Da braut sich was zusammen: Die Schwarze Zauberin (Anke Ketterer) braut den Zaubertrank zur Schwächung der Märchenpolizei. Foto: Dorn

Gelungener Auftakt des Freiluft-Teathers. Fabelwesen wehren sich gegen diebische Ratten.

Hornberg - Diebische Ratten treiben im Zauberwald am Hornberger Storenwald ihr Unwesen. 20 Jahre nach der Uraufführung des Kinder-Musicals über Freundschaft und Zusammenhalt wagt sich das Team der Freilichtbühne an den Stoff aus Versatzstücken bekannter Märchen.

Hänsel, Gretel und die Hexe werden als erste Märchenfiguren von der Organisation "Cobra" (Cool Organisierter Beutel-Ratten-Adel) bestohlen. Sogar während die Hexe gerade in ihrem Lebkuchenhäuschen das macht, was neugierigen Gören, die sich von der gut sichtbar am Hexenhäuschen angebrachten Verheißung nach "freiem W-Lan" allzu einfach ins Verderben locken lassen, nach allgemein anerkannter Märchenmoral zunächst zustoßen soll.

Ehe sich das Trio versieht, haben die Ratten die Fassade des Häuschens von sämtlichen Lebkuchenplatten befreit und ziehen schon weiter, um Ausschau nach weiteren arglosen Märchenfiguren zu halten. Rotkäppchen, im Gespräch mit dem Wolf ja der Inbegriff der Arglosigkeit, wird um den Obstkorb für die Großmutter gebracht. Der treue Wolf kämpft zwar wie ein Löwe, hat gegen die rättische Übermacht aber keine Chance. Die Sieben Zwerge kommen schon ihrer Zipfelmützen beraubt an den Tatort. Jetzt reißt den Märchenfiguren die Hutschnur und ein Konvent wird einberufen.

So weit das Setting des neuen Kinderstücks der Hornberger Freilichtbühne, das Regisseur Marvin Polonski mit viel Liebe zum Detail für eine fast 60-köpfige Schauspielerschar in mehr als 400 Stunden Probenarbeit einstudiert hat. Aladin, das tapfere Schneiderlein, der gestiefelte Kater, Frau Holle, der Froschkönig, Aschenputtel, selbst aus Hollywood sind die Märchenfiguren gekommen und beklagen den Diebstahl essenziell wichtiger Märchengegenstände.

Dornröschen ist entsetzt: Kein Schlaf, kein Mann

Wahre Dramen spielen sich ab. Beispielgebend sei nur Dornröschen genannt. Ihr ist die Spindel abhanden gekommen, damit wird sie sich nicht mehr in den Finger stechen können, kein 100-jähriger Schlaf wird sie mehr überkommen. All das wäre für die junge Dame ja noch auszuhalten, aber zu Ende gedacht wird der ihr zugedachte Prinz dann sicher eine andere Maid küssen und freien und ihr Märchenleben wird keine Erfüllung finden. Abseits dieser Seifenoper erleidet die kleine Sterntaler stumm ihr Schicksal, fast alle Sterne fielen der "Cobra" in die Hände.

Polonski gelingt eine bis in die Nebenrollen hinein wunderbare Charakterisierung der klassischen Märchenfiguren, spätestens bei den "Seniorinnen-Elfchen" in ihren furchtbar schrägen Kostümen kommt eine Art von Humor zum tragen, der auch den vielen anwesenden Erwachsenen im Publikum gefällt. Die älteren Geschwister hatten schon in der Gestalt der coolen, aber etwas unterbelichteten Ratte Bodo eine Hauptrolle mit Lachgarantie.

Sechs Märchenfiguren nehmen als "Märchenpolizei" den Kampf mit der Schwarzen Zauberin und ihren Rattenschergen auf, interessante gruppendynamische Prozesse zwischen der alten Hexe, dem orientalischen Sprücheklopfer Aladin, der stets über ihre Blasen jammernden Dornröschen, dem Holzkopf Pinocchio, dem etwas zu geleckten Gestiefelten Kater und dem immerzu naiv-optimistischen Elfchen lassen die Zeit wie im Flug vergehen.

Der gut organisierten Gegenseite mit der Schwarzen Zauberin gelingen fast alle Bosheiten und so wird es am Ende richtig eng, ehe die Erinnerung an ein Rattenmärchen die Wende zum Guten bringt. Ein wunderbarer Märchenabend, bei dem es zu von den Gebrüdern Grimm so sicher nicht gedachten Begegnungen kommt, die aber gerade den besonderen Charme des Stücks ausmachen, mit der schönsten Begegnung, einer späten Liebe zwischen der jetzt gar nicht mehr so verbiestert-bösen Hänsel-und-Gretel-Hexe und dem Meister Rollum findet ein rundum gelungenen Märchenabend sogar noch einen romantischen Abschluss. Das Stück kann für alle Altersgruppen uneingeschränkt empfohlen werden.

INFO

Aufführungen

An folgenden Terminen wird "Rabatz im Zauberwald" aufgeführt:

> Mittwoch, 28. Juni, 14.45 Uhr

> Sonntag, 2. Juli, 16 Uhr

> Mittwoch, 5. Juli, 14.45 Uhr

> Samstag, 8. Juli. 20 Uhr

> Mittwoch, 12. Juli, 14.45 Uhr

> Freitag, 14. Juli, 20 Uhr

> Samstag, 15. Juli, 18 Uhr

> Freitag, 21. Juli, 18 Uhr

> Samstag, 22. Juli, 16 Uhr