Awo-Vorsitzende Henriette Haas freut sich über die Besucher im Tafelladen. Foto: Stangenberg Foto: Schwarzwälder-Bote

Soziale Hilfe: Heute Tag der offenen Tür

Kaum ist das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen, landet der Jughurt im Müll. Supermärkte räumen oft noch einwandfreie Ware aus den Regalen. Im Tafelladen Hornberg können Menschen mit geringen Einkommen die Ware dann kaufen.

Hornberg. Die Hornberger Tafel ist ein Projekt der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Zum Tag der offenen Tür lädt der Verein am heutigen Samstag, 8. Oktober, von 11 bis 17 Uhr im Rahmen des bundesweiten "Tafel-Tags" (siehe Infokasten) ein. Das diesjährige Motto lautet "Die Tafeln sind Orte der Begegnung".

Für Henriette Haas ist der Hornberger Tafelladen tatsächlich ein Ort der Begegnung, wo sich zweimal wöchentlich Menschen verschiedenen Alters und verschiedener Herkunft treffen. Zu den Kunden gehören solche mit geringen Einkommen, Sozialhilfeempfänger, kinderreiche Familien, Erwerbsunfähige, Alleinerziehende, Rentner mit zu wenig Rente und Asylbewerber.

Den Tag der offenen Tür veranstaltete der Tafelladen erstmals 2013. "Es gibt immer wieder Interessierte, die einen ansprechen, wie es denn im Laden ausieht", sagt die Vorsitzende der Awo. Denn in das kleine Geschäft, eine ehemalige Bäckerei in der Leimattenstraße 15, können Spaziergänger gar nicht reinsehen. Das Schaufenster ist aus Milchglas. "Wir wollen für unsere Kunden eine gewisse Hemmschwelle abbauen", sagt Haas. Es gebe Menschen, die sich in der Öffentlichkeit nicht "outen" möchten, dass sie weniger Geld haben.

Den Tafelladen gibt es seit Dezember 2012. Ein Lebensmittelhändler sprach die Awo darauf an, dass er regelmäßig abgelaufene Lebensmittel entsorgen müsse, obwohl sie qualitativ noch in Ordnung seien, und er Menschen kenne, die sich die Produkte zum üblichen Ladenpreis nicht leisten können.

Bis zum fertigen Laden habe es, so Haas, noch ein Jahr gedauert. "Zunächst haben wir bei der Stadt Hornberg angefragt, wieviele Sozialhilfeempfänger es gibt", sagt die Awo-Vorsitzende. Und das seien mehr gewesen, als die Awo gedacht hätte. Gerade im ländlichen Bereich werde Armut von den Betroffenen oft versteckt  ––   aber genauso von den Kommunen selber. "Von den umliegenden Gemeinden haben wir teilweise gar keine Auskunft bekommen. Da hieß es auch: ›Bei uns gibts das nicht‹.", erzählt Haas. "Komischerweise sind dann Kunden aus diesen Orten zu uns gekommen", sagt sie.

Helfer im Tafelladen arbeiten ehrenamtlich

Nachdem die Zahlen feststanden, ging es an die Suche nach Räumlichkeiten und vor allen Dingen Ehrenamtlichen, die vor und hinter der Ladentheke helfen. Der Tafelladen hat dienstags und freitags von 15 bis17 Uhr geöffnet. Der organisatorische und logistische Aufwand geht für das ehrenamtliche Tafelladen-Team, allen voran Henriette Haas, über die jeweils zwei Stunden Verkauf deutlich hinaus.

Für Haas beginnen die Vorbereitungen bereits um acht Uhr morgens. Da fahren zwei Helfer los, um die Lebensmittelspenden von Bäckereien, Einzelhändlern oder Discountern abholen. Mittags kommen weitere Helfer, die die Ware kontrollieren und sortieren: Ist das Gemüse noch frisch? Seit wann ist der Ketchup abgelaufen? Richtig "Feierabend" habe das Team zwei Stunden nach Ladenschluss.

Für die Wahl der Produkte gibt es laut Haas Auflagen vom "Bundesverband Deutsche Tafel". Die Kunden bezahlen für jeden Artikel zehn Prozent des ursprünglichen Ladenpreises: Ein Brot, das beim Bäcker beispielsweise drei Euro kostet, verkauft das Team für 30 Cent. Weitere Produkte, wie Tütensuppen, Babynahrung oder Soßen, dürfen das Mindesthaltbarkeitsdatum 14 Tage überschreiten. Ist die Ware abgelaufen, testen die ehrenamtlichen Helfer die Nahrung selber und entscheiden dann, ob sie für den Verkauf noch geeignet ist.

Für Henriette Haas gibt es im Tafelladen viele schöne Momente. Gerade an den Eröffnungstag im Dezember 2012 denkt die Hornbergerin zurück. "Wie die Kunden sich gefreut haben, dass sie für das bisschen Geld soviel einkaufen können, das war mein schönstes Weihnachtsgeschenk", strahlt Haas. Eine Frau habe ihr gesagt, dass sie sich endlich nicht mehr nur von Quark und Kartoffeln ernähren müsse. "Da habe ich richtig Gänsehaut bekommen", sagt die Awo-Vorsitzende.

Die Tafel als "Ort der Begegnung" erlebt Haas regelmäßig. So erhält das Geschäft selten Lebensmittelspenden mit langer Haltbarkeitszeit, wie Mehl, Zucker, Nudeln, Salz oder Öl. Das sei schließlich die Ware, die im Supermarkt noch länger im Regal stehe und somit für den Handel noch "wirtschaftlich" sei. "Einmal kam jedoch eine Privatperson vorbei und hatte den ganzen Kofferraum voller Mehltüten, die er spendete. Das sind tolle Überraschungen", erzählt Haas lachend.

Eine arbeitslose Kundin hatte im Tafelladen ehrenamtlich geholfen. Dadurch ist sie laut Haas in Kontakt mit den Lebensmittelhändlern gekommen. Jetzt arbeitet sie in dessen Supermarkt als Verkäuferin.

"Viele Menschen freuen sich auch einfach, wenn sie sich mit den Verkäuferinnen unterhalten können", berichtet Haas. "Es ist einfach schön, wenn die Menschen uns anstrahlen", sagt Haas.

Den Tag der offenen Tür veranstaltet die Awo im Rahmen des deutschlandweiten "Tafel-Tags", dem Aktionstag des Bundesverbands Deutsche Tafel. Das diesjährige Motto lautet "Die Tafeln sind Orte der Begegnung". Am heutigen Samstag, 8. Oktober, lädt die Awo alle Bürger von 11 bis 17 Uhr alle Bürger ein, den Tafelladen in der Leimattenstraße 15 zu besichtigen und sich über die Arbeit der Awo zu informieren. Außerdem gibt es einen Mittagstisch sowie Kaffee und Kuchen. Auf dem Parkplatz vor dem Laden ist ein Zelt aufgestellt. Der Erlös der Veranstaltung kommt dem Tafelladen zugute.