"Bruggers Lädili" bot alles für den täglichen Bedarf / Otto Böhm wohnt heute dort und erinnert sich

Von Gabi Lendle

Hüfingen. In Hüfingen konnte man im Krieg und den Zeiten danach gleich in mehreren Kolonial-Geschäften seinen Bedarf zum täglichen Leben einkaufen. Damals diente der tägliche Einkauf auch zum Zweck der Kommunikation untereinander.

Der Gemischtwarenladen war Treffpunkt der umliegenden Bewohner zum Austausch von Neuigkeiten und bot stets Gelegenheit für ein Schwätzle.

Nur die älteren Bürger können sich noch an "Bruggers Lädili" in der Schaffhauser Straße schräg gegenüber der Gaststätte Bausch erinnern. Einer, der es noch genau weiß, ist der heute 81-jährige Otto Böhm, der seit knapp 40 Jahren in dem 1842 erbauten Haus Nummer zehn lebt, das Josef Brugger, der als Schuhmachermeister und Handelsmann seinen Lebensunterhalt verdiente, errichtete. Otto Böhm selbst hat das Haus mit dem ehemaligen Ladengeschäft für seine Familie 1969 gekauft und vom Keller bis in den Dachspitz um- und ausgebaut. Heute lebt er allein darin.

Er kann sich noch gut an Edwin und Monika Brugger erinnern, die das Lädele in zweiter Generation führten. "Alle die hier drumherum wohnten, haben hier eingekauft", erzählt der rüstige Rentner, der mit seinem guten Gedächtnis für Hüfingen so wertvoll ist.

Fast täglich mit der Einkaufstascheim Städtle unterwegs

"Otto, musch ge ikaufe": Mit diesen Worten schickte die Mutter Anna den Sohn zu Bruggers Lädili. "Wenn ich für zehn Pfennig Hefe kaufen sollte, brachte ich nur eine Portion für fünf Pfennig heim, denn die Hälfte des Würfels aß ich auf dem Heimweg", lacht Otto Böhm, der sich sicher ist, dass seine Mutter den Schwund mit einkalkuliert hat, da sie ihren Sohn gut kannte und ihn deswegen selten ausschimpfte.

Damals ging man mit Einkaufstasche fast täglich in einen der Hüfinger Läden. Meist in den, der um die Ecke lag. Damals hatte man noch Auswahl. "Ich kann mich erinnern, dass es in meiner Kindheit mehrere Kolonial- oder Lebensmittel-Geschäfte in Hüfingen gab. Eines war in der ehemaligen Sparkasse, ein anderes in der Löwengartenstraße, eines im ehemaligen Schlecker-Gebäude in der Hauptstraße, und sogar im Erdgeschoss des Gasthauses Krokodil wurde damals ein kleines Lebensmittelgeschäft betrieben", staunt heute Otto Böhm selbst, wenn er so zurück denkt.

Im Fall des kleinen Otto Böhm war Bruggers Lädili die zentrale Einkaufsadresse, die in der Nachbarschaft lag und all das bereit hielt, was die Mutter zum täglichen Bedarf der großen Familie mit fünf Kindern benötigte. Mehl, Zucker, Salz, Reis, Gries und andere offene Grundnahrungsmittel wurden aus der Schublade heraus abgewogen und in stabile "Spitzguggele" aus Papier gefüllt, die heutzutage noch ab und an auf dem Wochenmarkt in Gebrauch sind. Zahnbürsten, Seifen, Lutscher und Süßigkeiten, Schnur, Putzmittel und Putzlumpen, Nudeln, Schuhcreme, Bürsten, Wolle, Stricknadeln, Waschpulver sowie Gemüse und Obst, Gewürze und viele andere Dinge für den Alltagsgebrauch konnte man hier bekommen. Unter anderem auch Zichorie, mit dem man in den kargen Nachkriegsjahren versuchte dem Malzkaffee "Muckefuck" zu verfeinern, der dennoch nicht annähernd wie Bohnenkaffee schmeckte. "So was würde heute keiner mehr trinken", gesteht Otto Böhm.

Für den Genuss der Männer hielt der Laden auch Rauchwaren, Schnupf- und Kautabak sowie eine Auswahl an Zigarren bereit. Letztere pflegte besonders der Hausherr Edwin Brugger zu genießen. "Meine Schwester Elisabeth war neun Jahre lang als Dienstmädchen bei Bruggers angestellt und hat unter anderem auch die Regale im großen Lager aufgefüllt", erzählt Böhm. Damals belieferten die Großhändler die Geschäfte, die alle über genügend Lagerräume verfügten. Otto Böhm erinnert sich, wie er mit seinen Geschwistern mit dem Handwagen meist einmal in der Woche nach Donaueschingen gelaufen ist, um bei Gutbrodts Gemüse und Obst für Buggers Lädili zu holen. Da wurden Äpfel und Birnen, Kartoffeln, Rettich, Bohnen, Sellerie, gelbe Rüben und mehr in Körbe gefüllt und wieder nach Hüfingen transportiert. "Diese Dienste wurden stets von Monika Brugger mit einem Rettichsalat und Butterbrot für uns Kinder oben in der Küche belohnt, beides schmeckte herrlich. "Wurst und Fleisch kaufte man beim Metzger, Backwaren beim Bäcker. Oder in der gegenüber liegenden Gaststätte Bausch, die von Bäckermeister Max Bausch und seiner Frau Elise betrieben wurde. "Da gab es sogar am Sonntagmorgen Wecken", erzählt Otto Böhm. "Nach der Frühmesse um 7.30 Uhr hat mir die Mutter eine Tasche in die Hand gedrückt und gesagt, ich solle zehn Spitzwecken holen. Elise Bausch war immer sehr lieb zu mir und gab mir elf Wecken in die Tasche und einen in die Hand", erinnert er sich. "Für meinen Vater Theodor ging ich ab und zu mit einem Bierkrug zum Bausch, um ihn dort aus dem Zapfhahn füllen zu lassen."

Im Jahr 1956 verstarb Edwin Brugger und seine Frau verkaufte das Haus an den Händler Höfelmaier aus Blumberg, der den Laden weiterführte. Mitte der 60er Jahre wurde das Haus an Edwin Morath verkauft, der das Geschäft übernahm und bis zum Verkauf an Otto Böhm weiterführte.

Dieser baute das Haus dann für seine Bedürfnisse um. Das Lager wurde zum Schlafzimmer für die Schwester Elisabeth, die Büroräume für deren Küche und der Laden zum ihrem Wohnzimmer. Er selbst lebte mit Ehefrau Maria und Sohn Martin einen Stock höher, und unterm Dach wurde später für den Sohn alles schön ausgebaut.

Einkaufen geht Otto Böhm noch heute jeden Tag ins Städtle, zum Bäcker, Metzger, in die Apotheke oder zu Otmar Mayer, wenn er Batterien braucht. Schwere und andere Dinge, die er benötigt, besorgt Schwiegertochter Simone mit dem Auto. Donnerstags findet man Otto Böhm meist auf dem Wochenmarkt an. "Dort bin ich gern, alles ist so ein bisschen so wie früher, und ich sehe stets bekannte Gesichter. Da ist ein Schwätzle fast immer mit drin."