen belebtes Spielzeug, das mechanisch mit einem Tritt auf ein Pedal in Bewegung gesetzt werden kann.

So sitzt beispielsweise auf einer Trägerplatte aus Metall eine ziemlich kuriose Gruppe farbiger beweglicher Köpfe mit großen Augen und geöffneten Mündern. Sie ordnen sich zu einem farbigen Ensemble an stellen, in Bewegung gesetzt, eine eigene skurrile Welt dar. Oder es gibt kleine Plastiktüten, die der Betrachter mit Druck auf einen Blasebalg aufbläst: Pneumatik neu eingesetzt als in der industriellen Technik üblich.

Stegmann lässt den Betrachter mit den Objekten spielen: Wechselwirkung, Interaktion zwischen dem Werk und dem Menschen, der sich damit auseinandersetzt, spielen eine wichtige Rolle. Der Künstler hat sich mit indianischen Themen, mit Impressionismus und Expressionismus beschäftigt. Mit dem Dadaismus der mit satirischer Überspitzung und einer Ansammlung von Unsinn die allgemeine Kunstszene der 1920-er Jahre infrage stellt.

Seit 20 Jahren Atelier im Farrenstall

Schließlich nennt Stegmann auch Joseph Beuys, der für ihn selbst eine wichtige Rolle spiele: Mit seiner sozialen Plastik habe der Düsseldorfer Professor neue Ideen in die Kunstszene gebracht. "Ich versuche, solche sozialen Ideen in keramische Plastik umzusetzen", sagt Stegmann, räumt aber ein: "Ich habe aber manches von Beuys nicht verstanden". Hier treffen vielleicht der Künstler und der Sozialarbeiter aufeinander: Hans-Wolf Stegmann arbeitet bei der Hüfinger Jugendhilfeeinrichtung Mariahof in der Familienbetreuung.

Der 64-jährige Keramikkünstler hat vor gut 20 Jahren den ehemaligen Farrenstall in Mundelfingen gekauft, den er zu seinem Domizil und Atelier umgebaut hat. Seit mehr als 40 Jahren ist der gebürtige Schwenninger mit der Töpferei und Keramik befasst. Stegmann hat sich das Töpfern selber beigebracht. "Irgendwann habe ich angefangen, mir eine Töpferscheibe zugelegt und mich in Höhr-Grenzhausen in einer Werkstatt eingenistet. Weil ich wissen wollte, wie die Profis arbeiten." Der Ort in der Nähe von Koblenz und Andernach ist ein Zentrum für Keramik- und Töpferkunst mit einer Fachschule.

"Die Keramik hat mich immer interessiert. Sie ist für mich immer spannend geblieben. Ich habe viel herumprobiert und Lehrgeld bezahlt", sagt Stegmann. Und: "Wenn man anfängt, sich mit etwas intensiv zu befassen, kommt man an ein Ziel".

Hans-Wolf Stegmann ist 1952 in VS-Schwenningen geboren und in einer Kaufmanns-Familie aufgewachsen, die Bastelartikel und Künstler-Bedarf verkauft. Stegmann absolvierte eine Lehre als Kaufmann, beschäftigt sich aber früh mit Gestaltung, Malen und Musik. "Ich habe alles Mögliche ausprobiert", sagt er, "aber die Keramik ist immer geblieben." Seit vielen Jahren ist er Mitglied des Kunstvereins Herrenberg. 1993 gewann er erstmals den Kunstpreis des Kunstvereins Herrenberg. Er ist im südfranzösischen Bandol sur mer mit seinen Keramiken vertreten oder in Ausstellungen in Darmstadt mit dem Titel Kunst in offenen Gärten.