Das Reich der Pilze gerät immer mehr in Vergessenheit: Karin Pätzold aus Hornberg will das ändern und hat nun einen Pilzflyer auf den Weg gebracht. Foto: Gräff

Hornberger Mykologin Karin Pätzold macht mit Flyern auf "Stiefmütterliches Dasein im Bildungssystem" aufmerksam.

Hornberg - Pilze bilden in der biologischen Klassifikation neben Tieren und Pflanzen ein eigenständiges Reich. Nur haben sie kaum noch eine Lobby in der Allgemeinbildung, aus den Schulbüchern sind sie sogar gänzlich verschwunden. Karin Pätzold aus Hornberg will das ändern und hat nun einen Pilzflyer auf den Weg gebracht. Im Gespräch mit dem SchwaBo erläutert die Pilzsachverständige, wie wichtig Kenntnis in diesem Bereich ist.

Wird das Thema Pilze im Schulunterricht gar nicht mehr behandelt?

Nach meinen und Recherchen von anderen Kollegen nein. 1985 hatten die Biologiebücher noch sechs Seiten über Pilze, aktuell gibt es nichts mehr. Und das ist sehr schade.

Können Sie sagen, warum das so ist?

Den Themen Mensch, Tiere und Pflanzen wird eine immer größere Bedeutung beigemessen. Und die Bandbreite wird immer größer. Da bleibt für Pilze kein Raum mehr, dabei geht ohne Pilze in der Natur überhaupt nichts. Und zudem geht das Bewusstsein über die Natur immer mehr zurück.

Und das wollen Sie mit dem neuen Flyer ändern?

Im Rahmen meiner Möglichkeiten auf jeden Fall, und das übrigens bundesweit. Dafür habe ich den Flyer mit dem Titel ›Pilze – geheimnisvolle Kräfte‹ entwickelt, der jetzt in einer Auflage von 10 000 Stück erschienen ist.

Um was geht es da?

Um einen umfassenden Einblick in die Welt der Pilze. 15 Pilzarten sind in dem Infoheft zu sehen, alles Arten aus dem Schwarzwald.

Das heißt, auch Hobby-Pilzsammler könnten mit den Infos arbeiten?

Natürlich. Ein mir gut bekannter Pilzsachverständiger hat vor einiger Zeit zufällig im Wald eine Familie beim Pilzsammeln getroffen. Als er sich den Korb dann näher betrachtete, stellte er mit Entsetzen fest, das da neben Pfifferlingen auch tödlich giftige spitzgebuckelte Rauköpfe lagen. Das wäre eine Katastrophe geworden. Im Flyer sind daher auch die giftigen Pilze abgedruckt, als Info für den Sammler. Besser wäre jedoch eine gute Schulung, wie sie ja auch in der Schwarzwälder Pilzlehrschau angeboten wird.

Die Leute hatten also keine oder nur wenig Ahnung?

Zu wenig. Die Kenntnisse der Bevölkerung gehen über die Bratpfanne und Pilzvergiftungen nicht hinaus, das ist leider so. Daher ist es so wichtig, die Pilzwelt insgesamt wieder in das Bewusstsein der Menschen zu bringen.

Was erfährt der Leser des Infoflyers?

Er ist unterteilt in die Lebensweise der Pilze, deren Aufgabe im Kreislauf der Natur, die Fruchtkörperformen, Pilzschutz und in bedrohte Arten. Dann werden die beiden Naturparke im Schwarzwald kurz vorgestellt, es gibt Sammelregeln und, ganz wichtig, auch die Telefonnummer der Vergiftungs-Informationszentrale ist eingedruckt.

Flyer werden gelesen und dann weggelegt. Wie wollen Sie die Pilzkunde wieder in den Köpfen der Schüler verankern?

Es gibt eine Kooperation der Wilhelm-Hausenstein-Schule mit der Schwarzwälder Pilzlehrschau und meinem Pilzzuchtgarten, Den Schülern der 5. und 6. Klasse gebe ich Einblicke in die Mykologie und die Verwertung von Pilzen, auch gibt es eine Pilzrallye auf dem Naturlehrpfad zum Waldklassenzimmer.

Das gilt aber nur für Hornberg.

Natürlich gibt es noch mehr, und das freut mich. Ende September habe ich eine Lehrerfortbildung vom Oberschulamt im Nationalpark unter dem Thema ›Pilze im Kreislauf der Natur, vergessen im Schulunterricht‹. Davon erhoffe ich mir sehr viel. Dann sind die Infoflyer auch bundesweit erhältlich, ein Anfang ist also gemacht.

Was soll der Hobbysammler tun, wenn er sich nicht ganz sicher ist, was er da in seinem Korb hat?

Beim allergeringsten Zweifel immer den Fachmann zu Rate ziehen.