Hans Joachim Blech (links), hier bei einer Exkursion im Orchideenwald bei Hüfingen im August 2014, ist ein Fachmann der heimischen Flora und begeistert Exkursionsteilnehmer mit Wissen über Geografie, Botanik und Historie der Region. Foto: Bombardi Foto: Schwarzwälder-Bote

2016 wird Naturschutzgebiet Deggenreuschen-Rauschachen 75 Jahre alt / Denkschrift ist derzeit in Arbeit

Von Stefan Limberger-Andris

Hüfingen. Eines der bedeutendsten Naturschutzgebiete der Baar, das Naturschutzgebiet Deggenreuschen-Rauschachen auf Hüfinger Gemarkung, wird im kommenden Jahr 75 Jahre alt. Drei Kenner des Gebiets tragen derzeit umfangreiches Material für eine Denkschrift zusammen.

Der ehemalige Revierleiter Peter Marx, der amtierende Revierleiter Andreas Wolf und der ehrenamtliche Naturschutzwart und Orchideenkenner Hans Joachim Blech liefern die Beiträge zur geplanten Veröffentlichung über das Naturschutzgebiet Deggenreuschen-Rauschachen.

Peter Marx arbeitet derzeit an einem Beitrag zur jüngeren Geschichte über das Gebiet und durchforstet hierzu bereits das Stadtarchiv Hüfingen. Revierleiter Andreas Wolf wird sich mit forstlichen Fragestellungen beschäftigen. Der Historie, dem aktuellen Zustand des Gebiets und Fragestellungen zu notwendigen Pflegemaßnahmen zum Erhalt des Naturschutzgebiets widmet sich Hans Joachim Blech. Bis zum Herbst soll die geplante Veröffentlichung inhaltlich weitgehend fertiggestellt sein. Eine Veröffentlichung ist schließlich im Frühjahr 2016 vorgesehen. Die drei Autoren möchten sich um eine Beteiligung des Regierungspräsidiums Freiburg an der Drucklegung bemühen.

Eine Verordnung zum "Naturschutzgebiet Deggenreuschen und Rauschachen" vom 7. April 1941 wurde am 15. Mai 1941 im Amtsblatt des Badischen Ministerium des Kultus und Unterricht veröffentlicht und der Status des Gebiets dadurch rechtswirksam. Das Naturschutzgebiet umfasst demnach knapp 126 Hektar. Der Orchideenwald gehört flächenmäßig zum Naturschutzgroßprojekt Baar.

Deggenreuschen-Rauschachen beherberge ein bedeutendes Orchideen-Vorkommen, erläutert Hans Joachim Blech. Die Umweltgruppe Südbaar und der Schwarzwaldverein Donaueschingen beteiligen sich durch ehrenamtliche Pflegemaßnahmen am Erhalt des Gebiets. Durch eine ehemalige landwirtschaftliche Nutzung und die seit Mitte des 19. Jahrhunderts, vielleicht auch schon früher, bestehende forstliche Bestockung habe sich ein für Orchideenvorkommen ideales Biotop entwickelt, erklärt Hans Joachim Blech. Würde man einen forstlich-standortgerechten Waldbau mit Mischwald in diesem Gebiet etablieren, also den herrschenden Nadelholzbestand umbauen, schätzen Fachleute einen Rückgang des Orchideenbestandes um 40 bis 60 Prozent. Hans Joachim Blech ist ehrenamtlicher Naturschutzwart und verantwortlich für den Orchideen-Lehrpfad im Gewann Rauschachen. Auch wegen seine Vorträge über den Orchideenwald im Wandel der Zeiten seit der Eiszeit gilt er als Kenner der Flora. Blech ist zudem involviert in die Orchideen-Kartierung Tuttlingen-West am Albtrauf.

u Naturschutzgebiet Deggenreuschen-Rauschachen

u Das Naturschutzgebiet umfasst 126 Hektar. Dort kommen etwa 20 schützenswerte Orchideenarten vor. Nach den Schäden, die der Orkan Lothar im Dezember 1999 anrichtete, wurde der Orchideenpfad im Gewann Deggenreuschen aufgegeben und im Gewann Rauschachen eingerichtet.

Auf den flachgründigen Muschelkalk-Böden, ehemals landwirtschaftlich genutzt und ausgemagert, bildeten sich nach Aufforstung mit Fichten und Kiefern Moderhumusböden – ideal für Orchideenvorkommen und Wintergrüngewächse wie Moosauge und Birngrün.

Im Randbereich kommen wertvolle Magerrasenflächen (Hammeltal, Watzental) vor. Das Naturschutzgebiet erlangt eine Bedeutung für den Biotopverbund, nämlich als Trittsteinbiotop der Tannen-Mischwälder der Zentralbaar im Übergang zwischen Südschwarzwald und Schwäbischer Alb.

u Das Naturschutzgebiet wurde im Mai 1941 rechtskräftig ausgewiesen. Hierbei spielte die Initiative des Arztes Erwin Sumser eine Rolle. Sumser, am 8. Oktober 1891 in Merzhausen bei Freiburg zur Welt gekommen, zog im Jahr 1920 nach Hüfingen. Dort wirkte er als Krankenhausarzt und eröffnete eine Privatpraxis. Seine Leidenschaft zur Landschaft und zur Natur zeigte sich insbesondere im Engagement zum Schutz seltener Blumenarten.

Sein Einsatz ging sogar soweit, dass er für den Schutz von floristischen Besonderheiten Grundstücke pachtete oder kaufte und Landwirten einen finanziellen Ausgleich für späteres Mähen bezahlte. Erwin Sumser war deswegen in der Bevölkerung auch als "Blumendoktor" und "Orchideenvater" bekannt. Der Hobby-Botaniker starb am 22. Januar 1961 in Hüfingen.

Ihm zu Ehren wurde am 7. Oktober 1962 durch die Arbeitsgemeinschaft Heimatschutz Südbaden ein Gedenkstein nahe des Römerbads an die Stadt Hüfingen übergeben.