Bei den Beschäftigten kommt zu wenig an: Dieter Müller, Vorsitzender des DGB-Ortskartells. Foto: Gebauer Foto: Schwarzwälder-Bote

Maifeier des DGB-Ortsverbands Kinzigtal und Gutachtal / Immer mehr Menschen können von Arbeit nicht leben

Von Fritz Gebauer

Hornberg. "Gute Arbeit – Soziales Europa" hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund die Maifeiern 2014 überschrieben. Unter dieses Motto stellte auch der DGB-Ortsverband Kinzigtal/Gutachtal seine Veranstaltung zum 1. Mai.

Wie schon seit vielen Jahrzehnten wurde in der schön dekorierten Stadthalle von Hornberg gefeiert. Hier konnte Dieter Müller in Anwesenheit von viel politischer Prominenz die Arbeitnehmerschaft begrüßen, vornehmlich Betriebsratsmitglieder, Vertrauensleute und Gewerkschaftler aus der Region.

Der Vorsitzende zitierte aus einem kommunalen Mitteilungsblatt, dass die wirtschaftliche Lage der Region zufriedenstellend sei und man sich über volle Auftragsbücher freue. "Nicht veröffentlicht wurde aber der Rest unseres Berichts" monierte Dieter Müller und kritisierte, dass die Metaller trotz boomender Wirtschaft mit einer Lohnsteigerung von 2,2 Prozent abgespeist wurden, das Leiharbeiter-Unwesen weiter grassiert und der mit 8,50 Euro eh zu niedrig angesetzte Mindestlohn auch noch nicht verabschiedet ist. "Wer kann mit diesem Geld eine Familie gründen, geschweige sie ernähren?"

Mit schwerem Geschütz ging der Redner die Politik an. Der 100. Jahrestag des Weltkrieg-Beginns sei gerade ein Dauerthema. Dass aber unsere Soldaten schon wieder in den Krieg geschickt werden, obwohl das Grundgesetz Auslandseinsätze klar verbietet, werde übersehen. Die Gewerkschaften sah Dieter Müller als letzte Kräfte, die sich für den Frieden einsetzen.

Auf die Europawahl hinweisend forderte der Sprecher alle Anwesenden auf, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen: "Wir brauchen im Europäischen Parlament eine starke Arbeitnehmervertretung, denn die Entscheidungen der EU betreffen immer auch unser Arbeitsleben".

Stadtrat Franz Böckl übermittelte den Gewerkschaftlern Grüße vom Hornberger Bürgermeister und Stadtrat, Kordula Kovac (CDU) gab als Bundestagsmitglied hier erstmals ihre Visitenkarte ab und sprach der Gewerkschaft eine große Bedeutung in der EU zu. Auch Landtagsabgeordnete Sandra Boser (Bündnis 90/Die Grünen) hob auf die hohe Wertigkeit der Gewerkschaften ab und auf deren Rolle in der Demokratie. Die Europa-Abgeordnete Fabienne Vesper (SPD), hier – wie auch Karl-Rainer Kopf und Jens Löw – als SPD-Kreisvorsitzende präsent, sah noch sehr großen Bedarf an Engagement für eine stabile Wirtschaft in einem demokratischen Europa, wobei auch die Gewerkschaften gefordert seien.

Mai-Redner Jürgen Höfflin, seines Zeichens DGB-Regionalgeschäftsführer, stellte das Mai-Motto "Gute Arbeit – Soziales Europa" eingangs mit seiner Rhetorik auf den Prüfstand. "Geht es uns nicht gut? Viel besser als anderen? Müssen wir noch für gute Arbeit demonstrieren?". Wir haben einen hohen Beschäftigungsgrad und niedere Arbeitslosigkeit, das sind auch gewerkschaftliche Erfolge. "Aber, schauen wir doch mal genauer hin", forderte er dann auf. Immer mehr Menschen in Deutschland kommen in eine prekäre Lage, können von ihrer Arbeit nicht mehr leben und müssen mehrere Jobs annehmen. Das ist keine Sozialromantik!"

Mit der Leiharbeit werde großer Mißbrauch getrieben, Unternehmer seien da sehr erfinderisch, auch der Mindestlohn werde verteufelt und bezahlter Bildungsurlaub abgelehnt. Größere Einkommen und Vermögen sind zu wenig an der Rentenfinanzierung beteiligt, so der Mai-Redner weiter. Deutschland sei ein Sozialstaat und da gelte, dass Eigentum verpflichtet.

"Unanständig" fand der Redner, dass Kanzlerin Merkel von Hochachtung spricht, weil Uli Hoeneß in den Knast geht und gegen seine Verurteilung keine Revision einlegt. Jürgen Höfflin forderte, die Finanzmärkte "an die Leine zu nehmen", damit die Banken nicht wieder ihr Kapital verzocken und mit Steuermitteln, dem Geld der Kleinen, gerettet werden müssen. Ein klares Bekenntnis legte der Mai-Redner für Europa ab. Dringend warnte er vor Klein- und National-Staaterei und in seinem Schlusswort würdigte er das Wirken und die Bedeutung der Gewerkschaftsbewegung in Deutschland, "auf die wir stolz sein können!"

Das Duo "Let’s dance" umrahmte die Feier musikalisch. Die Arbeitnehmer-Hymne "Brüder zur Sonne, zur Freiheit" wurde a capella gesungen.