Die Gemeinde Reichenbach früher und heute: Das Ortsbild hat sich verändert. Außerdem ist die Einwohnerzahl von etwas über 800 im Jahr 1974 auf derzeit 603 zurückgegangen. Foto: Archiv (1), Gräff (1)

Große Freude über Jubiläum: Vor 40 Jahren ist der Eingliederungsvertrag mit der Stadt Hornberg in Kraft getreten.

 

Reichenbach/Hornberg - Der 1. April 1974 ist für die Gemeinde Reichenbach ein wichtiger Tag: Heute vor 40 Jahren ist der Eingliederungsvertrag mit der Stadt Hornberg in Kraft getreten. Ein Schritt, der Reichenbach anfangs schwergefallen ist.

"Ganz so freiwillig war es nämlich nicht", erinnert sich der ehemalige Reichenbacher Ratsschreiber Gottfried Bühler im Gespräch mit dem Schwarzwälder Bote an die Zeit. "Anfangs haben wir noch geglaubt, dass der Kelch der Eingliederung an Reichenbach vorbeigehen könnte", so Bühler. Demnach gab es sogar einige Eingaben an das baden-württembergische Innenministerium.

Bei einer "Bürgeranhörung" zur Eingemeindung war die Mehrheit gegen die Reform. Warum? "Reichenbach war eine ländlich strukturierte Gemeinde mit landwirtschaftlichem Haupterwerb und hatte somit ganz andere Interessen als die Stadt Hornberg", begründet Bühler die ablehnende Haltung der Reichenbacher. Öffentliche Proteste blieben zwar aus, Volkes Seele kochte allerdings an den Stammtischen: "Hier wurde heftig diskutiert", sagt Bühler.

Dass das Beharren auf der Selbstständigkeit erfolglos bleiben würde, wurde dann im Lauf der Zeit immer klarer. "Die Frist zur freiwilligen Eingliederung lief ab, daher wurde ziemlich bald klar, dass es besser wäre, uns mit dem Gedanken an die Eingemeindung vertraut zu machen", schildert Bühler die Folgezeit.

Die Frage, welche Kröte geschluckt werden solle, konnte schnell beantwortet werden: "Lieber einen Ortschaftsrat mit Vertretern im Hornberger Gemeinderat als die Zwangsehe ohne etwas", so Bühler. Der Reichenbacher Gemeinderat besprach sich also in diesem Sinne und überlegte, welche Wünsche an Hornberg in der Vereinbarung stehen sollten.

"Wichtig für den Ort war vor allem der Ausbau der Straßen- und Wege und natürlich eine starke Vertretung im Hornberger Gemeinderat", erinnert sich Bühler: "Die Stadt ist auf unsere Wünsche eingegangen, da gab es keine Diskussionen, da wir ja auch keine Paläste gefordert haben."

Mit Wirkung vom 1. April 1974 an zogen vier Reichenbacher in den Hornberger Gemeinderat ein. Dies war kraft Amtes Ortsvorsteher Christian Brüstle sowie die Ortschaftsräte Simon Bader, Erich Hengstler sowie Walter Storz und Hans Wöhrle. Diese Besetzung galt bis 1975, dann wurden bei den ersten gemeinsamen Kommunalwahlen die Karten neu gemischt.

Nachfolger von Ortsvorsteher Brüstle waren Simon Bader und danach Lothar Lauble. Seine Frau Evelyn Lauble ist nunmehr seit 15 Jahren Ortsvorsteherin und sitzt zudem im Hornberger Gemeinderat. Sie hält die Eingemeindung rückblickend für ein gelungene Sache: "Die damaligen Vorbehalte haben sich nicht bestätigt".

Trotzdem gibt es immer wieder Veränderung, auf die reagiert werden muss: "Die Einwohnerzahl bei uns ist von etwas über 800 im Jahr 1974 auf derzeit 603 zurückgegangen", rechnet Lauble vor. Immer mehr Dinge würden in Zentren verlagert, und da gingen natürlich die Menschen hin. "Wir brauchen beispielsweise einen ordentlichen Nahverkehr und eine funktionierende Schülerbeförderung, zudem müssen wir aufpassen, dass wir als ländlicher Raum nicht untergehen", betont sie und wünscht sich für die Zukunft "einen immer gut funktionierenden Ortschaftsrat".

Hornbergs Bürgermeister Siegfried Scheffold kann die gute Zusammenarbeit mit Reichenbach und auch Niederwasser nur bestätigen: "Die große Gemeindereform in Baden-Württemberg war von der Erkenntnis getragen, dass Verwaltungs- und Infrastrukturen nur noch in größeren Einheiten funktionieren, die letzten Endes Vorteile für alle Beteiligten bringen können", betont er.

In der Tat habe die Stadt eine große Verantwortung: "Wichtige Aufgaben in Reichenbach sind der Straßenunterhalt, der Winterdienst, die Kindergartenlinien und die Schülerbeförderung, zudem die Wasserversorgung sowie die Abwasserbeseitigung und als jüngste Aufgabe die Breitbandversorgung."

Reichenbach hat sich laut Scheffold früh dem Thema erneuerbarer Energien gestellt und ist im Bereich Windkraft zusammen mit Photovoltaik in der Spitzenposition im weiten Umkreis. Eine sehr erfreuliche Entwicklung ist auch im Tourismusbereich zu verzeichnen: "Eine weitere Einkommensquelle, die erschlossen werden konnte und auch große Chancen für die künftige Entwicklung bietet", ist sich der Hornberger Rathauschef sicher.

Heute könne, so Scheffold, konstatiert werden, dass die Ortsteile Reichenbach und Niederwasser mit der Stadt Hornberg zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen sind, wobei es gelungen sei, dass jeder seinen eigenen Charakter und sein kulturelles Eigenleben bewahren und pflegen konnte.

Am 4. Februar 1974 haben Reichenbach und Hornberg ihren "Ehevertrag" unterzeichnet, in dem die ausgehandelten Vereinbarungen Punkt für Punkt festgehalten wurden. Eine offizielle "Hochzeitsfeier" hat es jedoch – wie bei der "Heirat" zwischen Hornberg und Niederwasser 1971 – damals nicht gegeben: "Alle haben unterschrieben, dann gab das Regierungspräsidium Freiburg seinen Segen dazu, und man ging zur Tagesordnung über", erinnert sich Gottfried Bühler.

Weitere Informationen: In einer Feierstunde am Freitag, 4. April, ab 19.30 Uhr in der "Krone" Reichenbach wird an das Ereignis erinnert.